In der Landwirtschaft sind natürliche Wasserzuflüsse oft ein zentrales Thema und können Spannungen zwischen benachbarten Grundstückseigentümern hervorrufen. Ob Regenwasser oder Hangwasser, das von höhergelegenen Flächen abfließt – solche natürlichen Phänomene führen nicht selten zu Konflikten. Doch wie ist die rechtliche Lage in Bezug auf den natürlichen Wasserfluss?
Das Allgemeine Bürgerliche Gesetzbuch liefert klare Regelungen zu diesem Thema. Gemäß § 364 ABGB können Eigentümer gegen unzumutbare Einwirkungen, sogenannte Immissionen, vorgehen. Hierbei wird zwischen unmittelbaren und mittelbaren Immissionen unterschieden.
Eingriffe in Wasserführung müssen nicht geduldet werden
Unmittelbare Immissionen sind direkte Eingriffe, wie das gezielte Ableiten von Wasser oder das Eindringen von Fremdstoffen auf das Nachbargrundstück. Solche Handlungen müssen nicht geduldet werden. Betroffene Grundstückseigentümer können ihre Rechte unter anderem mittels Eigentumsfreiheitsklage geltend machen und eine Unterlassung einfordern.
Natürliche Veränderung: Eigentümer haben keine Ansprüche
Im Unterschied dazu entstehen mittelbare Immissionen durch natürliche Prozesse, beispielsweise der Wasserzufluss aufgrund der Lage oder Beschaffenheit des Geländes. Wasser, das auf natürlichem Wege von einem höhergelegenen auf ein tieferliegendes Grundstück fließt, muss in der Regel hingenommen werden. Selbst wenn der Wasserfluss die Nutzung des betroffenen Grundstücks erheblich beeinträchtigt, besteht meist kein Anspruch auf Unterlassung. Der Oberste Gerichtshof hat in seiner Entscheidung (1 Ob 245/22v) diesbezüglich klargestellt, dass kein Grundstückseigentümer verpflichtet ist, den natürlichen Wasserlauf zu verändern oder Maßnahmen zu ergreifen, um den Zufluss zu verhindern.
Landwirte müssen Ernteschäden oft akzeptieren
Für Landwirte bedeutet dies, dass sie sich mit natürlichen Wasserzuflüssen arrangieren müssen. Die Rechtslage lässt wenig Spielraum, um gegen natürliche Wasserbewegungen vorzugehen. Selbst wenn erhebliche Beeinträchtigungen oder Ernteschäden auftreten, bleibt oft nur die Möglichkeit, die Situation zu akzeptieren. Ausnahmefälle bestehen lediglich dann, wenn der Wasserzufluss auf bauliche Maßnahmen oder gezielte Handlungen des Nachbarn zurückzuführen ist. In solchen Fällen kann ein Unterlassungsanspruch erfolgreich geltend gemacht werden.