Unsere Autoren: Wibke Imgenberg, Projektmanagerin Agrarforschung, Marion Seiter, Leiterin der Agrarforschung, Agrana Research & Innovation Center, Tulln
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Durch den Wegfall von Triflusulfuron-Methyl wird die Unkrautbekämpfung in Zuckerrüben komplexer, andere Maßnahmen müssen präzise eingesetzt werden.
Deshalb ist es heuer wichtig, Behandlungen immer im Keimblattstadium der Unkräuter zu setzen!
Angesichts des zunehmenden Risikos von Herbizidresistenzen ist ein striktes Resistenzmanagement unverzichtbar.
Mechanische Bekämpfung und präzise Systeme bieten großes Potenzial, den Herbizideinsatz zu reduzieren.
Ein gelungener Start ist wichtig für hohe Erträge im Zuckerrübenanbau. Die jungen Rüben sind anfällig für Konkurrenz und müssen bis zum Reihenschluss vor schneller wachsenden Unkräutern geschützt werden. Sollten dennoch Unkräuter „durchgehen“, stand mit Debut bisher eine „Feuerwehrmaßnahme“ parat. Doch der Wirkstoff Triflusulfuron-Methyl steht 2025 nicht mehr zur Verfügung.
Zwei Herausforderungen
Sein Wegfall bringt zwei wesentliche Herausforderungen mit sich: Zum einen geht ein weiterer blattaktiver Wirkstoff verloren, was insbesondere in trockenen Jahren problematisch ist. Zum anderen wurde Debut gezielt zur Bekämpfung von Unkräutern im Laubblattstadium eingesetzt. Ohne dieses starke blattaktive Herbizid wird der Begriff „NAK – Nachauflaufbehandlung im Keimblattstadium der Unkräuter“ wichtiger denn je. Gleichzeitig rückt die präzise Anwendung aller verbleibenden Unkrautbekämpfungsmaßnahmen stärker in den Fokus.
Das Unkrautmanagement in Zuckerrüben beginnt bereits vor der Aussaat. Altverunkrautung muss vermieden werden − durch gezielte Bodenbearbeitung, eventuell nötigen Glyphosateinsatz und eine konsequente Unkrautkontrolle in der gesamten Fruchtfolge.
Ein feuchtes Frühjahr, so wie in den letzten Jahren, erleichtert die Unkrautbekämpfung enorm. Bei guter Bodenfeuchtigkeit und dünner Wachsschicht bereiten die wenigsten Unkräuter Probleme – die Standardherbizidmischung aus Phenmedipham, Metamitron und Ethofumesat erzielt gute Erfolge. Spritzabstände von 10 bis 14 Tagen sind dann ausreichend. Generell ist eine Herbizidapplikation kurz vor oder unmittelbar nach Regen optimal, da sowohl boden- als auch blattwirksame Herbizide hier ihr Optimum leisten. Problematisch wird es, wenn der Niederschlag im Frühjahr ausbleibt.
Bei Trockenheit werden Bodenherbizide schlechter von Unkräutern aufgenommen. Zudem beschleunigen starke Sonneneinstrahlung und hohe Temperaturen ihren Abbau. Die Verschiebung des Portfolios in Richtung bodenaktiver Wirkstoffe verschärft das Problem.
Gleichzeitig schützt eine dicke Wachsschicht die Unkräuter besser vor blattaktiven Herbiziden. Unter diesen Bedingungen muss im Morgentau bekämpft werden, wenn die Blätter feucht sind und die Wachsschicht dünner ist. Bei Trockenheit wirken Bodenherbizide schlechter, während Unkräuter schneller wachsen. Daher müssen die Behandlungsabstände verkürzt werden – wöchentliche Spritzintervalle und mehr als drei Behandlungen können notwendig sein.
Keimblattstadium nicht verpassen!
Ohne Debut muss die Behandlung zwingend im Keimblattstadium der Unkräuter erfolgen. Um den optimalen Zeitpunkt nicht zu verpassen, sind regelmäßige Feldkontrollen unerlässlich. Einige Unkräuter, z. B. der Amarant, können sich durch ihre rot-bräunliche Farbe so gut tarnen, dass der Keimling leicht übersehen wird. Bis die Pflanzen auffallen, haben sie oft schon Laubblätter gebildet – eine sichere Bekämpfung wird dann schwierig.
Als blattaktive Wirkstoffe verbleiben nur noch Phenmedipham, Clopyralid und einige Wirkstoffe mit begrenzter blattaktiver Wirkung (siehe Übersicht). Diese gewinnen an Bedeutung. Auch der Wirkstoff Lenacil (Venzar) wird verstärkt zum Einsatz kommen, da er die Wirkung von Tankmischungen verstärkt. Bei einigen Unkräutern ergibt sich durch den Verlust von Triflusulfuron-Methyl eine vermeintliche Lücke, für die es jedoch Lösungen gibt. Allen voran steht der Zeitpunkt – die Bekämpfung im Keimblattstadium ist essenziell. Hier die Details:
Ausfallraps ist nur mit voller Aufwandmenge eines Metamitron-hältigen Produktes (z. B. Goltix Gold. etc.) plus Öl im Keimblattstadium bekämpfbar. Zur Wirkungsverstärkung kann in der 1. NAK die Metamitronmenge erhöht werden oder Venzar (Lenacil) mit 0,05 l/ha beigemischt werden.
Amarant wird mit der Zumischung von 0,3 l/ha Spectrum (Dimethenamid-P) zur 2. NAK und einer weiteren Gabe von 0,6 l/ha zur 3. NAK meist im Keimblatt eliminiert. Wichtig: die Rübe sollte bei Einsatz von Spectrum bereits vier ausgebildete Laubblätter haben! Wenn es aber zu diesen Zeitpunkten zu trocken ist und Bodenwirkstoffe nicht wirken, wächst Amarant ins Laubblatt und wird unkontrollierbar.
Bingelkraut muss im Keimblattstadium bekämpft werden. Ab der 2. NAK (die Rübe braucht mind. zwei Laubblätter) kann laut Herstellerangabe Centium CS zugemischt werden mit einer Aufwandmenge von 0,05 l/ha.
Kamille wird kurz nach dem Auflaufen auch mit der Standardmischung aus Phenmedipham, Metamitron und Ethofumesat gut erfasst. Ansonsten hilft die Zugabe von Clopyralid (80 g/ha Lontrel 720 SG) in der 2. NAK, um den Wirkungsgrad zu erhöhen. Verholzte, blühende Kamille kann nicht bekämpft werden. Vor der Behandlung mit Conviso One muss gewarnt werden, da so Resistenzen entstehen können.
Gegen Windenknöterich sollte zur Wirkungsverstärkung in der 2. NAK Clopyralid (80 g/ha Lontrel 720 SG) der Tankmischung zugegeben werden.
Bei Vogelknöterich/Samtpappel/Ambrosia und Hundspetersilie ist Conviso One zusammen mit einer herbizidtoleranten Rübensorte der sicherste Weg zum unkrautfreien Acker.
Conviso Smart sieht einfacher aus als es ist
Zwar erreicht Conviso One in nur zwei Anwendungen hohe Wirkungsgrade gegen alle gängigen Unkräuter auf Zuckerrübenflächen, aber die Krux liegt im Detail. In Conviso One sind ALS-Hemmer enthalten, eine Wirkstoffgruppe mit hohem Resistenzrisiko und breiter Anwendung in anderen Kulturen. Werden diese nun zudem auch in der Zuckerrübe eingesetzt, verschärft sich das Risiko einer Resistenzbildung..
Die Agrana Research & Innovation Center GmbH beobachtet vermehrt das Auftreten von ALS-Hemmer-resistenten Unkräutern, vor allem Amarant. Conviso One in der Zuckerrübe ist nur mit strengem Resistenzmanagement sinnvoll. Dazu gehört:
Wechsel von Winterungen und Sommerungen, idealerweise 50/50.
Setzen Sie max. 50 % Herbizide mit gleichem Wirkmechanismus ein.
Erzielen Sie hohe Wirkungsgrade durch optimalen Einsatztermin mit richtiger Applikationstechnik; Aufwandmengen nicht reduzieren!
Vermeiden Sie unbedingt die Verbreitung von Unkrautsamen durch die Gerätereinigung, vor allem bei überbetrieblichem Maschineneinsatz.
Bekämpfen Sie Altverunkrautung – mechanisch oder mit Glyphosat.
Wenn Sie unsicher sind, ob Unkräuter resistent sind, sammeln Sie Samen und geben diese beim ARIC ab. Dort wird ein Resistenzmonitoring durchgeführt, welches Gewissheit gibt.
Achten Sie strikt auf den Wechsel der Wirkungsklassen in der Fruchtfolge. Bei Resistenzverdacht auf Amarant ist die Spectrum-Zugabe (1. NAK 0,3 l/ha, 2. NAK 0,6 l/ha) zur Conviso-Tankmischung sinnvoll.
Hoffnung auf neue Wirkstoffe
Seit heuer ist das Herbizid Centium CS (Wirkstoff Clomazone) auch in Zuckerrüben zugelassen. Es erweitert jetzt das Portfolio um die Wirkstoffklasse der Carotinoid-Biosynthese-Hemmer (HRAC-Gruppe 13). Clomazone wirkt bodenaktiv und wird von keimenden Unkräutern aufgenommen. Durch die Hemmung der Carotinoid-Biosynthese bleichen sie aus und sterben ab. Auch junge Zuckerrübenpflanzen können vorübergehende Blattaufhellungen an den Blatträndern zeigen, die in Versuchen jedoch keine negativen Auswirkungen auf den Ertrag hatten.
Centium CS bietet laut Hersteller eine Zusatzleistung gegen Bingelkraut, Windenknöterich und Klettenlabkraut. Für den ersten Einsatz sollte die Zuckerrübe mindestens zwei voll entwickelte Laubblätter besitzen. Die empfohlene Aufwandmenge beträgt 0,05 l/ha ab der 2. NAK. Von Mischungen mit Lenacil (Venzar), Graminiziden oder Flüssigdüngern wird abgeraten, um unerwünschte Phytotoxizität zu vermeiden. Da die Wirkung von Clomazone gut sichtbar ist, sollte besonders auf Abdrift geachtet werden, um unbeabsichtigte Schäden zu vermeiden.
In den kommenden Jahren könnte das Herbizidportfolio durch das neue Produkt Rinpode (Wirkstoff Rinskor active) von Corteva/Kwizda erweitert werden. Als blattaktives Herbizid ergänzt es das stark bodenlastige Herbizidangebot. Zudem wirkt es als synthetisches Auxin und ist ein idealer Resistenzbrecher, auch im Conviso-System.
Mit einer geringen Aufwandmenge von nur 2 g Wirkstoff pro Hektar ist es äußerst effizient. Die Schwerpunkte der Unkrautbekämpfung liegen bei Weißem Gänsefuß, Amarant und Hundspetersilie, auch Bingelkraut und Samtpappel sollen bekämpft werden können. Derzeit wird das Herbizid in Versuchen vom ARIC getestet.
Innovative Alternativen
Ein realistischer Blick in die Zukunft zeigt: Das Herbizidangebot wird weiter schrumpfen, während der politische Druck zur Reduzierung des Pflanzenschutzmitteleinsatzes steigt. Statt sich ausschließlich auf den Pflanzenschutzmittel-Schrank zu verlassen, lohnt es sich, auch technische Innovationen in den Fokus zu rücken.
Systeme wie die Hacke-Band-Spritzung, die ARA Spotspray-Pflanzenschutzspritze von Ecorobotix oder autonome Hackroboter ermöglichen bis zu 95 % Einsparungen an Pflanzenschutzmitteln – bei gleichbleibendem Erfolg. Noch sind diese Technologien trotz des geringeren Herbizidaufwands kostspieliger, doch mit fortschreitender Entwicklung ist eine wirtschaftliche Angleichung zu erwarten.