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topplus Ferkel versetzen

Ferkel mit System versetzen

Ein erfolgreicher Wurfausgleich ist weit mehr als das reine Versetzen von Ferkeln. Das zeigen Untersuchungsergebnisse und praktische Erfahrungen aus dem sächsischen Lehr- und Versuchsgut Köllitsch.

Lesezeit: 6 Minuten

Unsere Autoren: Dr. Eckhard Meyer, Sächsisches ­Landesamt für Umwelt, Landwirtschaft und Geologie.

Schnell gelesen

Ferkel Versetzen  bedeutet den Eingriff in ein komplexes System aus Milchbildung und -abnahme. Alter, Vitalität und Muttereigenschaften sind zu beachten.

Jene Ferkel die versetzt werden, sollten schwerer sein, als der Durchschnitt des aufnehmenden Wurfs.

Beim Versetzen von Würfen über Wochengruppen hinweg, braucht es eine angepasse Verfahrensgestaltung, die Hygiene und Saugferkelbeifütterung berührt.

Immer größere Würfe mit eher sinkenden Ferkelgewichten innerhalb der Geschwistergruppe sind eine Herausforderung für Ferkelerzeuger. Zunächst drohen höhere Verluste. Aber auch wenn die schwächeren Ferkel die ersten vier Tage über­leben, bleibt die Gefahr, dass sie in der Entwicklung weiter zurückbleiben und schlimmstenfalls verhungern, wenn sie zu wenig Milch erhalten. Die Sauenhalter steuern deshalb gegen und versetzen Tiere aus großen Würfen in solche mit weniger Ferkeln. Auch Ammensauen aus vorangegangenen Geburtswochen können eine Option sein.

So wenig wie möglich …

Ziel ist es, die Ferkelverluste zu redu­zieren, um damit die mittlere Leistung der Gruppe zu verbessern. Dabei ist das Versetzen ein Eingriff in ein komplexes System. Es gilt, durch einen Wurfausgleich mit Bedacht die Ansprüche von Sau und Ferkeln aufeinander abzustimmen, um beiden gerecht zu werden.

Dafür gilt es so wenig wie möglich, aber auch so viel wie nötig zu versetzen. Denn es geht beim Ausgleich der großen Würfe zwar primär um die Ferkel, aber auch um die Sauen. Die Milchbildung folgt nur in biologischen Grenzen dem Prinzip von Angebot und Nachfrage. Das Ziel ist, möglichst jedem Ferkel einen funktionsfähigen Zitzenplatz zu bieten, die hochfruchtbaren Altsauen nicht zu überfordern (Substanzverlust, Wiederbelegungsintervall) und die vollständige Entwicklung der Milchkomplexe der Jungsauen zu garantieren.

Ganze Würfe versetzen?

Dabei muss unterschieden werden zwischen dem Versetzen einzelner Ferkel und dem Versetzen ganzer Würfe über Wochengruppen hinweg. Letzteres ist heute zum festen Bestandteil der Produktionstechnik bei bestimmten hochfruchtbaren Herkünften geworden. Je nach erreichtem Fruchtbarkeitsniveau in diesen Betrieben sind mehr als 30 % der Sauen Ammen.

Hinsichtlich der Anzahl versetz­ter Ferkel, von einem Ferkel bis hin zu ganzen Würfen, fallen unterschiedliche Aspekte ins Gewicht. Dabei sind die vorliegenden Versuchsergebnisse nicht ganz eindeutig. Es sieht aber so aus, als wenn das Versetzen von bis zu drei ­Ferkeln oder das Durchtauschen ganzer Würfe die geringsten Verlustraten provoziert.

Gesundheits­bedingte ­Grenzen beim Versetzen

Beim Wurfausgleich sollten nur gesunde Tiere versetzt werden. Kranke Ferkel sind genau wie untergewichtige bereits geschwächt und sollten nicht für ein Versetzen ausgewählt werden. Das Risiko ist für sie und für den aufnehmenden Wurf dabei zu groß. Die einzige Ausnahme kann ein ernährungsbedingter Durchfall sein, den man sicher der Milchzusammensetzung (Fettdurchfall) der biologischen Mutter zuschreiben kann. Das betrifft dann aber nicht einzelne, sondern alle Ferkel eines Wurfes.

Das Problem beim Versetzen nicht optimal immunisierter Ferkel – beispielsweise von Jungsauen – ist, dass dadurch mögliche Gesundheitsprobleme in andere Würfe verteilt werden. Das gilt besonders für das Versetzen schon älterer Saugferkel (sogenannte Kümmerer). Das sind ausschließlich chronisch kranke Ferkel und nicht solche mit einem nährstoffbedingten Wachstumsdefizit. Es gilt also einzuschätzen, ob das Wachstumsdefizit „nur“ die Folge von zu wenig Milch oder krankheitsbedingt ist.

Oft ist es leider beides. Kümmerer, deren Erkrankung aus­therapiert ist, sollten jedoch selektiert werden. Weil es dazwischen Übergänge gibt, ist das jedes Mal eine Einzelfallentscheidung, die man sich nicht leicht machen sollte.

Welcher Wurf? Welcher Zeitpunkt?

Vor dem Versetzen müssen die Ferkel  unbedingt genügend Kolostralmilch getrunken haben – und zwar an der leiblichen Mutter. Heute können wir sicher sagen, dass es nicht gleichgültig ist, ob die Ferkel genügend Antikörper gegen die stallspezifischen Keime von der biologischen Mutter oder von der ­Amme aufnehmen. Nur die Kolostralmilch der biologischen Mutter enthält Stoffe, die das Immunsystem des Ferkels in Gang bringen. Deshalb sollten die Ferkel im Geburtswurf mindestens dreimal Kolostralmilch aufnehmen, besser mehr. Dazu müssen die Ferkel wenigstens sechs, besser zwölf Stunden an der Mutter verbleiben.

Die Bedeutung der sich binnen 48 bis 72 Stunden bildenden Gesäugeordnung kann hingegen heute relativiert werden: Auch wenn es nach wie vor richtig ist, dass jedes Ferkel einen Zitzenplatz hat, säugen zum Beispiel Danzucht-Sauen ohne Probleme mehr Ferkel als sie Zitzen haben. Der Zwang, einzelne Ferkel zu versetzen, relativiert sich dadurch etwas, denn es ist immer gut, wenn möglichst viele Ferkel in ihrem Geburtswurf verbleiben können.

Gleichalte oder jüngere Würfe

Weiterhin sollte das Versetzen möglichst in gleichalte oder jüngere Würfe, am Ende des zweiten Lebenstages der Ferkel erledigt sein. Das Ziel ist, zunächst nur einmal zu versetzen. Trotzdem kann man nicht ausschließen, dass versetzte Ferkel nicht „mitkommen“ und gegenüber den Wurfgeschwistern abfallen. Um das einschätzen zu können, ist es deshalb grundsätzlich wichtig, die versetzten Ferkel zu markieren. Mit Viehzeichenstiften gelingt das meist nur für wenige Tage. Je nachdem wie und mit welcher Farbe man die Striche zieht, kann das ausreichen oder nicht. Sofern festgestellt wird, dass versetzte Ferkel nicht in den Ammenwurf hineinpassen, sollte man auch nicht zögern, das Ferkel nochmals zu versetzen.

Hier gilt es aber Augenmaß zu bewahren: Ein sogenanntes „Ferkelrodeo“, bei dem jedes Ferkel an eine augen­scheinlich richtige oder besser passende Sau und zum Teil mehrfach versetzt wird, hat nach unseren Erfahrungen mehr Nach- als Vorteile, auch wenn das vor gar nicht langer Zeit sogar von Teilen der Offizialberatung empfohlen wurde.

Welches Ferkel darf es sein?

In der Praxis werden unterschiedliche Strategien verfolgt, wie Übersicht 1 zeigt. Nach ­einer Umfrage des Netzwerkes Fokus Tierwohl aus dem Jahr 2023 versetzen 37 von 87 befragten Sauen­haltern die schwersten Ferkel eines Wurfes. 28 Betriebe versetzen die leichtesten Ferkel eines Wurfes. 19 Landwirte versetzen je nach Bedarf sowohl schwere als auch leichte Ferkel. Hinter dem Versetzen der leichtesten  Ferkel steckt möglicherweise die Sorge, dass damit Verluste verbunden sind. Und die guten Ferkel möchte man natürlich nicht verlieren.

In einer Köllitscher Untersuchung sollte deshalb geklärt werden, welche dieser Strategien den größten Erfolg verspricht. Betrachtet und ausgewertet wurden sieben Abferkeldurchgänge mit 123 Würfen und rund 1.550 Ferkeln. Von diesen wurden knapp 20 % in einen anderen Wurf versetzt.

Die Wachstumsleistungen und Verlustraten der versetzten und nicht versetzten Ferkel wurden innerhalb von zwei Geburtsgewichtsklassen miteinander verglichen (Übersicht 2). Die Auswertung belegt: Das Versetzen ist ein Risikofaktor, der eng mit der Konkurrenzkraft der versetzten Ferkel zu tun hat. Ob sich ein zum richtigen Zeitpunkt (früh und in jüngere Würfe) versetztes Ferkel im aufnehmenden Wurf etablieren kann, hängt offensichtlich vor allem vom Körpergewicht ab.

Weniger Verluste bei höherem Gewicht

So liegt die Verlustrate von Ferkeln, die leichter als der Durchschnitt ­aller untersuchten Ferkel sind (<1,4 kg Geburtsgewicht), nach dem Versetzen fast zwölf Prozentpunkte höher als die der gleich schweren, unversetzten Zeitgefährten. Bei Ferkeln, die schwerer als der Durchschnitt sind, ist das nicht der Fall. Hier sind die Verlustraten mit 7 % gering und mit denen der nicht versetzten Ferkel identisch.

Entscheidend ist vor allem die Vitalität des versetzten Ferkels und die Frage, ob es in den aufnehmenden Wurf hi­neinpasst. Wichtigster Faktor ist das Geburtsgewicht. Danach kommt die Geburtsgeschwindigkeit, denn es gibt hochvitale Ferkel, die leichter als der Durchschnitt sind, und schwere Ferkel mit wenig Widerstandskraft. Letztere haben meistens unter einer für sie zu langen Geburt gelitten. Um diese Vitalität einzuschätzen, muss man genau hinschauen und sensibel sein. Gerade das kann die heute intensiv diskutierte Künstliche Intelligenz (KI) nicht leisten.

Nach unseren jüngsten Untersuchungen kommt noch ein dritter Vitalitätsfaktor hinzu, der offensichtlich im Bereich der Frühträchtigkeit in Verbindung mit der Fütterung rund um die Besamung und Implantation der Embryonen zu suchen ist.

Welche Sau als Amme wählen?

Bei der Auswahl der passenden Ammensau ist deren Alter sowie die Qualität und Anatomie des Gesäuges zu beachten. Gerade für das Versetzen von eher kleinen Ferkeln ist die Dicke der Zitzen ein wichtiger Punkt. Das prädestiniert eigentlich die Jungsauen als Ammen. Hier geht es ja bekanntlich auch darum, dass die Gesäugekomplexe voll besetzt sind, damit sie sich nicht zurückentwickeln. Jungsauen sollten deshalb möglichst volle Würfe säugen. Sie sind aber noch nicht voll immunkompetent und ihre durchschnittliche Milchmenge ist begrenzt. Altsauen zwischen dem dritten und fünften Wurf können volle Würfe am ehesten durchbringen, weil sie die höchste Milchleistung haben. Hier gilt es aber auch genau hinzuschauen, wie viel Zitzen und Gesäugekomplexe tatsächlich noch voll intakt sind. Erhebungen zeigen: Direkt haltungs- und indirekt altersbedingt fällt in etwa ein halber Gesäugekomplex je Wurfnummer aus. Das heißt, Sauen im sechsten Wurf haben durchschnittlich mindestens zwei intakte Zitzen und damit auch Gesäugekomplexe weniger als Jungsauen. Praktiker nehmen als Kompromiss gerne Sauen im zweiten Wurf.

Versetzt man nur ein einzelnes oder zwei Ferkel, dann ist die Frage der Mütterlichkeit der Amme nicht wichtiger als die aller Sauen. Werden aber drei oder mehr Ferkel versetzt, können mögliche Abwehrreaktionen eine Rolle spielen. Einzelne Praktiker schwören darauf, dass der Amme mindestens drei eigene Ferkel bleiben sollen. Fakt ist, dass Sauen sich an alles gewöhnen, wenn sie dafür genügend Zeit haben. Im Zweifel sollte man die Ferkel nicht direkt an das Gesäuge, sondern ins Ferkelnest setzen und dieses mit den Ferkeln des aufnehmenden Wurfes für zwei Stunden verschließen. So können die versetzten Ferkel besser den Geruch annehmen.

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