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topplus Interview Styriabrid

„Ohne Förderung ist die  Eigenversorgung in Gefahr“

Styriabrid-Obmann Kurt Tauschmann und Geschäftsführer Raimund Tschiggerl sprechen über Tierwohl, dringend nötige Förderungen für die Zukunft und die Stimmung in der Branche.

Lesezeit: 6 Minuten

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Styriabrid ist eine Erzeugergemeinschaft, die seit 52 Jahren besteht und heute rund 1.100 Mitgliedsbetriebe hat. Das sind etwa 80 % der Schweinehalter in der Steiermark.

Die steirischen Schlachthöfe sind wichtige Partner. Rund 2 Mio. Schweine werden im Jahr hier geschlachtet, gut 1,1 Mio. kommen aus der Steiermark.

Die Experten der Styriabrid helfen nicht nur bei der Vermarktung, sie stehen den Mitgliedern auch beim Stallbau und der Fütterung beratend zur Seite.

Die Marktlage für Schweine ist eigentlich erfreulich, wie ist die Stimmung bei Ihren Mitgliedsbetrieben?

Tauschmann: Die Preise sind gut, doch die Stimmung ist schlecht – so kann man die Lage zusammenfassen. Aus jetziger Sicht werden die Preise länger gut bleiben. Das ist nicht nur dem Heimmarkt geschuldet, sondern auch der Abstockung des Bestandes in Deutschland. Der Marktdruck ist weg.

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Was macht den Landwirten dann ­gerade Druck?

Tschiggerl: Die Schweinebranche ist immer wieder in der öffentlichen ­Diskussion, es fehlt bei der Mast und der Aufzucht die Planungs­sicherheit. ­Leider wurde Übergangsfrist für das Verbot der unstrukturierten Vollspaltenbucht gekippt. Die ­Bauern warten ab, es wird derzeit kaum ­inves­tiert.

Rechnen Sie mit einer rechtzeitigen Lösung vor der nächsten Wahl für die Übergangsfrist bei den Vollspalten?

Tschiggerl: Davon gehe ich auf jeden Fall aus. Die größere Herausforderung ist die Bewegungsbucht in der Abferkelung, die 2033 Pflicht wird. Wenn wir nicht mehr genügend Ferkel produzieren können, haben wir auch keine Mastschweine mehr. Hier fehlt es an Investitionen.

Wie könnten hier Impulse für ­Umbauten gesetzt werden?

Tschiggerl: Bei so einem Schweinepreis starteten die Bauern normal die Mischmaschinen, um zu erweitern oder Stallungen zu bauen, das sehen wir aktuell nicht. Hier braucht es ­bessere Anreize und Förderungen.

Tauschmann: Da können wir nur neidvoll nach Deutschland blicken. ­Obwohl die Auflagen dort noch höher sind, sind auch die Fördersummen ­gigantisch. Es gibt 50 % Förderung für Investitionen bis 2 Mio. € und 30 % bei Beträgen über 2 Mio. € für Stallumbauten. Bei uns sind die Förderungen bei 500.000 € anrechenbarer ­Kosten gedeckelt. Bei einem Stallbau, der rund 1,5 Mio. € kostet, ist das kein guter Anreiz für die Landwirte, dieses Risiko auf sich zu nehmen.

Wie wird sich die Schweineanzahl in Österreich entwickeln?

Tauschmann: Wenn bei der Förderung nichts gemacht wird, rechnen wir mit einem starken Rückgang. 2020 wurden noch 5 Mio. Schweine geschlachtet. Im Jahr 2023 waren es 4,4 Mio. Tiere, das entspricht dem Eigenverbrauch  Österreichs. Laut unserer Marktanalyse, benötigen wir in zehn Jahren etwa 3,8 Mio. Schweine für die Eigenversorgung. Ohne Investitionsförderung könnten wir 2034 nach Schätzungen nur mehr etwa 3 Mio. Mastschweine produzieren. Dann haben wir 800.000 bis 1 Mio. Mastschweine zu wenig – dieses Delta würde dann importiert. Die Frage ist: Was wollen wir in Österreich – Import oder eigene Produktion?

Tierwohl wird immer mehr gefordert, steigen viele Betriebe auf die ­TW-Programme um?

Tschiggerl: Es werden vereinzelt neue Tierwohlstallungen gebaut. Einige haben aufgerüstet, etwa von TW 60 auf TW 100, andere haben von Bio auf TW 100 umgestellt. Grundsätzlich merken wir schon, dass einige in mehr Tierwohl investieren wollen, aber hier braucht es Planungs- und Rechtssicherheit.

Die Gesellschaft fordert Tierwohl, wird Tierwohlfleisch auch gekauft?

Tschiggerl: Wir haben stetig mehr Tierwohlfleisch auch bei Styriabrid. Der Anteil liegt bei wenigen Prozent. Bei diesen Programmen geht es ganz klar in Richtung Vertragslandwirtschaft. Die Verträge mit dem Lebensmitteleinzelhandel bei TW 100 sind fair, bei TW 60 haben wir diese Verträge noch nicht. Wir ­haben schon im Jahr 2000 mit einem Tierwohlprogramm, ähnlich TW 100, gestartet und Schweinefleisch in die Schweiz exportiert. Nach drei Jahren mussten wir es aber wieder beenden, weil die Abnehmer gefehlt haben. Heute scheint die Zeit reif zu sein, denn die Nachfrage nach dem Segment Tierwohlfleisch steigt.

Wird etwa TW 60 der neue Standard, wie jetzt der AMA-Gütesiegel-Standard?

Tauschmann: Es wird weiterhin eine Basisstufe geben müssen. Sonst können sich viele Menschen das Fleisch einfach nicht mehr leisten.

„Rund um die Uhr arbeiten, schreckt die Nachfolger ab – Lebensqualität und Einkommen müssen passen.“
Kurt Tauschmann

In den Einkaufswägen landet immer weniger Fleisch, gehen der Branche die Kunden aus?

Tschiggerl: Ja, der Fleischkonsum geht in Österreich zurück, trotzdem ist der Konsum noch höher als in Deutschland. Wichtig ist, den österreichischen Markt weiter zu bedienen und wenn mehr Tierwohl gefordert wird, werden wir das liefern. Da wollen wir uns ganz klar als Branche weiterent­wickeln. Doch die Mehrkosten müssen bezahlt werden und die sollen beim Bauern ankommen, der sie tragen muss.

Seit Kurzem dürfen Nebenprodukte wie Rüssel, Ohren und Füße nach China exportiert werden, spüren die Bauern diesen zusätzlichen Absatzmarkt?

Tschiggerl: Wir haben uns drei Jahre lang um dieses Abkommen bemüht. Wir als Erzeugergemeinschaft müssen immer schauen, dass wir die Schweine ganzheitlich vermarkten, hier spielen diese Nebenprodukte eine wichtige Rolle. Statt sie zu entsorgen, gehen sie nach Asien und bringen noch etwa 10 € Mehrerlös pro Schwein. In schwierigen Marktphasen kann das helfen, damit die Preise nicht so stark sinken. Es ist ein willkommenes ­Körberlgeld aus Asien und zeigt wie perfekt das Produkt Schwein ver­marktet werden kann. So bleiben die Fleischpreise für alle leistbar.

Ein weiteres Aufregerthema ist der ­Aktionsplan Schwanzkupieren, der zusätzliche bürokratischen Aufwand bedeutet, wie sehen das Ihre Mitglieder?

Tschiggerl: Wir haben zahlreiche Mitglieder bei ihrer Tierhaltererklärung unterstützt. Die Risikoanalyse ist ein guter Leitfaden, der Verbesserungspotenzial aufzeigt. Aber natürlich ist der Dokumentationsaufwand enorm. Im nächsten Jahr sollte diese Erklärung auf jeden Fall vereinfacht werden. Außerdem sollten die Betriebe, die Langschwänze halten, nicht noch zusätzlich mit Bürokratie belastet werden. Die brauchen keine Deklaration oder Dokumentation, man sollte über jeden Betrieb froh sein, der aufs Kupieren verzichtet.

Tauschmann: Kupierte Schwänze sind die Sicherheitsvariante in der Schweinehaltung. Die Kannibalismus-Problematik kann in allen Haltungssystemen auftreten, da sind auch Biobetriebe nicht ausgenommen.

„Wir merken, dass einige in mehr Tierwohl investieren wollen, aber es braucht Planungs- und Rechtssicherheit.“
Raimund Tschiggerl

Wie sieht der Stall der Zukunft aus?

Tschiggerl: Es wird nicht nur ein ­System geben, wir arbeiten im Kom­petenzzentrum Schwein gemeinsam mit der LK-Schweineberatung inten­siv an Varianten. Die Herausforderungen sind, das Tierwohl deutlich zu ­heben und auf die Emissionen Rücksicht zu nehmen. Klar ist, dass wir durch Künstliche Intelligenz (KI) in zehn ­Jahren unsere Tiere noch ­pro­fessioneller halten werden. Vor ­allem beim Monitoring können Landwirte durch KI noch schneller auf ­Probleme rea­gieren.

Wie sieht ein zukunftsfitter ­Schweinemastbetrieb aus – was braucht der Landwirt?

Tauschmann: Eine gewisse Größe ist unabdingbar, um Einkommen zu erwirtschaften. Auch der Arbeitsablauf muss passen, das Tierwohl und die ­Lebensqualität der Bauern. Work-Life-Balance im Saustall wird immer wichtiger. Rund um die Uhr arbeiten, schreckt Nachfolger ab – Lebensqualität und Einkommen müssen passen.

Tschiggerl: Die Branche hat sich immer weiterentwickelt, hier muss man die Bauern mitnehmen, deshalb sind wir viel draußen bei unseren Mitgliedern und unterstützen sie.

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