2021 löste der damalige Präsident von Sri Lanka, Gotabaya Rajapaksa, sein Wahlversprechen ein und beschloss eine verpflichtende Umstellung auf ökologische Landwirtschaft. Die zwei Millionen Bauern im Land mussten zwangsweise ihren Anbau anpassen, Einfuhr und Einsatz von synthetischen Dünge- und Pflanzenschutzmitteln wurden gleichzeitig verboten, erinnert Axel Bojanowski, Chefreporter bei der Zeitung Welt, in einer interessanten Kolumne.
Selbstversorgung und Exportgeschäft zusammengebrochen
Die Folgen waren verheerend: War Sri Lanka bis dahin Selbstversorger bei Reis, brach die Produktion nach der Umstellung ein. Der Staat musste plötzlich Reis für Hunderte Millionen Dollar importieren. Ebenso erging es dem Tee-Sektor. Die Blüten waren bislang wichtigstes Exportgut und Devisenquelle. Das Geschäft ging samt der anderen pflanzlichen Exportwaren den Bach runter, z.B. Kautschuk und Kokosnuss. Die Inflation nahm kräftig zu und Hunderttausende verarmten, Landwirte gingen Bankrott, so Bojanowski.
Die Landwirtschaft sei dann vollends zusammengebrochen, als der Tourismussektor in der Corona-Pandemie ausfiel. Im November 2021 zog die Regierung die Reißleine und hob das Düngemittelverbot für wichtige Exportkulturen teilweise auf und veranlasste Entschädigungszahlungen. Für viele Bauern allerdings nichts als ein Trostpflaster, schreibt er.
Ideologie statt Fakten
Laut dem Reporter zeigt das Experiment, was passiert, wenn sich Fachwissen nicht mehr durchsetzen kann. Denn Agrarwissenschaftler hätten zuvor dringend vor den Plänen gewarnt. Gehör bei Rajapaksa hätten jedoch „alternative Experten“ bekommen. 2016 habe er die, die für Bio-Landbau schwärmen, in seinen Beraterstab geholt.
Vergessen schien die Nahrungsknappheit der 1970er-Jahre gewesen, die nur dank synthetischer Düngemittel überwunden wurde und die Landwirtschaft Südasiens aufblühen ließ, so Bojanowski. Durch moderne Landwirtschaft stieg die Produktivität damals erheblich, sodass weniger Arbeitskräfte und Land benötigt wurden. Für 500 Mio. Dollar kaufte Sri Lanka zu besten Zeiten Düngemittel auf dem Weltmarkt ein. Diese Summe wollten der Staatspräsident und seine Einflüsterer sparen. Das ging nach hinten los, die Verluste durch das Ökoexperiment überstiegen den Betrag 2021 deutlich.
Ohne mineralischen Dünger geht es nicht
Auch das Versprechen der Regierung, mit Gülle und anderen organischen Düngemitteln den Ausfall zu kompensieren, konnte sie nicht erfüllen – für Wissenschaftler keine Überraschung. Synthetischer Mineraldünger lässt sich in großen Mengen herstellen, und es handelt sich dabei um hoch konzentrierte Pflanzennahrung mit Stickstoff, Phosphor und Kalium.
EU-Kommission schlägt ähnlich fatalen Weg ein
Die Zeitung mahnt nun, dass die EU nicht den gleichen Fehler machen dürfte. Bekanntlich ist eine Halbierung des Pflanzenschutzmitteleinsatzes geplant und die verschärften Düngeregeln lassen Pflanzen vielerorts „hungern“. Bis 2030 will die EU-Kommission, dass mindestens 25 % der landwirtschaftlichen Flächen „ökologisch“ bewirtschaftet werden. Deutschland will sogar 30 % schaffen. Deutschland würde dadurch aber vom Selbstversorger zum Importland, mahnt die Welt-Kolumne.
„Bio“ befriedigt aus Sicht von Bojanowski nur das Bedürfnis einer kleinen Klientel, für die Mehrheit habe die technokratische Hybris nur Elend zu bieten.