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topplus Interview mit Käsereiberaterin

Direktvermarktung Milch: Die ersten Schritte zur Hofmolkerei

Wer mit dem Gedanken spielt, die am Hof erzeugte Milch zu veredeln und direkt zu vermarkten, muss zuerst gut rechnen, dabei wissen, was einem Spaß macht - und Geld in die Hand nehmen.

Lesezeit: 4 Minuten

Frau Roth-Marwedel, Sie beraten Milchviehhalterinnen und Milchviehhalter, die in die Direktvermarktung einsteigen und am Hof erzeugte Milch veredeln möchten. Von Milchautomat bis Käse- oder Eisherstellung gibt es zig Möglichkeiten. Wo fängt man an?

Sibylle Roth-Marwedel: Betriebsleiterinnen oder Hofnachfolger müssen sich zuerst fragen, woran sie betrieblich bzw. unternehmerisch richtig großes Interesse haben. Groß genug, um sich Zeit zu nehmen, sich umfassend in das Thema einzuarbeiten und sich komplett neues Fachwissen anzueignen. Wir sprechen hier von einem Betriebszweig, dessen Erfolg von der Qualität der gesamten Prozesskette abhängt. Das fängt bei der Milchqualität an und umfasst neue Lernfelder wie das Milchhandwerk, Mikrobiologie, Qualitätssicherung (QS), Hygiene bis zum Marketing. Letzteres sollte nicht unterschätzt werden. Die Geschichte zum Produkt spielt eine große Rolle.

Betriebsstandort entscheidend

Lust auf Hofkäse ist das eine. Wie gehen Betriebsleiter die Planung an?

Roth-Marwedel: Am Anfang sollte die Vollkostenrechnung der Milcherzeugung inklusive eigener Arbeitszeit stehen. Danach schaut man sich möglichst genau an, in welchem Marktumfeld der Betrieb am individuellen Standort wirtschaften wird. Davon hängen alle nachfolgenden Entscheidungen ab, vom Produktsortiment über die Vermarktungswege bis zur Preisfindung.

Sibylle Roth-Marwedel

Unsere Interviewpartnerin und Fachexpertin ist Sibylle Roth-Marwedel. Die 1957 geborene Landwirtin und Diplom-Agraringenieurin war 25 Jahre selbst in der Praxis der Landwirtschaft und handwerklichen Milchverarbeitung aktiv. Heute begleitet sie als freiberufliche Beraterin neue Molkereiprojekte von der Planung bis zum ersten Käse und unterstützt bestehende Hofkäsereien.

Was hat der Standort mit dem Sortiment zu tun?

Roth-Marwedel: Liegt der Betrieb marktnah, also in Stadtnähe oder touristisch genutzten Regionen, empfehlen sich Frischprodukte, wie Eis, Speisequark oder Trinkjoghurt. Liegt der Betrieb marktfern, sollte man eher auf haltbare Produkte wie Käse setzen. Marktnah kommen entsprechend direkte Vermarktungswege wie Milchautomaten, Hofläden oder Eisdielen infrage, weil die Laufkundschaft zum Hof kommt. Marktfern müssen Milcherzeuger den Transport ihrer Produkte zum Kunden mitdenken oder über den Groß- oder Einzelhandel vermarkten.

Anfangsinvestitionen dürfen überschaubar sein

Mit welchen Investitionen muss ein Betrieb ungefähr rechnen?

Roth-Marwedel: Das ist äußerst individuell. Die erforderlichen Investitionen hängen von den hergestellten Produkten und der Situation am Betrieb ab. Bringe ich die Molkerei im bestehenden Gebäude unter, baue ich neu oder fange ich mit einer schlüsselfertigen Containerlösung an?

Die Bank will schon wissen, wohin ein Käse geht, bevor seine Produktion richtig angelaufen ist."
Sibylle Roth-Marwedel

Es gibt Betriebe, die mit weniger als 20 Kühen ein Familieneinkommen erwirtschaften. Eine handwerkliche Verarbeitung kann durchaus mit überschaubaren Anfangsinvestitionen erfolgreich sein, wenn sie mit Know-how geführt wird. Fehlt das, schützen selbst hohe Investitionen nicht vor Qualitätsmängeln bei den Produkten.

Generell bewegen wir uns in einer großen Investitionsspanne zwischen 1 bis 4 € pro Jahr und Liter verarbeiteter Milch. Das KTBL liefert Planungsdaten mit Investitionskosten für Gebäude und Maschinen. Darauf können Betriebsleiter ihre Geschäftspläne erst einmal stützen.

Hofmolkerei: Vieles parallel angehen

Wie genau will die Bank im Vorfeld wissen, wie eine Hofmolkerei ausgestaltet sein würde?

Roth-Marwedel: Sehr genau! Die Bank will schon wissen, wohin ein Käse geht, bevor seine Produktion richtig angelaufen ist. Daher kann ich Milchviehhalterinnen und Milchviehhaltern beim Aufbau einer Direktvermarktung nur empfehlen, mehrere Dinge gleichzeitig einzustielen. Wer nicht ohnehin eine kleine Käseküche hat, kann seine Milch in einer mobilen Käserei oder Lohnkäserei testweise verarbeiten lassen. Die so hergestellten Produkte helfen dabei, parallel zum Produktionsaufbau potenzielle Abnehmer zu finden, also den Markt zu erkunden, ohne allzu viel zu riskieren.

Und es lohnt sich, mit anderen verarbeitenden Betrieben aus der Nachbarschaft zu sprechen, um ein Überangebot zu vermeiden oder Kooperationen auszuloten. Das gehört alles zur Marktanalyse. Für Käsespezialitäten ist der Markt bei Weitem nicht ausgereizt. Aber man muss es richtig angehen und genug Zeit zum Lernen und Fortbilden einplanen. 

Apropos lernen: Woher kommt das Wissen, wie man Käse macht?

Roth-Marwedel: Der Verband für handwerkliche Milchverarbeitung (VHM) bietet Grundkurse an, auch online. Berufskollegen über die Schulter schauen und sich ausprobieren, hilft ebenfalls. Da schließt sich der Kreis. So etwas sollten nur Landwirte anfangen, die richtig großes Interesse an Milchverarbeitung haben. Und zwar mit allem, was dazugehört.    

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