Gleich zwei erfolgreich abgeschlossene Finanzierungsrunden mit einer Gesamtsumme von rund 70 Mio. Euro zeugen derzeit davon, dass einige Investoren noch immer von der Weiterentwicklung von Technologien zur Geschlechtsbestimmung im Hühnerei überzeugt sind. So konnten zuletzt die zwei voneinander unabhängigenStart-ups Orbem und In Ovo je 30 bzw. 40 Mio. Euro einsammeln. Sie wollen ein Ende der umstrittenen Tötung männlicher Küken herbeiführen.
Kontaktlose Bestimmung per MRT
Die Münchner Firma Orbem macht derzeit mit einer Finanzspritze von über 30 Millionen Euro Schlagzeilen. Das Start-up hat eine Möglichkeit für Brütereien entwickelt, um das Geschlecht der Hühner ohne Kontakt zu den Eiern zu bestimmen. Nur eine Sekunde pro Ei soll das Verfahren dauern. Unter dem Namen Genus Focus ist es auf dem Markt und laut Angaben des Jungunternehmens bereits rentabel.
Dabei handelt es sich um eine auf Künstlicher Intelligenz basierende MRT-Technologie. MRT steht für Magnetresonanztomographie und ist eher bekannt aus Krankenhäusern. Die Orbem-Gründer haben das Bildgebungsverfahren nach eigenen Angaben jedoch so angepasst, dass sie sämtliche biologische Proben, wie z. B. Lebensmittel, Pflanzen, Baumaterialien oder eben Eier scannen können. Auf ihrer Website beschreiben sie die Anwendung wie folgt: „Die MRT erzeugt Bilder mit Hilfe eines Magnetfeldes und Radiofrequenzimpulsen. Es wird eingesetzt, um biologische Strukturen berührungslos sichtbar zu machen."
Was ist in-ovo-Sexing?
In-ovo-Sexing ist die Technik, die das Geschlecht von Geflügel noch im Ei bestimmen kann. Basierend auf anatomischen oder chemischen Unterschieden erkennt das Verfahren geschlechtsspezifische Merkmale.
„Ella“ und „Eve“versprechen gesündere Küken
In Ovo, ein Start-up aus den Niederlanden, hat ebenfalls einen finanziellen Meilenstein verkündet. Mit einem Darlehen von 40 Millionen Euro von der Europäischen Investitionsbank wird auch dieses Unternehmen seine Technologie zur Geschlechtsbestimmung von Küken ausbauen.
Mit einer automatisierten Methode extrahiert die Plattform „Ella" winzige Mengen Flüssigkeit aus einer Eizelle. In dieser Flüssigkeit lassen sich Geschlechtsmerkmale erkennen. Männliche Eier können dann verworfen werden, bevor sich ein Fötus entwickelt, so dass nur weibliche Eier zum Ausbrüten und Schlüpfen übrig bleiben sollen. Aus weggeworfenen Eiern stellt die Industrie Produkte wie Proteinpulver oder Zutaten für Tierfutter her.Die Finanzierung fließt auch in die Weiterentwicklung von „Eve", einer Sensor-Plattform, die den Schlupfprozess optimiert und somit gesündere Küken verspricht.
Die Technologien von Orbem und In Ovo sollen dabei helfen, die Praxis des Kükentötens abzuschaffen – ein Ziel, das die Gesetzgebung in Deutschland, Frankreich und Luxemburg bereits umsetzt.