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topplus Sperrzone seit Anfang Oktober

BHV1: Bedrückende Lage im Kreis Borken

Der Kreis Borken hat seit dem 1. Oktober eine Sperrzone um zwei Gemeinden eingerichtet, damit der Status „BHV1-frei“ für den Kreis bestehen bleibt. Für die betroffenen Landwirte ist das ein Desaster.

Lesezeit: 6 Minuten

Dieser Beitrag ist zuerst erschienen im "Wochenblatt für Landwirtschaft und Landleben".

Status „BHV1-frei“ in Gefahr

Seit Jahren gibt es immer wieder Ausbrüche des Bovinen Herpesvirus Typ 1 (BHV1) im Kreis Borken (Nordrhein-Westfalen). Aktuell sind sechs Rindermast- und drei Milchviehbetriebe positiv auf die anzeigepflichtige Seuche getestet. Fünf der Rindermast- und einer der Milchviehbetriebe mussten vollständig geräumt werden. Zusätzlich sind als Kontaktbetriebe ein Jungrinderaufzüchter im Kreis Steinfurt sowie zwei Kälbermastbetriebe in Borken und Rhede aufgefallen. Das berichtete der Fachabteilungsleiter des Veterinäramtes im Kreis Borken, Dr. Michael Kerkhoff, vergangene Woche auf einer Online-Informationsveranstaltung von WLV und Landwirtschaftskammer NRW.

Wer ist betroffen?

Insgesamt sind nach Angaben des Kreises Borken 105 Betriebe in Heek und Teilen von Ahaus (Ammeln) von der Sperrzone betroffen:

Milchvieh: 7

Rindermast: 36

Mutterkuh: 33

Jungrinderaufzucht: 12

Fresseraufzucht: 1

Kälbermast: 1

Die übrigen 15 Betriebe in der Sperrzone halten aktuell keine Rinder.

Bislang ist nach Angaben des Kreises Borken unbekannt, wie das Virus auf die Betriebe gekommen ist: „Die Untersuchungen zu den Eintragsquellen in den betroffenen Betrieben haben bisher zu keinem Ergebnis geführt.“

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Die BHV1-positiven Betriebe sind innerhalb des angeordneten Monitorings von knapp 500 Betrieben in den Gemeinden Ahaus, Heek, Gronau,Legden und Schöppingen aufgefallen. Nach Informationen des Kreises sind die bis zum 15. September anberaumten Untersuchungen zum Großteil abgeschlossen. 20 Betrieben wurde eine Fristverlängerung gewährt.

Aufgrund des dynamischen Seuchengeschehens im Nordkreis Borken ist der Kreis per Erlass vom Ministerium für Landwirtschaft und Verbraucherschutz (MLV) angewiesen worden, Maßnahmen zu ergreifen. Es musste eine einschneidende Maßnahme her, damit der Freiheitsstatus für den Kreis Borken zu halten ist, erklärte Dr. Kerkhoff. Deshalb ist die tierseuchenrechtliche Allgemeinverfügung „Zum Schutz gegen das BHV1-Virus“ am 1. Oktober in Kraft getreten. Sie gilt erst einmal für sechs Monate.

Das besagt die Allgemeinverfügung

Verbringen von Zucht- und Nutzvieh:

  • vollständiges Verbot von Rindertransporten;

  • Verbringen von Tieren in/aus/innerhalb der Sperrzone bedarf einer schriftlichen Genehmigung des Kreises Borken;

  • Voraussetzung: Jedes Tier hat eine negative Blutprobenuntersuchung auf BHV1, die nicht älter als 14 Tage ist;

  • Genehmigung mindestens zwei Tage vorher beantragen;

  • Verbot von Sammeltransporten.

Verbringen von Schlachtvieh:

  • Verbringen möglich mit schriftlicher Anzeige spätestens am Tag der Verbringung beim Kreis;

  • keine Sammeltransporte;

  • Transport nur in gereinigten und desinfizierten Fahrzeugen.

Biosicherheit:

  • Hygieneschleuse ist verpflichtend einzurichten;

  • betriebsfremde Personen dürfen nur in Schutzkleidung auf den Hof;

  • Besucherbuch führen;

  • Nutzen von Maschinen mit Tierkontakt auf mehreren Standorten ist einmalig formlos beim Kreis anzuzeigen;

  • Kadaverabholung auf jedem Betriebsstandort.

Probennahme:

  • Bei Rindern mit fieberhaften Atemwegserkrankungen ist unmittelbar eine Ausschlussuntersuchung vom Hoftierarzt mit Nasentupfer zu veranlassen;

  • Milchviehbetriebe müssen ihren Bestand monatlich mittels Tankmilchprobe serologisch auf BHV1 untersuchen;

  • Masttiere (auch Fresser und Mastkälber) sind einmalig innerhalb von sechs Monaten nach Inkrafttreten der Verfügung und frühestens zwei Monate nach dem Einstallen mittels repräsentativer Stichprobe (je epidemiologischer Einheit auf dem Betrieb) blutserologisch auf BHV1 zu untersuchen;

  • Mutterkuhhalter und Jungrinderaufzüchter müssen innerhalb von sechs Monaten nach Inkrafttreten der Verfügung die jährliche Bestandsuntersuchung durchführen.

Was bedeutet die Sperrzone für die betroffenen Landwirte?

Die Landwirte aus der Gemeinde Heek und Bauerschaft Ammeln können die Punkte aus der Allgemeinverfügung nachvollziehen. Allerdings stellt vor allem für Bullenmäster der Punkt, dass alle Tiere, die in die Sperrzone kommen, serologisch auf BHV1 untersucht sein müssen, ein großes Problem dar. „Wir bekommen keine Fresser oder Absetzer mehr zum Einstallen. Denn niemand in Bayern oder in den östlichen Bundesländern will die Tiere vorher untersuchen lassen“, erklärt Bernd Telgmann, betroffener Bullenmäster aus Heek. Momentan sind Fresser und Absetzer knapp und teuer, deshalb seien die Vermarkter nicht auf die Landwirte in der Sperrzone angewiesen.  „Der Punkt in der Verfügung gleicht einem Berufsverbot“, ist Telgmann enttäuscht.

Seine Berufskollegen und er könnten sich vorstellen, die Tiere direkt zu untersuchen, wenn sie im Stall ankommen, doch dafür müssten sie die Betriebe erst einmal erreichen. Das ist für Dr. Jürgen Harlizius, Referatsleiter im Ministerium für Landwirtschaft und Verbraucherschutz NRW, jedoch keine Lösung: „Die Absetzer kommen aus aller Herren Länder. Wir sehen keine andere Chance, als diese Tiere vorher zu untersuchen. Sonst geht es weiter wie bisher.“ Für Telgmann ein schwaches Argument. Denn diese Tiere werden trotzdem eingestallt, allerdings woanders und dort nicht beprobt.

Auch Dr. Sophia Ebbing vom Kreis Borken ist sich im Klaren darüber, dass der Punkt einschneidend ist für die Bullenmäster. „Aber, wenn wir das nicht machen, holen wir uns die Tiere wieder rein und unser Status ist weg. Die Variante ist nicht tragbar“, stellt sie klar. Sie wünsche sich ein Zeichen vom Viehhandel, dass dieser die betroffenen Landwirte unterstütze.

Ein anderer Landwirt aus der Sperrzone sagte resigniert: „Das gleicht einem Aufstallverbot und ist für uns wirtschaftlich eine Vollkatastrophe.“

Die Landwirte in den betroffenen Gemeinden denken über eine Klage gegen die Allgemeinverfügung vor dem Verwaltungsgericht nach.

Komentar: Die Ratlosigkeit ist groß

Bestürzung und Ratlosigkeit – so lassen sich die Emotionen aufgrund der aktuellen Situation im Kreis Borken beschreiben. Nicht nur bei den betroffenen Landwirten, sondern auch bei den betreuenden Veterinären. Einig sind sich zwar alle darin, den Status „BHV1-frei“ für den Kreis Borken zu bewahren. Das bedeutet: Es dürfen keine positiven Betriebe mehr dazukommen.

Doch wer zahlt den Preis? Den zahlen die rund 100 Betriebe in der Sperrzone Heek und Ammeln. Niemand kann den betroffenen Bullenmästern die Frage beantworten, wie sie an Fresser oder Absetzer gelangen, die zuvor serologisch auf BHV1 untersucht wurden. Bayern und auch andere Bundesländer werden das Testen wohl tunlichst vermeiden. Wer will schon ähnlich wie der Kreis Borken mit möglichen positiven Ergebnissen auffallen und auf sich aufmerksam machen?

Leidtragende sind mal wieder die Bauern. Gut wäre es, wenn NRW-Landwirtschaftsministerium, WLV, Veterinäre und Vermarkter trotz allem eine Lösung finden, die es erlaubt, Tiere in der Region aufzustallen. Im Zweifel muss der Druck auf die anderen Bundesländer steigen. Denn eines sollte allen klar sein: Bleiben die Ställe leer, verdienen die Bauern keinen Cent. Der wirtschaftliche Schaden wäre enorm, vom emotionalen Leid ganz zu schweigen.

Für mich stellt sich die Frage, warum es keinen Plan B gibt. Es ist doch nichts Neues, dass der Kreis Borken ein Pulverfass in Sachen BHV1 ist. Und das schon lange ...

Hintergrund

BHV1 ist auch bekannt als IBR- oder IPV-Virus. Es kann zu Fieber, Husten, starkem Speichel-, Tränen- und Nasenausfluss, Aborten oder Absinken der Milchleistung führen, fasst das Friedrich-Löffler-Institut (FLI) zusammen. Aufgrund der wirtschaftlichen Bedeutung gab bzw. gibt es große Anstrengungen zur Bekämpfung. Viele EU-Länder gelten als BHV1-frei. Mehr Infos: www.fli.de/bhv1

Die Infektion eines Rinderbestandes mit dem BHV1-Virus hat für den betroffenen Betrieb große Konsequenzen, betont das Veterinäramt Steinfurt. Es kommt zur Bestandsräumung verbunden mit Schlachtungen von untergewichtigen Tieren, Einschläferungen von nicht transportfähigen oder tragenden Tieren vor Ort, Stall-Leerzeiten.

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