Dieser Beitrag ist zuerst erschienen im "Wochenblatt für Landwirtschaft und Landleben".
Kälbermäster konkurrieren mit Bullenmästern um Nutzkälber. Diese werden immer teurer. Im Schnitt bekommt ein Milchviehhalter 100 bis 120 € mehr pro Kalb ab Hof als noch im Vorjahr. Das erklärte Dr. Albert Hortmann-Scholten bei der Mitgliederversammlung des Bundesverbands der Kälbermäster anlässlich dessen 50-jährigen Jubiläums. Der Marktexperte von der Landwirtschaftskammer Niedersachsen führte aus: Die Fleckvieh- und Milchkuhbestände schrumpfen. Außerdem machen sich die Auswirkungen des Blauzungenvirus (BTV-3) bemerkbar. Tote Kälber sowie Aborte führen zu einer weiteren Verknappung von Vieh.
Niederlande mit Ausstiegsprämie
Doch wie kommen Mäster dann an Kälber? Der Großteil der deutschen Holstein-Bullenkälber wird in die Niederlande exportiert. Diese Zahlen könnten allerdings künftig kleiner ausfallen. Denn im Nachbarland erhalten Betriebsleiter eine Ausstiegsprämie, wenn sie mit der Landwirtschaft aufhören. „Das Paradoxe: Je jünger der Stall, desto höher die Prämie“, ärgerte sich Dr. Hortmann-Scholten. Die Prämie gilt auch für Kälbermäster. So haben bereits 42 Mäster mit mehr als 120 Betrieben aufgehört. 2025 hat die Regierung die Ausstiegsprämie sogar auf 3 Mrd. € erhöht. Der Marktexperte rechnet deshalb damit, dass der größte EU-Kalbfleischproduzent in Zukunft weniger herstellt. Das könnte eine Chance für die deutschen Mäster sein. Denn der Selbstversorgungsgrad hierzulande liegt nur bei etwa 50 %. Ein Großteil des in Deutschland konsumierten Kalbfleisches kommt aus den Niederlanden.
Macht des Einzelhandels
Der geringe Selbstversorgungsgrad hat Vor- und Nachteile. Es ist schwierig, mit den hochpreisigen Produkten in den Regalen des Lebensmitteleinzelhandels (LEH) zu landen. Landwirten stehen nur wenige große Abnehmer, angeführt von der Edeka-, Rewe- und der Schwarz-Gruppe, gegenüber. „Aber wir müssen den LEH mit ins Boot holen. Wir brauchen die Herkunftskennzeichnung“, betonte Dr. Hortmann-Scholten. Er zeigte sich überzeugt: „Wir können uns nur behaupten, wenn deutsche Herkunft ausgelebt und besser vom Verbraucher bezahlt wird.“ Denn die Tierwohlstandards hier sind auch im Vergleich zu anderen EU-Ländern am höchsten.
Deutsche Ware darf in der Ladentheke nicht austauschbar sein.“
Im direkten Vergleich zu den Niederlanden gibt es wirtschaftliche Nachteile etwa beim Transportalter oder der Haltung der Tiere auf trockenen, weichen und verformbaren Böden. Vieles gilt nicht für die Nachbarn. Dabei sind die ökonomischen Aspekte entscheidend: Nur wer seinen Betrieb wirtschaftlich führen kann, geht mit diesem in die Zukunft, so der Marktkenner.
Doch ein geringer Selbstversorgungsgrad bringt auch Chancen: Die EU-Nachfrage ist stabil und das Image von deutschem Kalbfleisch bei den Verbrauchern ist gut. Das führt zu stabilen beziehungsweise steigenden Preisen und guten Verhandlungspositionen der Mäster.