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Regierungswechsel Aussaat im Frühling Maul- und Klauenseuche

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Rindfleisch- und Kälbermarkt: Der lange Schatten der Blauzungenkrankheit

Die Blauzungenkrankheit grassierte 2024 bundesweit. Neben Schafen und Ziegen waren auch Rinderbestände massiv betroffen. Die Folgen werden noch für längere Zeit am Markt zu spüren sein.

Lesezeit: 5 Minuten

Viele Milchviehhalter kennen die Symptome der Blauzungenkrankheit von ihren eigenen Tieren: Hautveränderungen im Maulbereich, Rückgang der Milchleistung sowie Aborte und Fruchtbarkeitsprobleme. Die Folgen des Seuchenzugs zeigten sich in der zweiten Jahreshälfte 2024 durch bundesweit spürbar verringerte Milchanlieferungen. Während sich die Milchleistung in den meisten betroffenen Herden mittlerweile erholt haben dürfte, sind die Folgen für den Kälber- und Rindermarkt deutlich nachhaltiger.

Das knappere Angebot an Nutzkälbern trifft auf eine rege Nachfrage, insbesondere aus der Kälbermast. Die Ab-Hof-Preise für Nutzkälber tendieren seit September sehr fest (siehe Übersicht). Diese Preisentwicklung ist untypisch, denn normalerweise steigen die Preise auf dem Nutzkälbermarkt von Februar bis Juni. Danach sinken sie kontinuierlich, weil die Mastzeit für das Weihnachtsgeschäft knapp wird. Die schwächere Nachfrage hält dann üblicherweise bis zum Beginn des neuen Jahres.

Knappes Kälberangebot

Das knappe Angebot an Einstalltieren spiegelt sich in der Kälberstatistik wider. Der Bestand an Rindern bis zu einem Alter von acht Monaten ist in Deutschland von November 2023 bis November 2024 um 83.155 bzw. 3,8 % auf 2,13 Mio. Tiere gesunken. Die Zahl der Milchkühe ging mit einem Minus von 3,3 % etwas weniger stark zurück. Dieser Rückgang ist sicherlich zu einem Teil auf den jährlichen Strukturwandel, aber eben auch auf die BTV-3-Epidemie zurückzuführen. Zum Vergleich: Von 2022 auf 2023 sank die Zahl der Kälber um 1,8 % und die Zahl der Milchkühe um 2,5 %.

Kälberhändler berichten aber nicht nur von weniger Tieren auf den wöchentlichen Touren, sondern auch von einem geringeren Anteil an schweren Kälbern besserer Qualität. Denn ein Symptom der Blauzunge sind auch leichte und lebensschwache Tiere. Kein Wunder also, dass sich die Kälberpreise im Laufe des Jahres stärker differenzierten. Seit Februar 2024 ist die Differenz zwischen männlichen schwarzbunten Nutzkälbern der II. Qualität (55-65 kg LG) und der I. Qualität (> 65 kg LG) von unter 30 € auf über 50 € je Kalb gestiegen.

Betroffen sind aber nicht nur die Holsteinkälber, sondern auch die Kreuzungskälber für die Rindermast. Die Ab-Hof-Preise für Weiß-Blau-Belgier-Mastkreuzungskälber lagen zuletzt in der Spitze bei über 480 €. Die Preise für Fresser stiegen in Niedersachsen auf über 1.250 € (ab Hof). Mäster, die wegen der „Qualitätsprobleme“ ohnehin damit leben müssen, dass die Kälberpartien nicht mehr so homogen sind wie gewohnt, müssen zusätzlich tief in die Tasche greifen.

MKS belastet Markt kaum

In diese feste Marktphase fiel der Ausbruch der Maul- und Klauenseuche (MKS) am 10. Januar 2025 in Brandenburg. Wer erwartet hatte, dass die Kälberpreise daraufhin einbrechen würden, sah sich getäuscht. Denn die MKS-Verunsicherung währte nur kurz. Zwar verhängten die Niederlande ein Importverbot für Kälber aus Deutschland, was zu Preisdruck führte. Das Verbot dauerte aber nur eine Woche. Das kurzzeitige Überangebot konnte innerhalb weniger Tage abgebaut werden und der Preisdruck hielt sich in Grenzen.

Inzwischen laufen die Exporte wieder normal und die Marktlage hat sich entspannt. Die aktuellen Preise liegen sogar schon wieder über dem Niveau vom Dezember. Klar ist aber auch: Hätten die Niederländer die Importe länger ausgesetzt, wären die Folgen für den deutschen Markt gravierend gewesen. In 2024 importierten unsere Nachbarn rund 531.500 Kälber aus Deutschland, was rund Dreiviertel der niederländischen Gesamtimporte ausmacht.

Ohne neue Störfeuer dürfte nicht nur der Kälbermarkt, sondern auch der Schlachtrindermarkt auf absehbare Zeit knapp versorgt bleiben. Schon im November 2024 wurden gut 81.000 bzw. 6 % weniger Mastbullen in Deutschland gezählt als noch ein Jahr zuvor. Die Folgen der Blauzungenkrankheit haben die Nachzucht dezimiert und werden für 2025/2026 zu einem noch kleineren Inlandsangebot an Rindern führen.

Gleichzeitig lagen die Rindfleischeinfuhren nach Deutschland rund 1 % unter dem Vorjahreswert. Während aus Argentinien und Brasilien jeweils rund 5 % weniger Rindfleisch nach Deutschland exportiert wurde, kamen etwa 3 % mehr aus Polen. Vom Hauptlieferanten für Rindfleisch, der Niederlande, wurde rund 1 % weniger eingeführt. Insgesamt stammen über 85 % der deutschen Importe aus der EU.

Das von der EU angestrebte Mercosur-Abkommen könnte das Rindfleischangebot zwar etwas erhöhen. Das Abkommen umfasst 99.000 t Rindfleisch zu einem vergünstigten Zollsatz von 7,5 %. Laut EU-Kommission entspricht diese Menge etwa 1,6 % der gesamten EU-Rindfleischproduktion und weniger als der Hälfte der Importmenge im Jahr 2023 (196.000 t). Ein drastischer Anstieg der Importe aus den Mercosur-Staaten ist daher nicht zu erwarten - wenngleich die niedrigeren Produktionsstandards und in schwierigen Marktzeiten jedes zusätzliche Kilogramm kritisch zu sehen ist.

Beruhigend ist die stabile Nachfrage sowohl auf dem Rind- als auch auf dem Kalbfleischmarkt. Neueste Auswertungen zeigen sogar einen steigenden Bedarf der privaten Haushalte nach Rindfleisch – trotz höherer Preise. Der Verbrauch von Kalbfleisch wird in der Statistik zwar nicht separat ausgewiesen, Branchenkenner gehen aber auch hier von einem stabilen Absatz aus. Übrigens: Um die gute Nachfrage nach Weißfleisch zu befriedigen, wurde die Mastdauer zuletzt verkürzt. Die vorgezogene Schlachtung führt aber im Gegenzug zu einer höheren Nachfrage nach neuen Kälbern und mittelfristig zu einer noch knapperen Fleischversorgung. Auch dies spricht für feste Preise für Schlachtrinder und -kälber.

Erneuter Seuchenzug in 2025?

Und dann stellt sich noch die Frage, wie sich die Blauzungenkrankheit 2025 auswirkt. Auch wenn die Seuche vor allem zu wärmeren Jahreszeiten grassiert, war sie nie komplett verschwunden. Im laufenden Jahr wurden bislang 775 gezählt. In 2024 waren es insgesamt registrierte 15.828 Fälle. Ob es 2025 ähnlich schlimm wird, ist offen. Tierärzte berichten von einer höheren Akzeptanz der BTV-3-Impfung als im Vorjahr. Aktuell werden flächendeckend Rinderbestände geimpft bzw. erhalten eine Boosterimpfung nach der Grundimmunisierung in 2024. Noch nicht geimpfte Bestände werden in 2025 meist zweimal behandelt.

Experten erwarten, dass die Fortschritte bei der Impfung einen erneuten Ausbruch der Blauzungenkrankheit zwar nicht vollständig verhindern, aber die klinischen Symptome und damit die Verluste deutlich reduzieren werden. Andere Experten sind weniger optimistisch und rechnen auch 2025 mit einer starken Ausbreitung des Virus.

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