Dieser Beitrag ist zuerst erschienen im "Wochenblatt für Landwirtschaft und Landleben".
Experten sind sich in einer Sache sehr einig: Der einzige wirksame Schutz gegen das Blauzungenvirus des Serotypen 3 (BTV-3) ist die Impfung. Damit die kommende Gnitzensaison nicht erneut so dramatisch verläuft wie im Vorjahr müssen Tierhalter rechtzeitig mit dem Impfen beginnen. Dr. Peter Heimberg vom Rindergesundheitsdienst NRW fasste bei einem Webinar vom Netzwerk Fokus Tierwohl die Impfstrategie 2025 wie folgt zusammen:
Besteht aktuell noch keine Grundimmunisierung, müssen Tierhalter zügig handeln. Impfbeginn: Sofort! Für Rinder gilt die zweifache Impfung im Abstand von drei bis vier Wochen. Bei Schafen und Ziegen reicht zur Grundimmunisierung eine einmalige Impfung – mit Ausnahme des Wirkstoffes „Bluevac 3“, bei dem der Hersteller auch eine zweimalige Impfung zur Grundimmunisierung empfiehlt.
Tiere, die bereits 2024 die Grundimmunisierung erhielten, sollten im Frühjahr eine einmalige Booster-Impfung bekommen. Diese aktiviert die Antikörper von BTV-3 durch die Impfung. Der optimale Zeitpunkt dafür: Februar/März, allerspätestens Anfang April.
Durchseuchte Herden müssten eigentlich nicht geimpft werden. Diese Tiere haben lebenslang genug Antikörper. Die Krux: In den wenigsten Fällen kommen alle Tiere einer Herde mit dem Virus in Kontakt. „Rauszufinden welches Tier in meiner Herde BTV-3 hatte, ist deutlich teurer, als den ganzen Bestand zu impfen“, so die Einschätzung von Dr. Heimberg. Hier gilt die zweifache Impfung, um sicherzustellen, dass alle Tiere eines Bestandes grundimmunisiert sind. Zeitpunkt: Ebenfalls so bald wie möglich.
Die Empfehlungen beziehen sich auch auf Kälber, Lämmer und Jungvieh sowie Zuchtbullen bzw. -böcke. Ab welchem Alter die jungen Tiere geimpft werden sollten, ist vom Pharmahersteller abhängig. „Es gelten verschiedene Angaben. Ab dem ersten Lebensmonat bis hin zum dritten“, erklärte Dr. Bernd Hoffmann, Fachtierarzt für Virologie am Friedrich-Loeffler-Institut (FLI).
Marktzulassung in Sicht?
Derzeit gibt es drei Hersteller, die einen Impfstoff gegen BTV-3 anbieten. Dazu zählen Boehringer Ingelheim (Bultavo 3) sowie die beiden spanischen Unternehmen Syva und CZV mit den jeweiligen Produkten „Syvazul 3“ bzw. „Bluevac 3“. Alle drei Unternehmen stellen inaktivierte BTV-3-Impfstoffe her. Laut Dr. Hoffmann liegt die Anwendungsrate in Deutschland beim Produkt von Boehringer Ingelheim am höchsten (mehr als 90 %), gefolgt von Syva (8 %) und CZV (rund 1,5 %).
Da alle drei Hersteller im vergangenen Jahr eine „Notzulassung“ erhielten, wird nun die offizielle Marktzulassung erwartet. Die notwendige Beantragung bei der Europäischen Arzneimittel-Agentur (EMA) wurde im Januar von den beiden spanischen Pharmakonzernen eingereicht. Auf Wochenblatt-Anfrage hat Boehringer Ingelheim ebenfalls eine europäische Zulassung beantragt.
Wichtig in diesem Zusammenhang: Bei der Antragsstellung handelt es sich in allen drei Fällen derzeit um eine vorläufige Zulassung – eine sogenannte Zulassung aufgrund besonderer Umstände. Eine Vollzulassung kann erst dann erteilt werden, wenn alle relevanten Daten, beispielsweise die Dauer der Immunität der jeweiligen Wirkstoffe, nachgewiesen werden können. Das ist momentan noch nicht möglich.
Vor Impfung: Tiere in gutem Allgemeinzustand
Grundsätzlich sollte vor jeglicher Impfung sichergestellt werden, dass sich die Tiere in einem guten Allgemeinzustand befinden. Auch tragende Tiere können unabhängig von ihrem Trächtigkeitsstadium geimpft werden. „Landwirte sollten keine Bedenken haben, tragende Tiere zu impfen“, betonte Dr. Heimberg.
Fälle aus 2024 hätten bestätigt, dass eine Übertragung von infizierten Muttertieren auf das ungeborene Kalb durchaus möglich ist. Wissenschaftler gehen davon aus, dass die Infektion im Mutterleib zu einer Unterdrückung des Immunsystems der Neugeborenen führt. Demnach berichteten Praktiker vermehrt von der Geburt lebensschwacher Kälber. Mehr dazu hier: Lebensschwache Kälber - ist Blauzunge die Ursache?
Neues bei den Tierseuchenkassen
Aktuelle Informationen rund um Beihilfen, Entschädigungen und Co. lieferten bei der Online-Veranstaltung die Tierseuchenkassen (TSK) aus Niedersachsen und Hessen.
Niedersachsen: Die Impfung gegen BTV-3 wird weiterhin bezuschusst. Beim Rind beträgt diese 4 € je Tier und Jahr, bei Schaf und Ziege 3 € pro Tier und Jahr. Die Antragsstellung muss über den Tierarzt auf der Homepage der TSK erfolgen. Für Tierverluste von korrekt geimpften Rindern, Schafen und Ziegen kann eine „Härtebeihilfe“ beantragt werden. Welche Voraussetzungen dafür erforderlich sind, erfahren Tierhalter auf der Homepage der TSK (www.ndstsk.de).
Hessen: Hier wird die Impfung je Rind mit 3 €, je Schaf/Ziege mit 2 € bezuschusst. Anders als in Niedersachsen beteiligen sich sowohl die TSK als auch das Land Hessen mit jeweils 50 % an der Beihilfe. Ein neues Beihilfeverfahren gilt seit dem 22. Januar. Die Richtlinien wurden aktualisiert, sodass der Tierhalter – und nicht mehr nur der Tierarzt – die Beihilfe online beantragen kann. Allerdings erst nach der letzten Impfung (nach Impfschema) und der Eintragung der Impfung in HIT.
Nordrhein-Westfalen: Wie Dr. Annette vom Schloß, Geschäftsführerin der TSK NRW, gegenüber dem Wochenblatt Anfang dieser Woche bestätigte, werden die Impfstoffkosten in NRW auch 2025 weiterhin bezuschusst. Der Verwaltungsrat hat vergangenen Freitag Anpassungen der Beihilfen beschlossen. Sie treten von dieser Woche an in Kraft. Dazu zählen:
Die Bestandsimpfung soll nicht mehr verpflichtend sein. In Betrieben mit Tieren, die 2024 eine BTV-3-Infektion durchgemacht haben, kann der Tierhalter entscheiden, ob er nur die nicht erkrankten und die nachgeborenen bzw. zugekauften Tiere impfen möchte.
Für Schafhalter erweitert die TSK – trotz knapper Haushaltslage – die Beihilfe auf maximal zwei Impfungen pro Tier, da das FLI die Doppelimpfung auch bei Schafen empfiehlt. Der Zuschuss für Schafe wird von 1 € auf 1,50 € pro Impfung angehoben. Wenn der Schafhalter in Absprache mit seinem Tierarzt bisher nicht geimpfte Schafe zweimal im Abstand von drei bis vier Wochen impfen möchte (Boosterung), dann wird auch diese zweite Impfung mit 1,50 € bezuschusst.