Die Kälbergesundheit beeinflussen nicht nur Krankheitserreger sondern auch „gute“ Bakterien. „Das Darmmikrobiom, also die Gesamtheit aller Bakterien, Viren und weiteren Mikroorganismen im Darm, hat u. a. Einfluss auf die Entwicklung des Immunsystems, das Verstoffwechseln von Nährstoffen oder das Ansiedeln von Krankheitserregern“, erklärte Prof. Dirk Werling von der Universität London.
Die richtigen Bakterien fördern
Dieses Mikrobiom verändert und entwickelt sich mit der Zeit und hat Einfluss auf das Tier. So steigt im gesunden Kälberdarm in den ersten Lebenswochen der Anteil von Lactobacillus reuteri, das gegen Rotaviren und Cryptosporidium parvum wirksam ist. Andererseits gibt es auch Faktoren, die das Mikrobiom negativ beeinflussen: „Antibiotika wirken nicht nur gegen Erreger, sondern beeinflussen auch das Mikrobiom“, so Dirk Werling. Studien zeigten, dass Kälber nach einer Antibiotika-Behandlung eine höheres Risiko für z. B. Lungeninfektionen haben. Und Tiere, die in den ersten drei Lebensmonaten antibiotisch behandelt wurden, starben mit einer 2,5-fach höheren Wahrscheinlichkeit während der Aufzucht.
Wenn wir die richtigen Mikroorganismen im Darm fördern, hat das einen positiven Einfluss auf die Tiergesundheit
Noch ist wenig darüber bekannt, wie genau sich das Mikrobiom beeinflussen lässt. Einen interessanten Ansatz liefert eine aktuelle Studie.
Studie: Pansensaft an Kälber vertränken
Lässt sich das Darmmikrobiom aktiv verändern, und so Gesundheit und Leistung der Kälber beeinflussen? Das untersuchten Forscher der Universität Hebei (China). Sie verabreichten Kälbern den Pansensaft von gesunden Kühen. Dieser enthält nicht nur Mikroorganismen des Pansens, sondern auch für deren Überleben und Vermehrung wichtige Nährstoffe.
Der Versuch fand mit 36 Kälbern über die Tränkephase von 56 Tagen statt. Die Kälber waren in drei Gruppen unterteilt: Eine Kontrollgruppe erhielt zweimal täglich pasteurisierte Vollmilch ad libitum. Die zweite Gruppe erhielt zusätzlich frischen Pansensaft in die Milchtränke. Der wurde von einer gesunden, trockenstehenden Kuh mit einer Pansen-Fistel zwei Stunden nach der Fütterung entnommen.
Gesündere Kälber, höhere Milchleistungen
Die Kälber erhielten 50, 80 bzw. 110 ml Pansensaft an den Tagen 7 bis 11, 21 bis 25 bzw. 42 bis 46. Die dritte Kälbergruppe erhielt die gleichen Mengen, allerdings wurde der Pansensaft vor dem Vertränken mit Hitze und Druck „hygienisiert“.
Ergebnisse: In der täglichen Zunahme oder Entwicklung unterschieden sich die Gruppen nicht. Doch die Verdauungsraten der Faserfraktionen ADF und NDF waren in der Gruppe mit frischem Pansensaft besser. In der gleichen Gruppe gab es keine einzige Durchfallerkrankung, während bei Kälbern der Kontrollgruppe an acht von 56 Tagen Durchfall auftrat. Nicht zuletzt war die spätere Milchleistung der Tiere aus der Gruppe mit frischem Pansensaft signifikant höher, als die der anderen.
Die Autoren schlussfolgern: Das Darmmikrobiom lässt sich aktiv beeinflussen. Die frühzeitige Pansensaft-Gabe wirkt sich positiv auf die Gesundheit und spätere Leistung aus. In der Praxis lässt sich Pansensaft einer Kuh per Nasenschlundsonde nehmen. Das sollte ein Tierarzt begleiten bzw. durchführen.