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topplus So klappt die MRSA-Sanierung

MRSA: Darauf sollten Landwirte vor einer OP achten

Landwirte sind besonders häufig mit dem sogenannten Krankenhauskeim MRSA besiedelt. Steht eine geplante Operation bevor, muss der Keim weg. Tierhalter stellt das vor besondere Herausforderungen.

Lesezeit: 7 Minuten

Dieser Beitrag ist zuerst erschienen im "Wochenblatt für Landwirtschaft und Landleben".

Lange hat Hubert Schulze Hilbt mit sich gerungen, doch am Ende half alles nichts: Er brauchte ein neues Knie. So schnell, wie er es sich gewünscht hätte, ging es dann aber leider nicht. Auf einen OP-Termin musste der Landwirt aus Velen im Kreis Borken lange warten. Die nächste Überraschung gab es bei der Vorbesprechung im November ver­gangenen Jahres am St. Josef-Stift in Sendenhorst, wo der Eingriff durchgeführt werden sollte: Ein Nasen- und Rachenabstrich zeigte, dass er MRSA-positiv war. Die Ärzte stellten klar: Bis zur Operation muss der Keim weg!

Der Termin für den Eingriff wurde für Mitte Juni angesetzt. Mitte Mai begann Hubert Schulze Hilbt mit der „Sanierung“ – so wird die Entfernung des Keims genannt. Vom Krankenhaus bekam er genaue Anweisungen, wie er dabei vorgehen sollte.

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Viele Fragen, wenig Infos

Was dem Landwirt jedoch fehlte, waren berufsspezifische Informationen. Schulze Hilbt hat Mastschweine, betreibt Rinderaufzucht und hat ein Hühnermobil. Da besteht ständig die Gefahr, erneut mit dem Keim in Kontakt zu kommen. Denn auch Tiere, vor allem landwirtschaftliche Nutztiere, können mit dem Keim besiedelt sein. In den Stall ging der Landwirt deshalb nicht mehr, sobald er mit der Sanierung begonnen hatte.

Zum Glück war sein Sohn im Dezem­ber voll in den Betrieb eingestiegen, sodass dieser die Stallarbeit übernehmen konnte. Aber auf was Hubert Schulze Hilbt sonst noch achten sollte, konnte ihm niemand genau sagen. Dabei hatte er viele Fragen: „Darf meine Frau weiterhin in den Stall gehen? Kann ich mich bei unserem Hund, der gelegentlich durch den Stall läuft, infizieren? Darf ich mich auf den Schlepper setzen, der auch zum Füttern der Kälber genutzt wird? Darf ich meinen Blaumann neben den meines Sohnes hängen?“

Eigene Recherche

Mit seinen Fragen wandte sich der Landwirt an die Sozialversicherung für Landwirtschaft, Forsten und Gartenbau (SVLFG). „Von dort habe ich nur Informationen zu finan­ziellen Fragen bekommen“, sagt der 56-Jährige. Schließlich fand er im Internet auf der Homepage der Landwirtschaftskammer Niedersachsen einige Informationen. „Da habe ich dann angerufen“, erzählt er. Am Telefon riet ihm eine Ärztin, „nach bestem Wissen und Gewissen“ zu handeln. „Machen Sie sich nicht so viele Gedanken“, so ihr abschließender Rat.

So klappt die MRSA-Sanierung

Ziel der Sanierung ist es, den MRSA-Keim von der Haut des Patienten zu entfernen. Die eigentliche Sanierung dauert fünf Tage. In dieser Zeit muss der Patient Folgendes beachten:

  • Dreimal täglich eine antibiotische Nasensalbe in beide Nasenvorhöfe einbringen,

  • zwei- bis dreimal täglich den ­Rachen mit einer antiseptischen ­Lösung spülen,

  • einmal täglich die gesamte Haut inklusive der Haare mit antiseptischer Seife waschen.

Nach der Sanierung ist eine Pause von drei Tagen einzuhalten. In dieser Zeit dürfen die Mittel zur Sanierung nicht angewandt werden, um das Ergebnis nicht zu verfälschen.

Nach der Wartezeit erfolgen Abstriche an drei aufeinanderfolgenden Tagen. Für eine erfolgreiche Sanierung müssen sie alle negativ sein.

Um eine Wiederbesiedlung von der Umgebung auf den Patienten zu vermeiden, sind während der ­Sanierung einige ergänzende Maßnahmen einzuhalten:

  • Täglich Kleidung, Bettwäsche, Handtücher und Waschlappen wechseln und waschen.

  • Kämme, Bürsten und Zahnbürsten täglich wechseln bzw. desinfizieren. Es empfiehlt sich, für die Zeit Einmal-Zahnbürsten und -Rasierer zu verwenden.

  • Persönliche Gegenstände, zum Beispiel Hörgeräte, Brillen, Zahnprothesen, Schmuck, täglich des­infizieren.

  • Deospray statt Deoroller ver­wenden.

Hubert Schulze Hilbt ging aber auf Nummer sicher. Auf keinen Fall wollte er den OP-Termin, auf den er so lange gewartet hatte, gefährden. Deshalb beschloss die Familie, dass auch seine Frau nicht mehr in den Stall gehen sollte. Die Anweisungen aus dem Krankenhaus zu den Hygienemaßnahmen bei der Sanierung befolgte der Landwirt genau. Mit Erfolg: Am 1. Juni hatte er seinen dritten negativen Test. Weil er auch in den nächsten zwei Wochen alle Vorsichtsmaßnahmen einhielt, stand der Operation nichts mehr im Wege.

Inzwischen hat der Landwirt den Eingriff und die anschließende ­Reha gut überstanden und ist zuversichtlich, bald wieder voll im Betrieb mit anpacken zu können.

Kein Betriebshilfsdienst

Ein großes Glück für Hubert Schulze Hilbt war, dass sein Sohn die Stallarbeit für ihn übernehmen konnte. Wenn niemand da ist, der einen Landwirt während der Sanierung im Stall vertreten kann, ist das ein Problem, denn die Zeit der Sanierung gilt nicht als Krankheit. Deshalb hat ein Landwirt in dieser Zeit keinen Anspruch auf den Betriebs­hilfs­dienst, wie uns die SVLFG auf Nachfrage erklärt. Sie beteiligt sich lediglich an den Kosten für die Sanierung.

Konkret bedeutet das: Sobald der Landwirt ins Krankenhaus kommt, kann er Leistungen aus dem Betriebshilfsdienst in Anspruch nehmen. In den etwa drei Wochen, die er für die Sanierung einplanen sollte, besteht der Anspruch nicht und er muss sich selbst um eine Vertretung kümmern.

Darauf sollten Landwirte achten

Landwirte gehören zu den Risiko­gruppen, die besonders häufig mit MRSA besiedelt sind. Die Gefahr, auf dem Hof immer wieder mit den Keimen in ­Kontakt zu kommen, ist groß. Vor allem Tierhalter sollten bei der Sanierung besondere Maßnahmen beachten.

Der MRSA-Keim an sich ist kein großes Problem. Kritisch wird es, wenn er in den Körper eindringt. „Dann kann es zur Wundinfektion kommen“, sagt Markus Geilen, Hygiene­fachkraft und Leiter des Hygieneteams am St. Josef-Stift Sendenhorst. Da MRSA auf gängige Antibiotika nicht ansprechen, kann eine solche Infektion zu schweren Komplikationen führen, erklärt er. Vor allem bei immun­geschwächten Patienten kann das zum Problem werden.

Deshalb wird jeder Patient vor ­einem geplanten Eingriff nach möglichen Risikofaktoren für eine MRSA-Besiedlung gefragt und gegebenenfalls ein Nasen- und Rachenabstrich gemacht. „Ein Hauptrisikofaktor für eine Besiedlung ist die Landwirtschaft“, stellt Markus Geilen fest. Andere sind zum Beispiel ein vorheriger Krankenhausaufenthalt oder eine Antibiotikatherapie in den vergangenen sechs Monaten.

Drei Wochen einplanen

Wenngleich viele Landwirte den MRSA-Keim auf der Haut tragen, stammen die resistenten Keime, die in den Krankenhäusern zu Problemen führen, nur sehr selten aus der Landwirtschaft, erklärt Dr. Hendrik Nienhoff, Veterinärmediziner beim Schweinegesundheitsdienst der Landwirtschaftskammer Niedersachsen. In Schweine haltenden Betrieben handelt es sich in der Regel um den MRSA-Stamm ST398, der im Gegensatz zu den vor allem in Kliniken und Pflegeeinrichtungen vorkommenden MRSA-Stämmen kaum Pro­bleme macht.

Dennoch hält er es für sehr wichtig, vor einer geplanten Operation überprüfen zu lassen, ob eine MRSA-Besiedlung vorliegt. Ist das der Fall, muss die Person eine Sanierung durchlaufen. „Etwa drei Wochen vor der Operation sollte der Patient damit beginnen“, ­empfiehlt Nicolas Zurheiden, hygienebeauftragter Arzt und Oberarzt in der Klinik für Anästhesie und Intensivmedizin am St. Josef-Stift Sendenhorst.

Kontakte einschränken

In der Zeit kann der Patient zwar weiterhin auf dem Hof leben. Er muss aber alle Vorgaben zur Sanierung und darüber hinaus einige Vorsichtsmaßnahmen einhalten. Dazu gehört zum Beispiel, den Stall nicht mehr zu betreten und Körperkontakt zu allen, die im Stall tätig sind, zu meiden. Ehepartnern rät Nicolas Zurheiden für diese Zeit gegebenenfalls zu ­getrennten Schlafzimmern. Auch von Haustieren, zum Beispiel Hunden, sollte sich der Patient fernhalten. Die eigene Arbeitskleidung sollte getrennt von solcher hängen, die möglicherweise mit MRSA-Keimen kontaminiert ist.

Um nach einer erfolgreichen Sanierung eine erneute Besiedelung mit MRSA zu vermeiden, sollte ein Landwirt bis zum OP-Termin auf keinen Fall in den Stall gehen und die bekannten Hygieneregeln, wie Abstand halten und Hände waschen, einhalten.

Der Besiedlung vorbeugen

Wer weiß, dass eine Operation bevorsteht, kann vorbeugend ver­suchen, eine MRSA-Besiedlung zu vermeiden bzw. loszuwerden. Dazu empfiehlt Dr. Hendrik Nienhoff, schon Wochen vorher konsequent im Stall eine FFP2-Maske sowie Handschuhe zu tragen und regelmäßig die Hände gründlich zu waschen. Mit etwas Glück könne es damit gelingen, bis zur Operation MRSA-frei zu sein – auch ohne Nasen­salbe und Co.

Den Tierbestand zu testen, um das Risiko einer eigenen Besiedlung einzuschätzen, macht dagegen aus seiner Sicht keinen Sinn. Zu­mindest Schweine- und Geflügelbestände seien zu 90 % MRSA-­positiv.

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