Rund um Schlachtabrechnungen greifen Schlachtunternehmen und Viehvermarkter immer wieder tief in die Trickkiste. Zusammen mit Vermarktungsexpertin Christa Niemannn stellt top agrar in einer neuen Serie ab sofort solche Fälle aus der Praxis vor und gibt Tipps, wie Sie sich schützen können. Im aktuellen Fall geht es um Viehvermarkter, die die Abrechnungsmaske des Schlachtunternehmens eigenmächtig manipulieren.
Christa Niemann war lange Jahre beratend für den Erzeugerring Westfalen, den Deutschen Bauernverband und die IQ-Agrar Service GmbH tätig. Aktuell betreut sie das Managementtool „PIGonomic“ der Firma Meier-Brakenberg, das die Wertschöpfung in der Schweinemast optimiert und prüft weiterhin Schlachtabrechnungen.
Das Schlachtunternehmen Danish Crown rechnet in Deutschland – wie viele andere Schlachthöfe auch – die gelieferten Schweine nach Muskelfleischanteil (MFA) ab. Lange Zeit haben die zwischengeschalteten Vermarkter diese „Schlachthofmaske“ für ihre Abrechnung mit den Mästern einfach übernommen.
Mittlerweile gibt es aber auch Viehhandelsunternehmen, die diese Maske ein wenig verändern. Zum Beispiel erhalten Tiere mit einem MFA-Anteil von 59 bis 61 % nur noch maximal 1ct Zuschlag pro kg Schlachtgewicht (SG), anstelle von 2 ct, wie es die Originalmaske von Danish Crown ab 60 % MFA vorsieht.
Mehrere Tausend Euro Schaden pro Jahr
Mästern, die nur die vom Händler erwähnte Maske auf der Einzeltierauflistung anschauen, fällt diese „kleine Änderung“ häufig gar nicht auf. Denn alle übrigen Parameter, wie z.B. die Gewichtsgrenzen, haben sich nicht verändert. Nur wenn man genau hinschaut und jede einzelne Position kontrolliert, entdeckt man den Unterschied (siehe Übersicht 1).
Übersicht 1: Die Manipulation an der Maske fällt kaum auf
Muskelfleischanteil (MFA), % | Zu-/Abschläge, ct/kg SG1) | ||
---|---|---|---|
von | bis | Maske original | Maske geändert |
47 | 56 | -4 | -4 |
56 | 58 | -3 | -3 |
58 | 59 | -1 | -1 |
592) | 60 | 1 | 1 |
602) | 61 | 1 | 0 |
1) Schlachtgewicht; 2) Schinken ab 18,01 kg Quelle: Niemann |
Doch der Schaden, der dem betroffenen Mäster dadurch entsteht, kann mehrere Tausend Euro betragen – zumindest, wenn die kleine Manipulation lange Zeit unentdeckt bleibt. Dazu ein Beispiel: Mäster Heinz Lange (Name geändert) bewirtschaftet 3.000 Mastplätze. Bei 2,8 Umtrieben pro Jahr verkauft er jährlich rund 8.400 Mastschweine. Die Tiere vermarktet er fast ausschließlich über einen Viehhändler, der die Schweine an den Schlachthof von Danish Crown liefert.
Pro Hochprozenter fehlen 1,01 €
Die letzte Lieferung, bei der Lange die Maskenmanipulation im Nachhinein auffiel, umfasste 250 Schweine. Die Tiere wiesen ein durchschnittliches Schlachtgewicht von 99,7 kg auf. Bei 64 % der Schweine lag der MFA über 60 %. Für diese Tiere hätte Lange 2 ct Aufschlag/kg SG bekommen müssen - hat er aber nicht, aufgrund der Maskenmanipulation.
Dadurch ist Lange pro Schwein mit mehr als 60 % MFA ein Schaden von 1,01 € entstanden (s. Übersicht 2). Umgerechnet auf die gesamte Lieferpartie von 250 Schweinen entspricht das einem Mindererlös von 0,50 €/Tier bzw. 125 € bezogen auf die gesamte Lieferpartie. Innerhalb eines Jahres würde sich der Gesamtschaden auf stolze 4.200 € summieren!
Übersicht 2: Kleine Änderung, großer Schaden
Anzahl Mastplätze1), n | 3.000 |
Umtriebe/Jahr, n | 2,8 |
Verkaufte Tiere/Jahr, n | 8.400 |
Tiere/Verkauf, n | 250 |
Schaden/betroffenem Tier2), € | 1,01 |
Schaden/vermarktetem Tier, € | 0,50 |
Schaden/Lieferpartie, € | 125 |
Gesamtschaden/Jahr, € | 4.200 |
1) Beispielbetrieb Lange; 2) bei 99,7 kg SG und 60,5 % MFA. 75 % der Tiere > 59 % MFA Quelle: Niemann |
Unser Tipp: Schauen Sie genau hin!
Schweinemäster sollten daher nicht nur die Einzeltierdaten der Schlachtabrechnung kontrollieren, sondern auch die zugrunde gelegte Abrechnungsmaske! Stimmt die vom Vermarktungsunternehmen angegebene Maske wirklich in allen Punkten mit der Originalmaske des Schlachtunternehmens überein? Der Mehraufwand bei der Kontrolle lohnt sich, wie unser Beispiel zeigt!