Die vergangenen Jahre haben die Landmaschinenhersteller vor so einige Herausforderungen gestellt. Zunächst die Corona-Pandemie, dann ein feststeckendes Containerschiff auf einer der wichtigsten Wasserstraßen der Welt. Schließlich kam der Ukraine-Krieg hinzu.
Vor einem Jahr berichteten wir noch von akuter Teileknappheit, z. B. bei Platinen. Das ist nun kein Problem mehr. Und Mitleid musste man mit vielen Konzernen sicherlich nicht haben. Auch wenn die Plätze der Werke mit „fast-fertigen“ Maschinen zwischenzeitlich (über)füllt waren, zeigt ein Blick in so manches Geschäftsergebnis, dass vor allem die Großen aus der „Krise“ profitieren konnten.
Speziell der größte Landtechnikhersteller der Welt verbuchte über die letzten zwei Jahre große Zuwächse. Lag der Gewinn nach Steuer bei John Deere 2021 noch bei rund 6 Mrd. US-Dollar, sind es in 2023 schon unglaubliche 10 Mrd.
Aber auch Agco steigerte seinen Umsatz von 9,15 Mrd. US-Dollar im Jahr 2020 auf 12,7 Mrd. US-Dollar 2022. Der Gewinn stieg in diesem Zeitraum um 110 % an.
Haben die Hersteller ihre Preise demnach zu stark angehoben? Ja! Und das geben sie sogar in ihren Geschäftsberichten, wie z. B. bei Agco, zu: „Das Betriebsergebnis stieg … Haupttreiber hierfür sind der verbesserte Nettoumsatz, ein höheres Produktionsvolumen und eine signifikante Preisumsetzung, welche die gestiegenen Materialkosten und Mehrausgaben für den Bereich Forschung und Entwicklung mehr als ausgleichen konnten.“
Zur Wahrheit gehört aber auch, dass die Erzeugerpreise landwirtschaftlicher Produkte in den letzten beiden Jahren gut waren. Die Landwirte haben stärker in neue Technik investiert als zuvor. Aus Angst vor Lieferengpässen bestellten viele Händler Maschinen vor. Während zuerst die Maschinen direkt weiterverkauft wurden, haben sich allmählich die Plätze wieder gefüllt. Das steigerte den Absatz der Hersteller aber zusätzlich.
Umsatzrückganz im Handel
Auf den Presseveranstaltungen der Agritechnica war die Freude über das abgelaufene Jahr bei vielen groß – nochmal mehr als im vorherigen Jahr. Ein Blick in die Zukunft wollte aber so recht niemand wagen – ob man schon ahnt was kommt?
Laut des europäischen Verbandes der Agrarmaschinenhändler (Climmar) scheinen sich die Geschäfte der Händler deutlich abzuflauen. Das zumindest zeigt der sogenannte Climmar-Index. Denn der Wert des Indexes, der sich auf einer Skala von -3 (schlechte Umsatzsituation) bis +3 (gute Umsatzsituation) bewegt, lag im zweiten Halbjahr 2023 bei +0,16 und damit auf einem recht niedrigen Niveau – so niedrig wie seit 2016 nicht mehr. In 2021 bewegte sich der Index noch bei 1,65.
Erste Insolvenzen seitens der Industrie sind bereits bekannt. So erreichten uns in den letzten Wochen Meldungen zu Zahlungsunfähigkeiten bei der Regent Pflugfabrik aus Österreich und der Fahrzeugbaufirma Martin Reisch GmbH.
Bei Reisch scheinen vor allem eine Stagnation des Marktes für landwirtschaftliche und andere Nutzfahrzeuge und volle Lager der Händler mit einhergehenden Bestellrückgängen eine Ursache dafür zu sein. Oft heißt es ja, dass die Logistikbranche eine abflachende Wirtschaft zuerst zu spüren bekommt …
Teure Finanzierungen
Zur Kaufzurückhaltung bei den Landwirten dürften auch das deutlich gestiegene Zinsniveau führen. Wo man einen 200.000 € teuren Schlepper vor zwei Jahren noch für einen Zinssatz von 1 % (oder weniger) finanzieren konnte, sind jetzt teils bis zu 5 % Zinsen fällig. Macht beim obigen, genannten Preis und einer Auslastung von 1.000 h/a rund 8 € mehr je Betriebsstunde – Geld, das erst einmal erwirtschaftet werden muss.
Vor allem, da z. B. der Milchpreis schon wieder auf einem Niveau wie vor der Pandemie liegt. Da wird es niemanden wundern, wenn sich Landwirte und Lohnunternehmer aktuell zurückhalten – zumal man in den letzten Jahren kräftig investiert hat und noch viele, recht neue Maschinen im Markt sein dürften.
Wie die Hersteller darauf reagieren, bleibt abzuwarten. Auffällig waren aber die vielen Angebotsschilder mit 0,0 %-Finanzierungen auf der Messe in Hannover. Und hier und da hört man auch schon von leicht rückläufigen Preisen – oder stärkeren Rabatten. Warten könnte sich also auszahlen…