Die neue Generation Lion und Vitasem ersetzen die etwa 10 Jahre alten Vorgängermodelle. Neben dem Design haben die Ingenieure auch den Bedienkomfort, die Ausstattungsoptionen und Modularität verbessert.
Wir konnten im letzten Spätsommer und Herbst die neue Kombination der beiden Geräte ausgiebig einsetzen. Pöttinger stellte uns dafür die Lion 3040 und die Vitasem M 3000 DD zur Verfügung.
Ausstattungstechnisch war die Maschine im gehobenen Mittelfeld unterwegs. Besonderheit war hier der aufgebaute Pneumatikstreuer Tegosem, welcher über kleine Prallteller ein zweites Medium ausbringen konnte.
Vier Kreisel pro Meter
Pöttinger bietet im 3 m-Bereich seiner Lion-Kreiseleggen drei verschiedene Getriebebaureihen und zwei verschiedene Kreiselanzahlen. Das von uns eingesetzte Modell Lion 3040 hat zwölf Kreisel und damit vier Kreisel pro Meter Arbeitsbreite. Das Wechselradgetriebe ist bis 200 PS ausgelegt. Darüber gibt es auch eine Variante für bis zu 270 PS, die Einsteigerversion geht bis zu 150 PS.
Der Kreiseldurchmesser beträgt 30 cm. Die Zinken sind wahlweise geschraubt oder per Schnellwechselsystem befestigt. Pöttinger hat drei verschiedene Verschleißteile im Programm. Das teuerste Modell und die Version auf Griff lassen sich aber nur bei den Zehnkreiselmodellen ordern.
Schlanker Anbauturm
Den Anbauturm haben die Konstrukteure komplett geändert. Er ist deutlich schmaler geworden. Dadurch ist die Sicht auf die Packerwalze und die Sämaschine spürbar besser. Auch die Anhängung hat uns super gefallen. Für Unterlenker der Kat 3 und Kat 3N lassen sich die Unterlenkerbolzen in zwei Höhen anpassen. Zudem lassen sich die pendelnden Aufnahmen in vier Schritten um je 5 cm werkzeuglos ausziehen. Oberlenker der Kat 2 und Kat 3 lassen sich in zwei verschiedenen Positionen koppeln.
Für die Zapfwelle gibt es einen schönen Halter. Die Schlauchgarderobe ist einfach gehalten. Die Schläuche sind farblich und mit plus/minus dauerhaft markiert. Leider beschreibt nur ein Aufkleber die Funktionen. Serienmäßig liefert Pöttinger die Kreiselegge mit einer LED-Beleuchtung nach vorne und hinten aus.
Das Besondere: Durch Elektro-Steckverbinder und der aufgesteckten Bauweise lassen sich die hinteren Leuchten inklusive Warntafel schnell auf die angebaute Sämaschine wechseln und per Federstecker sichern. Eine insgesamt gute Lösung, bei der für uns nur die Steckverbinder noch wertiger sein könnten. Sehr gut gefallen hat uns die Lösung, die angebaute Sämaschine per Standard-Kfz-Steckdose und Stecker zu verbinden.
Transportbreite passt
Die gefederten Seitenbleche sind nun anders aufgehangen. In Transportstellung liegen sie einfach flach an der Kreiselwanne an und müssen nicht mehr aufwendig nach oben geklappt werden. Über einen federbelasteten Bolzen lässt sich das Seitenblech um etwa 6 cm nach außen stellen. Insgesamt baut die Maschine dann 3,12 m breit. Die Kreisel haben eine Arbeitsbreite von 2,90 m.
Innen am Seitenblech ist nun ein Einweiser montiert, der Kluten zurück vor die Walze drückt. Mit Werkzeug lässt sich das ganze Blech in der Höhe verstellen. Wir fuhren häufig mit einem GPS-System auf genau 3 m Arbeitsbreite. Trotz der theoretisch geringen Arbeitsbreite konnten wir keine Dammbildung oder ein uneinheitliches Arbeitsbild feststellen. Und die Transportbreite liegt genau bei 3 m. Also alles im grünen Bereich.
Arbeitstiefe einstellen
Die Lion lässt sich mit acht verschiedenen Packerwalzen ausstatten. Beim Testmodell war die 50 cm große Prismenpackerwalze (4.774 € Aufpreis, alles Listenpreise zuzüglich MwSt.) montiert. Die Ringe sind in einem Abstand von 12,5 cm positioniert und laufen somit genau vor dem Säschar. Die Prismenringe haben eine Höhe von 4,5 cm. Abstreifer reinigen die Zwischenräume.
Insgesamt hat uns die Vorverdichtung der Reihen gut gefallen. Auch auf schweren Böden lief die Walze sehr gut. Nur auf sehr leichtem, trockenem Sand sank der Nachläufer tief ein und schob einen Erdwall vor sich her. Hier wäre die 60 cm große Variante sicherlich besser aufgehoben. Diese Version wiegt allerdings auch ca. 250 kg mehr.
Die Arbeitstiefe stellt man auf beiden Seiten per Bolzen ein. Eine gute Skala hilft dabei. Optional ist eine hydraulische Verstellung. Die Prallschiene ist am Walzenrahmen befestigt und verstellt sich damit in etwa der Hälfte wie die Walze selbst. So muss man nur bei größeren Tiefenänderungen die Schienenhöhe anpassen. Das geht mit dem mitgelieferten Ratschenschlüssel und eine Zahnstangenkulisse auf jeder Seite der Maschine. Eine zentrale Einstellung gibt es nicht, ebenso hat uns die Parkposition des Schlüssels nicht gefallen.
Sehr gut fanden wir hingegen die vier Spurlockererzinken (880 €). Diese lassen sich auf dem vorderen Rahmenrohr an beliebiger Position klemmen und einfach per Bolzen in der Höhe einstellen. Die hartmetallaufgepanzerten Schare sind über Federn gegen Überlast gesichert. Das Arbeitsergebnis war gut. Die Arbeitstiefe ließ sich ordentlich tief einstellen. Nur im Maisstroh mussten wir einen Zinken herausnehmen, um den Durchgang zu erhöhen.
Die Spuranzeiger (2.156 €) sind auf der Kreiselegge montiert. Zum Straßentransport sichert man sie mit einem Splint. Die einfachwirkenden Zylinder sind mit einem Wechselventil angesteuert und schwenken die Anzeiger 90° nach oben. Im Einsatz bewegt sich der Spuranreißer im Langloch des Zylinders. Auch auf schwerem Boden konnten wir die Spur gut sehen.
Als Überlastsicherung dient eine Abreißschraube, welche auf Zug belastet ist – sehr gut. In unserem Einsatz löste die Schraube auch in großen Pflugkluten nicht aus. Zwei Ersatzschrauben sind direkt am Spuranzeiger untergebracht. Einziger Nachteil: Die Absicherung funktioniert nur bei Vorwärtsfahrt.
Sämaschine aufbauen
Pöttinger hat die Koppelpunkte zur Aufnahme der Sämaschinen vereinheitlicht. Die Drillmaschinen liegen nun immer auf vier Punkten auf der Walze auf. Damit die Konstruktion zusammen mit dem hydraulischen Oberlenker (790 €) nicht statisch überbestimmt ist, muss man an den Walzenrahmen auf jeder Seite einen Bolzen ziehen. So entsteht über der Walze ein Drehpunkt für die Sämaschine und den Nachläufer.
Der Anbau ist etwas ungewöhnlich. Ein Aufkleber im Saattank erklärt die Reihenfolge der Arbeitsschritte. Insgesamt ist dieser Aufbau jedoch durchdacht. Denn so fungieren Oberlenker und Walzentragarme als Parallelogramm, sodass bei einer Tiefenänderung der Kreiselegge keine Verstellung der Sämaschine notwendig ist.
Gitter im Tank wäre schön
Der Saattank fasst nun wahlweise 770 oder 1.200 l. Einen nachrüstbaren Aufsatz gibt es nicht. Im Tank schützen zwei Tankgitter (397 €) vor großen Fremdkörpern. In die tief und robust ausgeführten Gitter lassen sich bequem je 50 kg Saatgut im Sack unterbringen – schön. Weniger schön ist, dass es in der Mitte aufgrund der doppelten Tankversteifung kein Gitter gibt und die Hochstellarretierung zu filigran ist.
Optional gibt es einen oder zwei Leermelder (385 €) – links und rechts. Diese lassen sich per Flügelschraube in der Höhe einstellen. Bei leerem Tank piept dann das Terminal, wenn das Spornrad dreht. Den Fehler kann man durch langes Drücken quittieren. Wir würden anstatt den zweiten Leermelder eine Kamera im Tank montieren.
Insgesamt läuft der Tank durch die (abschaltbare) Rührwelle und die Trichter zu den Dosierrädern sehr gut leer – top. Das Dosiersystem hat Pöttinger beibehalten. Ein Grob- und ein Feinsärad teilen sich den Platz auf der Säwelle an jedem Auslass. Vor jedem Dosierrad sitzt ein Schieber, sodass man schnell von Fein- auf Grobsaatgut umstellen kann. Das hat uns gut gefallen.
Gut sind auch die Querverteilungen im Weizen (Variationskoeffizient: 2,5 %) und Raps (VK: 3,8 %). Für sehr feines und sehr grobes Saatgut bietet Pöttinger die Optionen Oberaussaat und Grobsäräder an. Für andere Säräder muss die Säwelle gezogen werden.
Mechanischer Dosierantrieb
Die Vitasem gibt es mit einer Isobus-Steuerung und damit auch mit einem elektrischen Antrieb. Dafür stehen verschiedene Terminalvarianten zur Verfügung. In der serienmäßigen Testvariante ist der Antrieb komplett mechanisch ausgeführt.
Ein Spornrad läuft dazu innerhalb der Arbeitsbreite hinter der Sämaschine auf Höhe des Striegels. Das Rad treibt über einen Kettenantrieb das stufenlose Getriebe an. Die Ketten müssen manuell gespannt werden. Das Getriebe lässt sich mit einer Skala von 0 bis 100 einstellen. Zudem gibt es am Ausgang des Getriebes eine Untersetzung. Durch Umstecken von zwei Klappsplinten lässt sich damit das Verhältnis von 1 : 1 auf 2 : 1 ändern. Dann dreht die Dosierwelle nur halb so schnell.
Wir nutzten das beispielsweise, um eine Zwischenfruchtmischung mit dem gröberen Särad mit nur 6 kg/ha ausbringen zu können. Problematisch war dabei aber die sehr langsame Drehzahl der Dosierwelle. Der Überwachungssensor an der Welle meldete deshalb dem Terminal eine stehende Welle. Die Alarmfunktion ließ sich immerhin abschalten. Zudem bietet Pöttinger Dosiereinsätze an, mit welchen man die Dosierräder zum Teil abdeckt, um die Menge zu reduzieren.
Abdrehen einfacher gemacht
Die zum Abdrehen benötigten Utensilien wie Kurbel, Waage und Abdrehsack sind (leider) an der rechten Maschinenseite untergebracht. Aus dem Saatguttank lässt sich ein Haken für die Waage ausklappen. Die Abdrehwannen lassen sich mittig entriegeln und herunterklappen. Dazu muss man allerdings auf das ordentliche Podest mit der schönen Treppe steigen. Hier findet man auch den Hebel für die Bodenklappen.
Mit der Kurbel lassen sich die heruntergeklappten Wannen einfach von der linken Seite unter die Dosierer schieben. Das hat uns super gefallen. Für die Grundeinstellungen findet sich ein Aufkleber im Tankdeckel. Um 1/40 ha abzudrehen, muss man 70 Umdrehungen mit der Kurbel drehen.
Bei uns war der optionale Elektro-Abdrehmotor installiert. Dieser dreht mit umgerechnet 6 km/h Fahrgeschwindigkeit. Dazu muss man außen eine Taste durchgehend gedrückt halten. Das Terminal zählt dabei die Umdrehungen runter und piept bei den letzten fünf. So kann man das Terminal auch in der Kabine lassen. Wir haben es aber meist heruntergenommen und mit dem integrierten Magneten direkt neben dem Getriebehebel platziert. Denn nach dem Abdrehen und Auswiegen gibt man den gewogenen Wert in das Terminal ein und man bekommt einen neuen Vorschlag für die Getriebestellung. Dabei berücksichtigt das Terminal auch die tatsächlichen Umdrehungen beim Abdrehen. Wir mussten maximal zwei Mal abdrehen, damit die Menge exakt passte – sehr schön.
Die Wannen laufen auf Rollen und lassen sich sehr gut von links entnehmen. Zusammen fassen die Wannen 13 kg Weizen. Beim Abdrehen kann man auch in die Wannen schauen und sehen, ob alle Auslässe gleichmäßig laufen. Insgesamt hat Pöttinger das Abdrehen deutlich einfacher gemacht. Wünschenswert wäre nur noch, wenn der Hersteller die Positionen der Utensilien und der Bodenklappeneinstellung sowie Wannenentriegelung auch auf die linke Seite bekommen könnte.
Auf den Abdrehmotor (560 €) würden wir verzichten und stattdessen die elektrische Saatmengenverstellung (881 €) wählen. Dabei stellt das Terminal die Getriebestellung selbst ein und es lässt sich während der Fahrt die Saatmenge verändern.
Tolles Scharsystem
Im Feld fällt das Saatgut durch eine Kombination aus Edelstahl- und Kunststoffrohr zu den Säscharen. Das soll auch bei Dinkel eine elektrostatische Aufladung verhindern. Die Doppelscheibenschare haben einen Durchmesser von 350 mm. Die Andruckrolle ist 50 mm breit und 330 mm groß. Die Tiefe stellt man jetzt zentral von der linken Seite aus ein. Die gelaserte Skala mit Zentimeterangabe ist top. Standardmäßig lässt sich die Saattiefe etwa zwischen 1 und 6 cm einstellen. Für größere Tiefen muss man die Andruckrolle per Werkzeug umstellen.
An Säscheiben gibt es serienmäßig Abstreifer aus Hartmetall, an den Andruckrollen ist das Option. Im Gegensatz zum Vorgänger sind die Abstreifer an den Rollen schräg angebracht, das soll Vorteile auf klebrigen Böden bringen. Wir hatten auch auf nassen Lehmböden keine Probleme. Ein Saatfurchenformer sucht man bei der mechanischen Sämaschine vergeblich.
Aber auch so waren die Feldaufgänge super – selbst unter stark wechselnden Bedingungen. Dazu trug sicherlich auch der hohe Schardruck bei.
Pöttinger hat nach eigenen Angaben diesen durch eine geänderte Gummiklemmung von 50 auf 60 kg erhöht. Wir haben maximal sogar 74 kg gemessen. Dabei ist der Druck auf beiden Scharreihen immer identisch, da vordere und hintere Reihe gleich konstruiert sind. Der Schardruck lässt sich zentral mittig hinten per Ratschenschlüssel (optional hydraulisch) einstellen. Eine gelaserte Skala hilft zur Orientierung.
Der Scharschritt liegt bei 30 cm. Das ist im Wettbewerbsvergleich einer der höheren Werte. Auch bei dem Reihenabstand von 12,5 cm und sehr widrigen Aussaatbedingungen im Spätherbst lief der klebrige Lehm anstandslos durch die Maschine.
Sauberer Abschluss
Für ein ebenes Abschlussbild sorgt der Striegel, der sich sowohl in Neigung und Druck einstellen lässt. Wir mussten ihn auf den schweren Böden auf die aggressivste Stellung justieren. Dann waren wir mit der Arbeit aber zufrieden, außer im Bereich des Spornrades. Denn hier lief kein Zinken hinterher. Teils konnte man dort ungeschlossene Saatfurchen finden.
Alles weitere in Kürze
Das Spornrad lässt sich nur klappen, wenn man die linke Beleuchtung zur Seite gedreht hat.
Pöttinger spart durch den Einsatz von Aluminium, z. B. am Tankdeckel, den Laufsteg oder die Scharträger, Gewicht. Insgesamt kommt die Maschine ohne Tegosem auf ein Gewicht von 3.050 kg und liegt damit im Bereich der Wettbewerber.
Die Fahrgassenschaltung hat uns gut gefallen. Es lassen sich maximal fünf Reihen je Spur schalten. Zwischen zwei Spurweiten (und wenn diese aneinandergrenzen auch drei) lässt sich einfach innerhalb von zwei Minuten hin und her schrauben.
Ab Werk lässt sich der Pneumatikstreuer Tegosem aufbauen. Der Streuer inklusive der Steuerung kommt von APV (top agrar-Ausgabe 8/2020). Die Pralltellerschiene lässt sich in der Neigung verstellen. Das Saatgut fällt vor den Striegel. Ausgebrachter Raps entwickelte sich sehr gut.
Die Verarbeitung und Schlauchverlegung gefallen über weite Strecken. Hier sind nur Details verbesserungsfähig.
Insgesamt hat uns die Drillkombination sehr gut gefallen. Das hat besonders voll ausgerüstet aber auch seinen Preis. Mit Tegosem kostete die Testmaschine gut 70.000 €.
In der Grundausstattung mit Doppelscheibenscharen sind es noch gut 50.000 €. Reicht eine Maschine mit Einscheibenscharen, kann man weitere 7.500 € sparen.