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Wolf Maisernte Gülle und Wirtschaftsdünger

topplus Ackerbau in der Schweiz

Der Nassreis-Pionier

Ackerbau in der Schweiz, das bedeutet kleine Strukturen und große Vielfalt. Léandre Guillod baut als einer von wenigen Landwirten Nassreis nördlich der Alpen an. top agrar hat den Praktiker besucht.

Lesezeit: 7 Minuten

Wenn der Landwirt Léandre Guillod seine Getreidebestände kontrollieren will, muss er erst mit Gummistiefeln durch wadentiefen Schlamm und Wasser waten. Hier am Rande des Murtensees betreibt er gemeinsam mit seinem Bruder Maxime Ackerbau der ganz besonderen Art: Nassreis. Die Reispflanzen mit ihren gelben Rispen erwartet man eher in der Poebene, doch nördlich der Alpen sind sie ein seltener Anblick.

Ursprünglich bewirtschaftete die Familie Guillod auf 22 ha einen reinen Ge­­müsebetrieb. Die Hauptkulturen sind Rucola und Feldsalat. Auf den Reisanbau stießen die beiden Brüder 2017 über ein Projekt des Forschungsinstituts Agroscope, das untersuchte, ob sich Reis auch nördlich der Alpen anbauen lässt.

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2019 starteten sie schließlich in den eigenen Reisanbau. Möglich machen das auch die immer wärmeren Temperaturen durch den Klimawandel: „Vor 10 Jahren wäre der Reisanbau hier klimatisch noch nicht möglich gewesen“, erklärt Léandre Guillod.

Generell sind beim Reisanbau zwei Anbauverfahren verbreitet: Die Körner auf dem trockenen Acker aussäen oder das Pflanzen in den Schlamm. Zu Beginn testeten die Brüder beide Verfahren auf 2 ha. Es zeigte sich, dass das Pflanzen deutlich besser funktionierte, zumal sie in Frankreich eine passende Reispflanzmaschine fanden. Mit ihr kann man Jungpflanzen direkt in den nassen Schlamm der tonigen Böden pflanzen. Durch den Gemüseanbau hatten die Guillods bereits Gewächshäuser, um Jungpflanzen heranzuziehen.

Neue Wege beim Wassermanagement

Für den Nassreisanbau mussten die beiden Landwirte ganze neue Wege beschreiten. „Wer aus dem herkömmlichen Ackerbau kommt, muss beim Nassreisanbau komplett umdenken“, sagt Guillod. „Der Anbau ist das Gegenteil von konservierender Bodenbearbeitung. Was gut für Reis ist, ist schlecht für andere Kulturen.“ Denn Reis gedeiht besonders gut auf verdichteten, staunassen Flächen – das Wassermanagement spielt also eine wichtige Rolle. Bevor sich eine neue Fläche bepflanzen lässt, muss man sie erst vorbereiten. Mit einem selbst entwickelten Scraper planieren die Brüder den Acker, bis er komplett auf einer Höhe ist, um einen gleichmäßigen Wasserstand zu ermöglichen.

Deiche aus Erde ringsherum halten das Wasser auf dem Feld. Léandre Guillod entnimmt das Wasser für seinen Reisanbau aus einem benachbarten Kanal, der die umliegenden Seen miteinander verbindet. Dafür muss er eine Wassernutzungsgebühr an den Kanton entrichten. Zum Pflanzzeitpunkt Mitte Mai beträgt der Wasserstand auf dem Feld rund 5 cm, danach steigert er die Wasserhöhe immer weiter bis auf ca. 15 cm. Erst wenn die Reispflanzen ab Juni ihre Abreife erreichen, stoppt Guillod die Wasserzufuhr. Durch Verdunstung und den Wasserbedarf der Pflanzen trocknet das Feld bis zur Ernte schließlich wieder etwas ab.

Der hohe Wasserstand bringt einige Besonderheiten mit sich. So kommen Unkräuter meist nicht mit dem Wasser zurecht. Trotzdem: „Bei Unkräutern findet die Natur einen Weg“, sagt Guillod. Mittlerweile treten auf den Feldern bestimmte Wasserpflanzen und Hirsen auf, die die Nässe vertragen. 

Da sie keine Herbizide einsetzen, müssen die Landwirte die Unkräuter deshalb mechanisch mit einer speziellen Hackmaschine, dem sogenannten Paddy Weeder entfernen oder von Hand jäten. Getreidekrankheiten sind im Reisanbau nicht aufgetreten. Eine Fruchtfolge gibt es auf den Flächen nicht. Der Landwirt berichtet, dass Nassreisfelder in Asien oft seit Jahrhunderten ununterbrochen mit Reis bestellt werden.

Fördernswerte Artenvielfalt

Besonders auffallend ist die Artenvielfalt auf den Feuchtflächen. Zahlreiche  Frösche springen ins Wasser, als wir uns dem Feldrand nähern. Bunte Libellen schwirren um unsere Köpfe und auch Kiebitze suchen hier nach Nahrung. Laut den Naturschützern der Region sind Guillods Felder ein Hotspot der Biodiversität. Ursprünglich war ein Großteil der Fläche rund um den Murtensee Sumpf, doch die Feuchtgebiete wurden entwässert, um Platz für Acker- und Gemüsebau zu schaffen.

Deshalb stehen die Naturschützer dem Nass­reisanbau in der Region sehr wohlwollend gegenüber. Für die ökologischen Vorteile erhalten die Guillods rund 1.000 CHF Förderung pro ha – dafür müssen sie auf den Reisfeldern, die als Biodiversitätsflächen ausgewiesen sind, allerdings auch Auflagen einhalten. Chemische Pflanzenschutzmittel können die Landwirte allerdings ohnehin nicht einsetzen, da es für die Nischenkultur keine Zulassungen gibt. Auf ­biologischen Anbau umzustellen kann sich Guillod aber nicht vorstellen, da dann noch zusätzliche Düngeauflagen hinzukämen. Zurzeit düngt er 70 kg/ha Harnstoff in zwei Gaben. 

Der Reis wird je nach Sorte im September oder Oktober geerntet. Die rechtzeitig Abreife vor dem Winter ist nördlich der Alpen eine Herausforderung. Die Erträge der Landwirte liegen bei rund 4 bis 5 t Reis pro ha. Laut ­Guillod liegt das Ertragspotenzial von Reis grundsätzlich bei 8 bis 9 t.

Da er wegen der Biodiversitätsauflagen nur etwa halb so viel Stickstoff einsetzt wie seine französischen und italienischen Berufskollegen, kann er diese Spitzenerträge aber nicht erreichen. Der Drusch beginnt, wenn das Korn zwischen 20 und 25 % Feuchtegehalt hat. Für die Ernte haben sich die Guillods einen kleinen Spezial-Drescher mit Raupenfahrwerk angeschafft. Damit sich die Körner lagern lassen, müssen die Landwirte sie auf 12 % herabtrocknen. Vor dem Verkauf müssen sie den Reis schälen, polieren und verpacken.

Reis-Sorten aus Italien und Japan

Guillod baut insgesamt fünf ver­schiedene Reissorten an, die sich auch optisch voneinander unterscheiden. Auf der Hälfte der 11 ha Anbaufläche wächst die italienische Risottosorte Loto, auf dem Rest stehen Exoten, wie z. B. ein japanischer Langkornreis oder die schwarze Sorte Ebano. Da sich die Flächen an zwei verschiedenen Orten befinden, verkaufen die Brüder ihre Produkte unter verschiedenen Marken, um die Regionalität ihrer Produkte herauszustellen: „Riz du Vully“ für den Reis aus dem Vully und „Aare Riis“ für die Ernte ihres Felds bei Aarberg.

Vermarktet wird die Ware über den eigenen Webshop sowie über Läden in der Region. Da der Reisanbau nördlich der Alpen noch eine winzige Nische ist, gibt es hier noch keine schützenden Zölle auf Reis-Importe. Daher konkurriert der Reis aus der Schweiz mit der deutlich günstigeren Ware auf dem Weltmarkt. Rund 11 Franken (CHF) pro kg kostet Guillods Reis an der Ladenkasse, während die Verbraucher für 1 kg Importreis nur etwa 2 bis 3 CHF/kg bezahlen. Der Landwirt ist aber überzeugt, dass seine Landsleute seine regionale Ware zu schätzen wissen. „Wir müssen den Leuten einfach erklären, was wir leisten“, sagt er. Laut Guillod ähneln Umsatz und Erlös beim Reisanbau denen des Gemüseanbaus.

Außer den Guillods gibt es mittlerweile rund zehn weitere Anbauer in der Schweiz. Aber nicht alle bleiben dauerhaft dabei – weil sie nicht mit dem Wassermanagement zurechtkommen oder nicht gut an Pflanzgut und passende Maschinen gelangen. Für die Brüder ist der Reisanbau aber mehr als nur ein Projekt, sie glauben an die exotische Kultur und wollen weiter davon leben können. Die Frösche wird es freuen.

Landwirtschaft im Kanton Fribourg

Der Kanton Fribourg (deutsch: Freiburg) liegt im Westen der Schweiz. Hier fallen über 1.000 mm Niederschlag jährlich, die Durchschnittstemperatur liegt bei 8,7 °C. Der nördliche Teil des Kantons liegt im flacheren Schweizer Mittelland, der Süden ist alpin geprägt. In Fribourg wird auf rund 60 % der Fläche Landwirtschaft betrieben, wovon rund 1/3 auf Ackerfläche entfällt, der Rest ist Grünland. Der Anteil an Biofläche liegt unter 10 % und gehört damit zu den niedrigsten in der Schweiz. Während die Landwirte in den Alpen überwiegend Milchwirtschaft betreiben, liegt der Fokus im Mittelland auf dem Acker- und Gemüseanbau. Neben Getreide und Hackfrüchten wachsen in der Region auch Sonderkulturen wie Tabak und Wein. Die Mehrheit der Fribourger spricht Französisch, rund ein Viertel spricht Schweizerdeutsch.

Transparenzhinweis: Die Autorin verfasste den Beitrag im Zuge des Jahreskongresses der International Federation of Agricultural Journalists. Ihre Teilnahme wurde finanziell von der Lemken GmbH & Co. KG unterstützt.

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