Einloggen / Registrieren

Startseite

Schlagzeilen
Meinung & Debatte
Newsletter
Messen & Termine
Themen
Wir für Euch
Heftarchiv
Sonstiges

Bundestagswahl 2025 Maul- und Klauenseuche Gülle und Wirtschaftsdünger

topplus Ratgeber

Getreidedüngung – aus dem Vorjahr lernen

Die letzten zwei Jahre waren in den meisten Regionen keine guten Getreidejahre. Extreme Wetterbedingungen trafen auf restriktive Düngeregeln. Was lässt sich für 2025 daraus ableiten?

Lesezeit: 9 Minuten

Die abgelaufene Weizenernte lässt vielerorts mit „ernüchternd“ noch optimistisch beschreiben. Zwar blieb das große Übel mit Fallzahlproblemen und Auswuchs, wie zur Ernte 2023 aus, dennoch offenbarten sich teils sehr empfindliche Umsatzeinbußen infolge von Ertrags- und/oder Proteineinbrüchen. Dabei sind sowohl regionale als auch einzelbetrieblich große Unterschiede in den Ernteergebnissen aufgetreten.

Klar ist aber auch: Die besonderen Witterungsbedingungen des Anbaujahres 2023/2024 waren im negativen Sinne prädestiniert, um diese Unterschiede der Standorte zutage zu fördern. Daher lohnt sich ein etwas detaillierterer Rückblick, um daraus mögliche Lehren ziehen zu können. Zumal es in den letzten Wochen verbreitet wieder ergiebigen Regen gegeben hat und die Böden erneut wassergesättigt sind.

Das Getreide hatte zu wenige Wurzeln für eine gute Ernte

Die Misere begann für viele Betriebe bereits im Herbst 2023. Die sehr hohen Niederschläge in den Sommermonaten hatten die Böden weitgehend aufgefüllt. Bodenbearbeitung und Aussaat liefen unter nicht optimalen Bedingungen ab. Oftmals waren die aus der Ernte 2023 resultierenden Strukturschäden nicht mehr zu beseitigen. Saaten ab Mitte Oktober waren vielfach nur mit großen Zugeständnissen an die Bodenstruktur zu realisieren. Die Folge war eine spärliche Bewurzelung und sich zögerlich entwickelnde Bestände.

Extreme Herbst- und Winterniederschläge setzten dem schwachen Wurzelwerk weiter zu. Damit fehlten insbesondere die für die Cytokininbildung wichtigen Feinwurzeln. Die Zellteilungsaktivität war gehemmt und so litten nicht nur die Bestockung, sondern mit der Kornzahl pro Ähre und dem TKG gleich alle drei Ertragskomponenten.

Die schwachen Wurzeln schlugen sich aber nicht nur im Ertrag nieder, sondern auch in der Qualität. Hierbei dürfte die gehemmte Zinkaufnahme eine wichtige Rolle gespielt haben. Zink hat kurze Diffusionswege im Boden und die Wurzel muss es daher, ähnlich wie Phosphor, gezielt erwachsen. Das war 2024 kaum möglich. Zink hat wichtige Funktionen im Proteinaufbau. Der Zink-Mangel dürfte damit ein wichtiger Faktor für die knappen Proteingehalte gewesen sein.

Es fehlte dem Getreide an Stickstoff

Auf die beeinträchtigte Bodenstruktur aus 2023 traf dann ein sich nur langsam erwärmendes und lange feuchtes Frühjahr 2024. Diese Kombination aus Kälte, Nässe und Sauerstoffabschluss war das Worst-Case-Szenario für die Stickstoffmineralisation (N). Die Winterungen sind in der Ausnutzung der N-Nachlieferung aus Bodenhumus, Vorfrucht und langjähriger organischer Düngung (Nmob) ohnehin im Hintertreffen, da der Hauptstickstoffbedarf von Wintergetreide, insbesondere Wintergerste, in der Regel deutlich vor der Hauptmineralisationsphase liegt. Die verzögerte N-Nachlieferung in 2024 traf das Wintergetreide damit besonders hart. Dieser Nachteil verschärft sich noch durch die restriktiven Vorgaben der Düngeverordnung (DüV). Die Übersichten 1 und 2 verdeutlichen, welchen Einfluss die N-Nachlieferung auf hohe Erträge und stabile Proteingehalte hat.

Grundsätzlich setzt sich der N-Bedarf der Pflanze aus dem Entzug über das Korn und einem Ansatz für Stroh- und Wurzelaufbau zusammen. Der Gesamtbedarf muss aus pflanzenbaulicher Sicht um die Stickstoffmenge ergänzt werden, die nach der Ernte im Boden verbleibt, d. h. nicht durch die Pflanze entzogen werden kann (Rest-N). Vergleicht man den errechneten Bedarf für Futter- und Qualitätsweizen mit den entsprechenden Werten der DüV, wird ersichtlich, dass sich die Versorgungslücke mit zunehmendem Proteingehalt vergrößert (Übersicht 1).

Boden-Stickstoff: das Zünglein an der Waage

Stellt man den Bedarf für einen A-Weizen laut DüV der pflanzenbaulich exakten Kalkulation unter Berücksichtigung verschiedener Nachlieferungsleistungen gegenüber (Übersicht 2), lassen sich folgende Schlüsse ziehen:

Unter optimalen Bedingungen (Sze­nario 1) mit guter Vorfrucht, schneller Erwärmung, intaktem Boden und üppiger Herbstentwicklung lassen sich die Vorgaben der DüV einhalten. Es bleibt sogar noch etwas Spielraum.

Ist die Nachlieferung aufgrund eines kalten Frühjahrs verringert (z. B. die Regel für Küstenstandorte), ist der kalkulierte Bedarf (Szenario 2) eine Punktlandung auf der erlaubten DüV-Menge.

Kommt zusätzlich eine schwache Bodenstruktur und Herbstentwicklung hinzu (Szenario 3), ist die Lücke zwischen erlaubter Menge nach DüV und tatsächlichem Bedarf erheblich. Hier fehlt der berühmte „Reparatur-Stickstoff“.

Werden in Szenario 3 letztlich nur die nach DüV erlaubten 180 kg N/ha gedüngt und wird weiterhin unterstellt, dass der Bedarf für Wurzelbildung und Strohaufbau konstant bleibt, verbleiben für das Korn statt der benötigten 160 kg N/ha (80 dt/ha und 13 % Protein) nur noch 110 kg N/ha. Rechnerisch sind dann zwei Fälle möglich:

Der Proteingehalt bleibt stabil (z. B. durch vorteilhafter Sorteneigenschaften). Dann reicht die vorhandene N-Menge noch für ca. 55 dt/ha Kornertrag.

Der Ertrag bleibt stabil (z. B. wegen ertragsbetonter N-Strategie). Dann reicht die vorhandene N-Menge noch für ca. 9 % Protein.

In der Praxis lag die Wahrheit oft in der Mitte. Solche Bestände sind meist mit 65 bis 70 dt/ha bei rund 11 % Protein durchs Ziel gegangen. Doch egal in welche Richtung das Pendel ausschlug, alle Varianten waren wirtschaftlich gleichermaßen desaströs.

Organischen Stickstoff nicht verlieren

Auch für Betriebe mit intensiver organischer Düngung waren die Bedingungen 2024 wenig vorteilhaft. Der organisch gebundene Stickstoff kam kaum zur Umsetzung und reduzierte die N-Ausnutzung durch die Pflanzen damit erheblich. Vor allem auf besseren Böden, auf denen auch ein Teil des NH4-N an Tonmineralen am Oberboden festklebt, war die Wirkung von Gülle und Gärrest ent­täuschend. Infolge der anhaltenden Nässe und des geringen Sauer­stoff­gehaltes in der Krume dürften zudem die Denitrifikationsverluste erheblich gewesen sein. 

Die frühestmögliche Aufbringung der organischen Dünger verspricht die höchste Nährstoffeffizienz. Das gilt sowohl für Stickstoff als auch für die enthaltenen Grund- und Mikronährstoffe. Eine Ansäuerung mittels Schwefelsäure kann N-Verluste über NH3-Entgasung fast vollständig verhindern und sollte verstärkt Einzug in die Praxis erhalten. Gleiches gilt für NIRS-Sensoren, die für deutlich homogenere Bestände infolge gleichmäßigerer N-Verteilung sorgen.

Rote Gebiete - die Misere zeigt sich

Betriebe mit hohem Flächenanteil in Roten Gebieten gehörten definitiv zu den Verlierern des letzten Jahres. Vielfach wurden die N-Reserven des Bodens bereits in den Vorjahren durch Düngung unter dem Entzug beansprucht. Die sowieso schon reduzierte absolute Nachlieferungsleistung dieser Standorte wurde durch die schlechten Mineralisationsbedingungen (Nässe, Kälte) offensichtlich und greifbar. Die Bestände hungerten sich in die Ernte und die bereits ausgeschöpfte N-Düngung erlaubte kein Eingreifen mehr. Weizen mit 7 bis 8 % Protein war keine Seltenheit.

Da die letzte N-Gabe (Qualitätsgabe) zumeist die ineffizienteste ist, fällt diese bei knapper N-Verfügbarkeit zuerst weg. In Roten Gebieten ist es sinnvoll, die Düngung mit der Schossergabe (Ertragsgabe) abzuschließen, um zumindest den Ertrag zu sichern. Qualitätsweizenproduktion ist mit einer solchen Strategie nur noch beim Anbau proteinstabiler ­Sorten vorstellbar. Und trotzdem kommt es gleichzeitig darauf an, dass die Witterung rechtzeitig die N-Nachlieferung ermöglicht, um die Versorgungslücke der ausgebliebenen ­Qualitätsgabe zu verringern. Planbar ist das aber keinesfalls. Und damit ist die Unsicherheit in diesem Produk­tionsprozess enorm.

Was lehrt uns 2024?

Das Jahr 2023/2024 hat mit seinen Witterungsbedingungen wie unter einem Brennglas gezeigt, was uns zukünftig erwarten wird. Mit abnehmender Nachlieferungsleistung der Böden infolge unzureichender N-Versorgung, wird vor allem das Qualitätsrisiko unkalkulierbar. Dabei fordert der Markt derzeit verstärkt proteinstarke Partien.

Daher muss die im Betrieb zur Verfügung stehende N-Menge vorrangig dem Qualitätsweizen zugeführt werden. Zuckerrüben, Kartoffeln und Mais, die mehr von der Nachlieferung profitieren und weniger empfindlich auf ein knappes N-Angebot reagieren, müssen dafür in der N-Düngung zurücktreten. Weiterhin können Leguminosen bilanzfreien Stickstoff eintragen. Letztendlich sind aber auch das nur kurz- bis mittelfristige Hilfen. Am Ende muss die Erkenntnis stehen, dass die derzeitig zu­gestandenen N-Mengen nicht ausreichen, um unter Praxisbedingungen gute Weizenqualitäten bei gleichzeitig hohen Erträgen zu produzieren. Hoffen wir, dass der politische Erkenntnisgewinn schneller kommt, als der Nachlieferungsleistung unserer Böden die Luft ausgeht.

Ausblick 2025

Bestand gibt die ­Strategie vor

Bei der Bestandsaufnahme für 2025 zeigt sich ein ausgesprochenes Nord-Süd-Gefälle. Die Wahl der Gabenverteilung und der Stickstoffform richten sich daher individuell nach der jeweiligen Bestandesentwicklung.

Guter Start ins Jahr 2025 für den Norden

In den typischen küstennahen Frühsaatregionen und auch in großen Teilen des Nordostens konnten die Betriebe ihre optimalen Saattermine realisieren und das weitgehend ohne Kompromisse bei der Aussaatqualität. Diese Bestände sind üppig entwickelt und gut bewurzelt. Moderate, ammoniumbetonte (NH4) Startgaben dürften hier in allen Getreidearten erst einmal ausreichend sein. Genaue Empfehlungen entnehmen Sie den Übersichten 3 bis 5.

Wichtig für diese traditionell eher nachlieferungsschwachen, aber sehr ertragsstarken Standorte ist die frühzeitige zweite Gabe, die noch im März fallen muss. Anders als im wärmeren Südwesten springt die Nachlieferung dort sehr spät an und kann daher kaum einen Beitrag zum hohen Bedarf der Bestände zu Beginn der Großen Periode (beginnende Ährenstreckung) liefern. Hier darf kein Mangel entstehen.

Keine optimalen Bedingungen im Süden und Westen

Im Süden und auch Teilen des Westens kam durch hohe Niederschläge die Aussaat im September gar nicht erst richtig in Gang. Bis tief in den Oktober hinein waren die Aussaatbe­dingungen nicht optimal und nur mit Zugeständnissen an die Bodenstruktur umzusetzen. Typische Kreiseleggenhorizonte begrenzten  in diesen Beständen die herbstliche Wurzelentwicklung. Frost könnte hier aber noch Besserung bringen.

Wer die Nerven nicht verlor, den belohnte der trockene November mit guten Bedingungen. Diese Spätsaaten haben zwar weniger mit Strukturproblemen zu kämpfen, starten aber natürlich mit erheblichen Entwicklungsrückstand.

In beiden Fällen bedarf es ­einer startbetonten Düngung, die in jedem Fall auch eine Nitratkomponente enthalten sollte. Anionen wie Nitrat, aber auch Sulfat und Chlorid stimulieren die Feinwurzelentwicklung und damit die Cytokinin­bildung und fördern auf diesem Wege die ­Bestockung. Erhöhte Schwefelgaben zu Beginn sowie chlori­discher Kali können daher ebenfalls unterstützend wirken.

Mehr Schwefel bitte!

Schwefel ist als Baustein der essenziellen Aminosäuren Cystein und Methionin unabdingbar für die Proteinsynthese. Da die Schwefeleinträge aus der Luft mittlerweile marginal sind, muss Schwefel gedüngt werden. Diese Erkenntnis ist nicht neu, jedoch gehören die Standardmengen von 20 bis 30 kg S/ha auf den Prüfstand. Neue Versuchsergebnisse zeigen die Vorzüge einer deutlich intensivierten Schwefeldüngung hinsichtlich des Rohproteinertrages und damit der N-Ausnutzung.

Wie die Übersicht 6 für Weizen belegt, erwies sich eine erhöhte Schwefeldüngung auf dem N-nachlieferungsstarken Versuchsstandort im Harzvorland im Vergleich zu einer ausgeweiteten N-Düngung als deutlich effektiver.

Diese Erkenntnisse sind auch auf Gerste und Roggen übertragbar. Auch hier empfiehlt es sich, die Schwefeldüngung auf 40 kg S/ha anzuheben.

Ihre Meinung ist gefragt

Was denken Sie über dieses Thema? Was beschäftigt Sie aktuell? Schreiben Sie uns Ihre Meinung, Gedanken, Fragen und Anmerkungen.

Wir behalten uns vor, Beiträge und Einsendungen gekürzt zu veröffentlichen.

Mehr zu dem Thema

top + Wissen, was zählt.

Voller Zugriff auf alle Beiträge, aktuelle Nachrichten, Preis- und Marktdaten - auch in der App.

Wie zufrieden sind Sie mit topagrar.com?

Was können wir noch verbessern?

Weitere Informationen zur Verarbeitung Ihrer Daten finden Sie in unserer Datenschutzerklärung.

E-Mail-Adresse

Vielen Dank für Ihr Feedback!

Wir arbeiten stetig daran, Ihre Erfahrung mit topagrar.com zu verbessern. Dazu ist Ihre Meinung für uns unverzichtbar.