Einloggen / Registrieren

Startseite

Schlagzeilen
Meinung & Debatte
Newsletter
Messen & Termine
Themen
Wir für Euch
Heftarchiv
Sonstiges

Bundestagswahl 2025 Maul- und Klauenseuche Gülle und Wirtschaftsdünger

Versorgung in Gefahr

Länder schlagen wegen Schilf-Glasflügelzikade Alarm

Die Ausbreitung der Schilf-Glasflügelzikade und der von ihr übertragenen Krankheiten bedroht ernsthaft den Kartoffel- und Rübenanbau. Die Landwirte sind sauer, dass das BMEL so träge reagiert.

Lesezeit: 5 Minuten

Die Länder fordern Maßnahmen zur Bekämpfung der Schilf-Glasflügelzikade. Die Amtschefkonferenz (ACK) hat den Bund gebeten, bereits für die Saison 2025 eine Notfallzulassung wirksamer Pflanzenschutzmittel sicherzustellen. Zudem sollen die Rahmenbedingungen für die Entwicklung und reguläre Zulassung von Pflanzenschutzmitteln verbessert werden.

Auf europäischer Ebene soll sich der Bund dafür einsetzen, dass die Möglichkeiten des Schutzes vor Schaderregern voll ausgeschöpft werden. Dringend geboten sei es, chemisch-synthetische Wirkstoffe zu erhalten und notwendige Bausteine wie moderne Pflanzenschutz- und Züchtungsverfahren verfügbar zu machen.

Massive Verluste befürchtet

In ihrem Beschluss zeigen sich die Amtschefs der Länderagrarministerien besorgt über die möglichen Schäden, insbesondere bei Zuckerrüben sowie Kartoffeln und anderen Gemüsekulturen. Befürchtet werden massive Verluste nicht nur für Anbauer, sondern auch die verarbeitende Industrie und damit die Selbstversorgung mit pflanzlichen Nahrungsmitteln in Deutschland insgesamt.

Es sei daher dringend erforderlich, kurzfristig effektive und nachhaltige Lösungen zum Schutz der Kulturen vor der Schilf-Glasflügelzikade zu erarbeiten, heißt es in einem ACK-Beschluss von Donnerstag.

Lebensmittelproduktion in Gefahr

Zuvor hatten bereits Vertreter der Landwirtschaft angesichts der Ausbreitung der Schilf-Glasflügelzikade Alarm geschlagen. Sie sehen die inländische Agrarproduktion und damit die Versorgung mit heimischen Grundnahrungsmitteln ernsthaft bedroht.

Beim Runden Tisch im Bundeslandwirtschaftsministerium (BMEL) seien zwar die grundsätzlichen Probleme erkannt worden, konkrete Zusagen für kurzfristige Maßnahmen seien jedoch ausgeblieben, beklagte der Präsident des Deutschen Bauernverbandes (DBV), Joachim Rukwied, am 14. Januar in Berlin. Das Ministerium habe stattdessen primär auf langfristige Lösungsansätze wie integrierte Züchtung und eine veränderte Fruchtfolgegestaltung verwiesen.

Rukwied wirft dem BMEL deshalb vor, den Ernst der Lage offensichtlich nicht erkannt zu haben. „Wir brauchen jetzt Lösungen für 2025 und die können kurzfristig nur in der Notfallzulassung von wirksamen Pflanzenschutzmitteln liegen“, mahnte der Bauernpräsident.

Jetzt entschlossen handeln! 

Der Präsident des Rheinischen Landwirtschafts-Verbandes (RLV) und Vorsitzende der Arbeitsgemeinschaft Deutscher Rübenbauerverbände (ADR), Bernhard Conzen, schlug in dieselbe Kerbe.  „Wenn wir jetzt nicht entschlossen handeln, gefährden wir nicht nur die Zuckerversorgung, sondern durch die Ausbreitung der Zikade auf Kartoffeln und viele Gemüsekulturen auch die Grundversorgung der Bevölkerung mit heimischen Lebensmitteln“, warnte Conzen. Die Zeit für lange Diskussionen sei nicht vorhanden, gebraucht würden jetzt pragmatische Lösungen.

Die von der Zikade übertragenen Krankheitserreger - ein Stolbur-Erreger sowie ein Proteobakterium - führten bereits jetzt zu erheblichen Ertrags- und Qualitätsverlusten, stellte Conzen fest. Allein bei den Zuckerrüben sei die betroffene Fläche von 40.000 ha im Jahr 2023 auf mindestens 75.000 ha im vergangenen Jahr gestiegen. Das entspreche etwa 20% der deutschen Rübenanbaufläche.

Der Vorsitzende der Wirtschaftlichen Vereinigung Zucker (WVZ), Dr. Stefan Streng, wies ergänzend darauf hin, dass die Schilf-Glasflügelzikade nicht nur einzelne Ackerschläge befalle, sondern ganze Naturräume. Ohne Gegenmaßnahmen sei mit einem weiteren Anstieg des Befalls zu rechnen. Nach dem Austausch im BMEL erwarte er, dass das Ministerium seinen Beitrag ebenfalls leiste, betonte Streng. Anderenfalls, und da stimme er Bundesminister Cem Özdemir ausdrücklich zu, „müssen wir uns große Sorgen um die Produktion heimischer Lebensmittel machen“.

GAP-Konditionalität ist anzupassen

Aus Sicht des Vorsitzenden der Union der Deutschen Kartoffelwirtschaft (UNIKA), Olaf Feuerborn, bedarf es eines strategisch aufeinander abgestimmten Bündels von Maßnahmen, um die Eigenversorgung mit Kartoffeln zu sichern. Eine Reduzierung auf ackerbauliche oder züchterische Maßnahmen reiche nicht, um der existenziellen Bedrohung des Anbaus zu begegnen und den Rohstoff zu sichern.

Feuerborn wies darauf hin, dass die Kartoffelbranche bereits Forschungsprojekte in Eigeninitiative auf den Weg gebracht habe. Um kurzfristig die Regionen zu schützen, müssten aber auch alle Möglichkeiten im Bereich des Pflanzenschutzes genutzt werden.

Laut Feuerborn ist zudem eine Anpassung in der Konditionalität der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) erforderlich, um alle ackerbaulichen Maßnahmen zu erproben und zu optimieren, damit die stetig steigende Population der Zikaden eingedämmt werden kann.

Der stellvertretende Vorsitzende des Bundesverbandes der obst-, gemüse- und kartoffelverarbeitenden Industrie (BOGK), Ernst-Rainer Schnetkamp, unterstrich die Bedeutung des heimischen Kartoffelanbaus für die Verarbeitungswirtschaft. Diese nehme mehr als die Hälfte der in Deutschland erzeugten Kartoffeln zur Herstellung von Lebensmitteln auf. Die Mengen könnten nicht durch andere Herkunftsregionen ersetzt werden, gab Schnetkamp zu bedenken.

Weiteres Treffen für März geplant

Von Seiten des BMEL hieß es, beim Runden Tisch seien konkrete Lösungsansätze besprochen worden, um die Ausbreitung der Schilf-Glasflügelzikade rasch in den Griff zu bekommen. Die enge Zusammenarbeit zwischen Praxis, Ländern und den Behörden sowie Forschungseinrichtungen des Bundes sei entscheidend, um Schäden an den Ernten so schnell wie möglich eindämmen zu können. Das sei auch von Bedeutung für die gesamte Wertschöpfungskette.

Der Austausch werde in den kommenden Monaten fortgesetzt, teilte das Ministerium weiter mit. Das nächste bundesweite Fachgespräch zu den krankheitserregenden Bakterien SBR und Stolbur sei bereits für März geplant. Dann sollten weitere Forschungsergebnisse und mögliche Maßnahmen zur Bekämpfung der Zikade und der von ihr übertragenden Pflanzenkrankheiten vorgestellt werden.

Das BMEL betonte, es setze sich intensiv für die Bekämpfung dieser Problematik ein. Bereits jetzt werde die Forschung zur Schilf-Glasflügelzikade und den damit verbundenen Krankheiten unterstützt. Auch konkrete Maßnahmen zur Bekämpfung des Vektors, wie etwa die Zulassung von Schwarzbrachen, seien in der Vorbereitung. Eine Erweiterung von Indikationen bei bereits zugelassenen Pflanzenschutzmitteln solle geprüft werden.

Ihre Meinung ist gefragt

Was denken Sie über dieses Thema? Was beschäftigt Sie aktuell? Schreiben Sie uns Ihre Meinung, Gedanken, Fragen und Anmerkungen.

Wir behalten uns vor, Beiträge und Einsendungen gekürzt zu veröffentlichen.

Mehr zu dem Thema

vg-wort-pixel
top + Wissen, was zählt.

Voller Zugriff auf alle Beiträge, aktuelle Nachrichten, Preis- und Marktdaten - auch in der App.

Wie zufrieden sind Sie mit topagrar.com?

Was können wir noch verbessern?

Weitere Informationen zur Verarbeitung Ihrer Daten finden Sie in unserer Datenschutzerklärung.

E-Mail-Adresse

Vielen Dank für Ihr Feedback!

Wir arbeiten stetig daran, Ihre Erfahrung mit topagrar.com zu verbessern. Dazu ist Ihre Meinung für uns unverzichtbar.