Im Februar hatte die Technische Universität Kaiserslautern-Landau (RPTU) Untersuchungsergebnisse veröffentlicht, wonach Pflanzenschutzmittelrückstände das ganze Jahr über in niedriger Konzentration auftreten – sowohl im Boden als auch in der Vegetation – wir berichteten.
Nun einen Monat später ist das Thema in der Öffentlichkeit angekommen, nachdem SWR-Aktuell titelte: „Landschaft im Südwesten ist voll mit Pestiziden“. RPTU Ökotoxikologe apl. Prof. Dr. Carsten Brühl berichtete in dem Beitrag, dass die Forscher überrascht gewesen seien, die Pflanzenschutzmittel von den landwirtschaftlichen Flächen am Oberrhein auch im Pfälzerwald oder im Schwarzwald gefunden zu haben. "Die verbreiten sich deutlich weiter, als man so annimmt", sagt er.
Das hat laut Brühl mit der Verdunstung zu tun. Durch diesen Vorgang stiegen die Wirkstoffe vom Acker in höhere Luftschichten auf. Dort blase sie dann der Wind weg. "Regnet es, kommen die Pestizide im Niederschlag wieder runter." Neben Regen trage auch Staub zur Verbreitung bei: Pflanzenschutzmittel hefteten sich an Staubpartikel und würden dann vom Wind weitergetragen.
Weite Verbreitung
Zusammen mit Student Ken Mauser hat Brühl eine ganze Region intensiv auf Rückstände untersucht. Im Sommer vor drei Jahren hätten sie in der gesamten Oberrheinregion zwischen Bingen bei Mainz und Basel Bodenproben gezogen, berichtet der SWR weiter.
Die Proben hätten sie bewusst nicht nur in der Nähe von Feldern, Obstplantagen oder Weinbergen geholt - sondern auch an Orten wie dem Feldberg, dem höchsten Berg in Baden-Württemberg. Außerdem hätten sie mit Hilfe weiterer Daten hochgerechnet, dass Pestizide quasi in der gesamten Region zu finden sind, heißt es.
Auf dem Feldberg sollen die Forscher drei verschiedene Pestizide gefunden, im "Nationalpark Schwarzwald" vier. Für das Naturschutzgebiet "Kleine Kalmit" bei Landau in der Südpfalz haben sie ausgerechnet, dass es dort 15 verschiedene Stoffe geben könnte. Für die Experten sei das erschreckend. "Pestizide beeinflussen zum Beispiel die DNA, Zellmembrane, die Nervenleitung oder die Photosynthese. Das betrifft dann aber nicht nur die Blattlaus, die weg soll, sondern auch den Regenwurm, die Biene oder auch die Menschen, die in dieser Umwelt leben und mit Pestiziden in Kontakt kommen", sagt Brühl.
„Mittel weiter begrenzen“
Insgesamt 63 verschiedene Pestizide hat das Forschungsteam nachgewiesen. Manchmal in nur geringen Mengen, aber vor allem mehrere auf einmal, so der SWR weiter. Gerade vor solchen Mischungen würden die Forscher warnen. Denn die Wirkungen könnten sich dadurch verstärken.
Ken Mauser fordert, dass die Landwirtschaft deutlich weniger synthetische Mittel als bisher einsetzen sollte.
Leserstimmen
"Spannend wären ja auch ma die gefundenen Mengen (Thema Grenzwerte). Es lässt sich ansonsten heute mit den immer besser werdenden Analysemethoden ja fast alles überall finden." (Andreas Bahnmüller)
"Ich lese hier wieder "hochgerechnet", "könnte" und "ausgerechnet". WAS ist denn nun WIRKLICH faktisch nachgewiesen? In welcher Konzentration? Und woher stammen diese Wirkstoffe wirklich? Neben der Landwirtschaft nutzen auch massenhaft Gartenbesitzer synthetische Pflanzenschutzmittel. Ebenso auch öffentliche Einrichtungen, wie Kommunen, und Betriebsverbände. Es bleiben also noch viele viele Fragen offen um ein wirklich objektives Votum abzugeben. Interessant ist die Verbreitung allemal. Wenn wir aber nun darauf rumreiten und einen weiteren Verzicht zur Sicherung unserer Nahrungsversorgung anstreben, dann müssen wir auch alle anderen Schadstoffbelastungen, wie Abgase von Autos und Industrie, etc. verlangen. Denn auch diese Schadstoffe sind für unsere Gesundheit und Genetik gefährlich." (Stefan Lehr)
"Unglaubwürdig. Pauschal - Pestizide" (Hermann Zeller)