Dieses Interview ist zuerst erschienen im "Wochenblatt für Landwirtschaft und Landleben".
Herr Losch, angenommen, ein Landwirt möchte Ackerland im Bieterverfahren verkaufen. Warum ist das aus Verkäufersicht reizvoll?
Julius Losch: In einem öffentlichen oder Online-Bieterverfahren werden die teilnehmenden Kaufinteressenten dazu bewogen, im direkten Wettbewerb das Kaufpreisangebot des Mitinteressenten zu überbieten. Der Verkäufer beabsichtigt, über diese Strategie den Höchstpreis für seine Liegenschaft zu erzielen.
Konkurrenz belebt also das Geschäft. Wo liegen die Vorteile?
Losch: Es handelt sich zumeist um ein standardisiertes und für den Makler schnelles Verkaufsverfahren, in welchem die Teilnehmenden in der direkten Konkurrenzsituation angehalten sind, ihre maximale Zahlungsbereitschaft preiszugeben. So kann ein Bieterverfahren unter Umständen den gewünschten Erfolg erzielen, wenn alle Kaufinteressenten mit einer hohen Zahlungsbereitschaft teilnehmen können und wollen.
Welche Nachteile gibt es?
Losch: Wir haben es in der Landwirtschaft mit einer konservativen und sensiblen Kundenklientel zu tun, welche viel Wert auf Diskretion und individuelle Betreuung legt. Uns sind nicht wenige zahlungskräftige Kaufinteressenten bekannt, die von der Teilnahme an einem öffentlichen oder Online-Bieterverfahren grundsätzlich absehen.
Wieso das?
Losch: Ein Bieterverfahren ist keine Auktion mit gesetzlich geregelten und verbindlichen Rahmenbedingungen. Der Kaufinteressent wird in einem direkten öffentlichen Bieterwettkampf dazu animiert, seine maximale Zahlungsbereitschaft preiszugeben. Dabei besteht kein Anspruch für ihn, selbst als Höchstbietender der Erwerber zu werden, noch weiß er zwingend, ob seine Mitbieter bonitätsgeprüft sind und über genauso ernsthaftes Kaufinteresse verfügen, wie er selbst. Ein jeder kann nach dem Bieterverfahren sein Gebot zurückziehen. Diese Vorgehensweise wirkt zum Teil abschreckend und hindert potenziell wichtige Kaufinteressenten an einer Teilnahme an öffentlichen oder Online-Bieterverfahren. Zudem können bei einem öffentlichen oder Online-Bieterverfahren alle Teilnehmer den Zuschlagspreis sehen und sich oftmals im Nachgang, insbesondere unter den Landwirten, erschließen, wer der Erwerber zu dem Zuschlagspreis war.
Für zum Beispiel Kommunen oder Konzerne mit langen Entscheidungswegen und erforderlichen Gremienbeschlüssen können die festgelegten Rahmenbedingungen wie der Zeitpunkt der Gebotsabgabe eines Bieterverfahrens nicht umsetzbar sein, weshalb diese als Teilnehmer entfallen können.
Wie läuft ein Bieterverfahren ab?
Ein Bieterverfahren ist eine Vermarktungsstrategie beim Immobilienverkauf, wie etwa für Ackerland. Der Ablauf und die Bedingungen dieses Verfahrens sind nicht gesetzlich geregelt und können individuell bestimmt werden.
Üblicherweise legt der Verkäufer gemeinsam mit einem Makler die Bedingungen fest. Kaufinteressenten bekommen die Informationen zur Immobilie direkt beim Makler. Sie können ihr Kaufpreisangebot in einem bestimmten Zeitraum abgeben. Diese Frist legen Verkäufer und Makler fest. Der Verkäufer darf selbst entscheiden, ob später eingehende Kaufpreisangebote berücksichtigt werden sollen.
Im Unterschied zur konventionellen Vermarktung entscheidet sich der Verkäufer bei einem Bieterverfahren meist für einen Richt- oder Mindestpreis, mit der Absicht, dass die Kaufinteressenten diesen mit ihren Kaufpreisangeboten im Wettbewerb überbieten. Die Bonität des Käufers wird nicht automatisch geprüft.
Was ist mit der Maklerprovision: Zahlt nur der Verkäufer?
Losch: Nein. Beim Verkauf von Ackerland ist gesetzlich nicht vorgegeben, dass die Maklerprovision ausschließlich durch den Verkäufer zu zahlen ist. Die Zahlung der Maklerprovision legen Verkäufer und Makler vor dem Verfahren fest. Im Gegensatz zum Verkauf von Wohnungen und Einfamilienhäusern, ist die Courtage beim Verkauf von Ackerland nicht per Gesetz festgelegt. Hier wird auf die „ortsübliche“ Maklercourtage verwiesen. Diese deckt sich in Nordrhein-Westfalen allerdings mit den gesetzlichen Vorgaben für Einfamilienhäuser und Wohnungen und beträgt für Käufer sowie Verkäufer jeweils 3,57 % vom Kaufpreis inklusive der gesetzlichen Mehrwertsteuer.
Noch mal zum Vorgehen: Banken setzen auf Bieterverfahren. Ist das aus Ihrer Sicht eine gute Idee, um Ackerland zu verkaufen oder verzockt sich der Verkäufer?
Losch: Sofern sichergestellt werden kann, dass alle potenziellen Interessenten mit der höchsten Zahlungsbereitschaft informiert sind und an einem Bieterverfahren teilnehmen, kann dies unter Umständen zum gewünschten Erfolg führen. Sollte ein Verkäufer einen Verkauf seines Ackerlandes in einem Bieterverfahren wünschen, sollte dieser zunächst vollständig über die Vor- und Nachteile aufgeklärt sein. In jedem Fall sollte eine Bonitätsprüfung erfolgen, bevor ein Käufer ein Gebot einreicht. Ratsam ist auch, die Flächen vorab fachkundig bewerten zu lassen.
Sie raten also eher vom Bieterverfahren ab und zum Verkauf auf konventionelle Art. Warum das?
Losch: Bei einem konventionellen Verkaufsverfahren wird eine Kaufpreisforderung kalkuliert, die auf Markterfahrung beruht und leicht oberhalb der maximalen Zahlungsbereitschaft des vermeintlichen Höchstbietenden liegen sollte, sodass hier auch die maximale Zahlungsbereitschaft des Höchstbietenden selbst abgerufen werden kann, was im Bieterwettbewerb nicht erfolgt.
Darüber hinaus kann im konventionellen Verkaufsprozess individuell auf die sehr unterschiedlichen Käufergruppen und deren Bedingungen eingegangen werden, sodass hier alle zahlungskräftigen Kaufinteressenten diskret angesprochen und individuell abgeholt werden können, um letztlich den Höchstpreis für den Verkäufer zu erzielen.