Einloggen / Registrieren

Startseite

Schlagzeilen
Meinung & Debatte
Newsletter
Messen & Termine
Themen
Wir für Euch
Heftarchiv
Sonstiges

Bundestagswahl 2025 Maul- und Klauenseuche Gülle und Wirtschaftsdünger

topplus Zunehmend mehr Leitungsbau

Erdkabel für Strom: Was die Trassen für Landwirte bedeuten

Der Ausbau der Stromtrassen von Nord nach Süd findet vielerorts als Erdverkabelung statt, nicht als Freileitung. Viele Landwirte sehen das kritisch und fürchten negative Auswirkungen auf ihren Acker.

Lesezeit: 4 Minuten

"Mit der Entscheidung hin zum Erdkabel hat sich die Politik dem Druck der Bürgerinitiativen gebeugt – das neue Gesetz verlagert das Risiko der neuen Technik aber voll und ganz auf die Bauern!“ Über diesen Teil des neuen Gesetzes zur Beschleunigung des Energieleitungsausbaus kann Rechtsanwältin Katrin Hucke nur den Kopf schütteln. Sie weiß, wovon sie spricht: Sie ist Hauptgeschäftsführerin des Bauernverbandes in Thüringen, wo gleich zwei Höchstspannungserdkabel den Bauern Kopfzerbrechen bereiten: Der Südlink und der Südostlink.

Doch das Thema Stromleitungsbau im Höchstspannungsbereich wird künftig auf viele Landwirte zukommen. Die Bundesnetzagentur teilt mit, dass Stand jetzt für den Ausbau des Stromnetzes rund 16.800 km Stromleitungen im Bundesbedarfsplangesetz (BBPlG) und im Energieleitungsgesetz (EnLAG) gesetzlich beschlossen sind, wovon 9.600 km der Prüfung und Genehmigung durch die Bundesnetzagentur unterliegen. Den anderen Teil bearbeiten die jeweiligen Bundesländer.

Erdkabel: Baustelle im Autobahnformat

Weil immer noch kaum etwas über die langfristigen Auswirkungen bekannt ist, stehen Landwirte Erdkabeln kritisch gegenüber. Viele bevorzugen die Freileitung, bei der erstmal „nur“ ein Ertragsverlust durch den Maststandort anfällt. Zu bedenken ist allerdings, dass Freileitungen eine Wohnbebauung verhindern könnten.

Bei Erdkabeln ist das elektrische Feld hingegen minimal, Gleichstromkabel produzieren sogar kein Feld. Auch schonen sie das Landschaftsbild, weshalb sie für viele Bürger trotz mindestens sechsmal so hoher Kosten die erste Wahl sind. Jedoch: Für Landeigentümer bedeuten Gleich- und Wechselstromerdkabel derzeit Großbaustellen im Autobahnformat, siehe Übersicht. Arbeiten bei schlechtem Wetter können beispielsweise zu irreparablen Bodenverdichtungen oder ertragschädigenden Vermischungen von Ober- und Unterboden führen.

Erdkabel erwärmen sich

Nach Abschluss der Arbeiten ist fraglich, ob und wie sich Boden und Wasserhaushalt auf der Trasse langfristig verändern. Denn die Erdkabel erwärmen sich. Wechselstromkabel erreichen im Inneren bei voller Auslastung bis zu 70 Grad Celsius, Gleichstromkabel etwas weniger. Die Abgabe von Wärme sollen Kabelbettungsmaterialien vermindern.

Welche Temperaturen letztendlich im Boden entstehen und wie die Kultupflanzen reagieren, ist bis dato aber unbekannt. Das Risiko von ungleichmäßigen Beständen durch Trockenschäden oder Krankheiten erscheint jedoch hoch. Dazu kommen massive Einschränkungen auf der Trassenoberfläche. So ist z. B. das Verlegen von Drainage- und Beregnungsleitungen behindert, Bauten und tiefe Pfähle sind auf der Trasse ebenso verboten wie das Anpflanzen von Bäumen. Bodenbewegungen, Anlage von Silos und Mieten etc. sind mit dem Netzbetreiber abzustimmen

Bundesnetzagentur für Bodenschutz zuständig

Wer sich als Landwirt für mehr Bodenschutz während der Arbeiten einsetzen will, sollte wissen: Das Gesetz zur Beschleunigung des Energieleitungsausbaus verpflichtet die Bundesnetzagentur direkt, für geeignete Überwachungsmaßnahmen zu sorgen (§ 43i EnWG). Sie können damit den Druck auf Übertragungsnetzbetreiber deutlich erhöhen, den Bau unter bodenschützenden Aspekten auszuführen.

Übrigens: Nach § 44 EnWG ist es den Netzbetreibern erlaubt, bereits im Vorfeld der Planung und Bauausführung Untersuchungen auf Ihren Flächen durchzuführen. Sie müssen Bodenuntersuchung vorab also dulden – und sollten es auch: Denn letztendlich kommen die Ergebnisse Ihnen zugute.

Landwirte sollten verhandeln

Auch wenn die Entschädigung gesetzlich festgelegt ist. Landwirte können weitere Punkte verhandeln. Besonders wichtig ist, die gesetzlich möglichen Höchstgrenzen bei der Entschädigung vertraglich zu sichern. Insbesondere für Erdkabel wären zusätzliche Entschädigungen wünschenswert, um die Kluft zur Freileitungsentschädigung zumindest ansatzweise zu schließen. Denkbare Ansatzpunkte in Verhandlungen, um Ihre Interessen zu wahren, sind u.a.:

• Zusätzliche Entschädigung des Arbeitsstreifens (ca. 40 m) beim Erdkabelbau festschreiben.

• Haftung für Schäden begrenzen und mehr Bodenschutz vereinbaren.

• Konkrete Schäden im Betrieb festhalten, etwa durch ein Bautagebuch, Vorab-Bodenproben, Fotos.

• Keinesfalls abschließende Ausgleiche für Nutzungsschäden oder Befristungen von Schadenersatzansprüchen unterschreiben.

Rechtlichen Beistand suchen

Um auf der sicheren Seite zu sein, brauchen Landwirte aber rechtlichen Beistand. Die Rahmenverträge der Bauernverbände sind hier auch künftig unverzichtbar. Betroffene Landwirte sollten sich zur Vertragsverhandlung auf jeden Fall zusammenschließen.

Über die Verträge hinaus sollten Sie alle Möglichkeiten nutzen, um sich einzubringen.

Zu bedenken ist allerdings: Wer den Beschleunigungszuschlag sichern möchte, obwohl er später auch rechtlich gegen die Leitung vorgeht, sollte das im Gestattungsvertrag mit dem Netzbetreiber schriftlich festhalten. Und: Wer sich ganz quer stellt, wird voraussichtlich enteignet. Denn die Stromversorgung gilt als öffentliche Aufgabe, die Enteignung ist mit dem Grundgesetz vereinbar. Aufgrund der besonderen Rechte dürfen die Netzbetreiber im Notfall sogar schon bauen, bevor der Enteignungsbeschluss da ist.

Ihre Meinung ist gefragt

Was denken Sie über dieses Thema? Was beschäftigt Sie aktuell? Schreiben Sie uns Ihre Meinung, Gedanken, Fragen und Anmerkungen.

Wir behalten uns vor, Beiträge und Einsendungen gekürzt zu veröffentlichen.

Mehr zu dem Thema

top + Wissen, was zählt.

Voller Zugriff auf alle Beiträge, aktuelle Nachrichten, Preis- und Marktdaten - auch in der App.

Wie zufrieden sind Sie mit topagrar.com?

Was können wir noch verbessern?

Weitere Informationen zur Verarbeitung Ihrer Daten finden Sie in unserer Datenschutzerklärung.

E-Mail-Adresse

Vielen Dank für Ihr Feedback!

Wir arbeiten stetig daran, Ihre Erfahrung mit topagrar.com zu verbessern. Dazu ist Ihre Meinung für uns unverzichtbar.