Gemäß Erntegut-Urteil müssen Händler seit 2024 nachweisen, dass Landwirte die abgelieferte Ernte unter Einhaltung des Sortenschutzes produziert haben, z.B. dadurch, dass sie Z-Saatgut verwenden und/oder Nachbaugebühren bezahlt haben.
Wie man diesen Nachweis führen kann, hatte 2024 zu handfesten Meinungsverschiedenheiten zwischen Landwirten, Pflanzenzüchtern, Agrarhandel, Bauernverband und IG Nachbau geführt.
Nach wie vor keine Einigkeit
Auch in diesem Jahr bleiben die Ansichten darüber, was nötig ist, unterschiedlich:
Die Saatguttreuhand, die auch die Nachbaugebühren für die Züchter einsammelt, bietet eine Lösung über die sogenannte Erntegut-Bescheinigung an. Landwirte müssen hier ihre Anbaudaten und Saatgutbelege auf der Webseite www.erntegut-bescheinigung.de eingeben oder einer Stichprobenprüfung zustimmen. Der Landwirt erhält dann eine Bescheinigung, die er beim Landhandel abgeben kann.
Da dieses Konzept letztes Jahr erst sehr spät vor der Ernte verfügbar war, ließen sich viele Händler von ihren Landwirten eine Erklärung unterschreiben, in der sie die Einhaltung des Sortenschutzes bestätigen. Es sprächen sehr gute Gründe dafür, dass auch die von den Juristen der Verbände erarbeitete Erklärung, die der Händler dem Landwirt zur Unterschrift vorlegt, ausreicht, so Dr. Philipp Spinne, Geschäftsführer des Deutschen Raiffeisenverbandes (DRV) gegenüber top agrar. Dies müsse jedoch im Streitfall ggfs. durch ein weiteres Gerichtsverfahren geklärt werden. Aus Sicht der DRV ist die Erntegutbescheinigung der STV die sicherste Variante, weil die STV dann keine Ansprüche mehr gegen den Händler erhebt.
Aus Sicht des Deutschen Bauernverbandes hat sich an der rechtlichen Situation im Vergleich zum Vorjahr nichts geändert. Der DBV hält es daher nach wie vor für ausreichend, mit einem kurzen Dreizeiler zu bestätigen, dass die geltenden saatgutrechtlichen Bestimmungen eingehalten wurden. Unerlaubten Saatgutnachbau durch fragwürdige Bürokratie zu bekämpfen, bewertet der DBV weiterhin als falschen Ansatz.
Die Interessengemeinschaft Nachbau (IG Nachbau) erklärt, viele Gespräche im Bundesgebiet geführt zu haben und so in vielen Fällen eine einvernehmliche Lösung zwischen Agrarhandel und Landwirten mit einfachen Lieferantenerklärungen erreicht zu haben. Die IG Nachbau und die Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft (AbL) e.V. raten den Landwirten davon ab, die Erntegut-Bescheinigung zu beantragen und zu benutzen.
Wenig Veränderung für Landwirte im Vergleich zu 2024
Fazit dieser Gemengelage: Für die Landwirte hat sich im Vergleich zum Vorjahr wenig geändert. Weiterhin kommt es darauf an, wie sich Handel und Landwirte vor Ort einigen.
Händler plädieren für möglichst wenig Bürokratie
Für Dr. Philipp Spinne, Geschäftsführer des DRV, steht im Vordergrund, dass die aus dem Erntegut-Urteil entstandenen Nachweispflichten für Handel und Landwirte vor Ort rechtlich sicher aber möglichst unbürokratisch umsetzbar sind. "Vor allem die Mehrheit der Landwirte, die redlich ihre Nachbaugebühren bezahlt, darf nicht mehr als nötig belastet werden," so Dr. Spinne.
"Wie es mit der Erntegutbescheinigung der STV weitergeht, hängt jetzt maßgeblich von der Akzeptanz der Landwirte ab," so die Einschätzung von Martin Courbier, Geschäftsführer von dem Verband "Der Agrarhandel" gegenüber top agrar.
Erklärung abgeben ist besser als nichts machen
Im vergangenen Jahr arbeitete die Mehrzahl der Händler mit einer Erklärung des Landwirts. Dies sei auch auf jeden Fall besser als sich gar keine Absicherung einzuholen. Doch die Erntegut-Bbescheinigung brächte dem Agrarhandel mehr Rechtssicherheit, betonte Courbier.
Wichtig ist dem Geschäftsführer von "Der Agrarhandel", dass der Agrarhandel seinen Pflichten aus dem Ernteguturteil zwar nachkommt, es sich bei den Sortenschutzfragen aber originär um ein Rechtsverhältnis zwischen Züchtern/STV und den Landwirten handelt. "Letztendlich muss das Thema dort gelöst werden," so Courbier.