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Grundsteuer: Es wird teurer - auch für Landwirte

Die neue Grundsteuer tritt bald in Kraft – viele Fragen sind noch offen. Was Landwirte jetzt wissen sollten, um Überraschungen zu vermeiden, erklärt Steuerberater Ludwig Gamigliano im Interview.

Lesezeit: 6 Minuten

Ludwig Gamigliano ist Steuerberater bei der wetreu Alfred Haupt KG in Münster.

Die neue Grundsteuer tritt in wenigen Wochen in Kraft. Wie weit ist der Prozess fortgeschritten?

Gamigliano: Wir haben für rund 98 % unserer Landwirte und Landwirtinnen die Grundsteuererklärung abgegeben, und fast alle haben bereits ihre Grundsteuermessbescheide erhalten. Allerdings beziehen sich die Erklärungen auf den Stand vom 1. Januar 2022, während die neue Grundsteuer erst ab dem 1. Januar 2025 in Kraft tritt. In den drei Jahren dazwischen haben sich in vielen Betrieben beispielsweise die Tierzahlen geändert oder es wurden Flächen gekauft oder verkauft. Deshalb müssen wir in diesen Fällen Wertänderungen erklären. Das ist ein sehr aufwendiger Prozess.

Die Finanzämter arbeiten zudem nicht einheitlich. Einige ändern zum Beispiel bei einem Grundstückskauf die Grundsteuerwertbescheide und in der Folge die Grundsteuermessbescheide automatisch, da sie eine Kopie des Notarvertrags erhalten. Andere reagieren nur auf Erklärung der Wertfortschreibungen. Zudem versenden manche Finanzämter für jeden einzelnen Flächenkauf unterjährig neue Bescheide, statt bis zum Jahresende zu warten und alle Änderungen in einem Bescheid zusammenzufassen. Das macht das Verfahren sehr unübersichtlich.

Fehlerhafte Bescheide

Welche Erfahrungen haben Sie bei der Prüfung der Grundsteuerwertbescheide gemacht?

Gamigliano: Diese sind oft fehlerhaft. Manche Finanzämter haben zum Beispiel nicht zwischen Hoffläche und Wegen unterschieden. In solchen Fällen haben wir Einspruch eingelegt. Diese Korrekturen müssen die Ämter teilweise noch abarbeiten. Immerhin lohnt sich der Aufwand: Die Werte in den korrigierten Bescheiden, die wir bislang zurückerhalten haben, fallen deutlich niedriger aus.

Was, wenn ich jetzt noch keinen Grundsteuerwertbescheid erhalten habe?

Gamigliano: Dann müssen Sie sich keine Sorgen machen. Zahlungspflichtig sind Sie erst, wenn die Kommune Ihnen den endgültigen Grundsteuerbescheid und die Zahlungsaufforderung schickt.

Kann ich gegen einen Grundsteuerwertbescheid Beschwerde einlegen?

Gamigliano: Ja, das ist möglich. Nach Erhalt des Grundsteuerwertbescheides haben Sie einen Monat Zeit, um Einspruch einzulegen. Kommt der Bescheid per Post, beginnt die Frist drei Tage nach dem Datum des Poststempels. Ab dem 1. Januar 2025 beträgt diese Frist vier Tage. Die Fristen gelten auch für elektronisch übermittelte Bescheide.

Was passiert, wenn mir der Fehler erst sehr spät auffällt?

Gamigliano: Fehler können Sie auch nachträglich korrigieren lassen, aber nur, wenn diese zu einer Abweichung der Grundsteuerwertfeststellung von mehr als 15.000 € führen.

Landwirte zahlen 5 bis 10 % mehr

Was kann ich machen, wenn mein Finanzamt den Wert einer Fläche oder eines Gebäudes deutlich höher einschätzt, ohne dass ein offensichtlicher Fehler im Bescheid vorliegt?

Gamigliano: In solchen Fällen hilft ein Urteil des Bundesfinanzhofes – bisher allerdings nur für die Länder, die das Bundesmodell anwenden. Laut eines Erlasses der Finanzbehörden der Bundesländer, die das Bundesmodell anwenden, darf der sogenannte niedrigerer gemeiner Wert zur Bewertung herangezogen werden, wenn der im Bescheid festgestellte Wert diesen um mindestens 40 % übersteigt. Der gemeine Wert ist vereinfacht dargestellt, der Preis, der bei einem Verkauf erzielt wird, also der Preis, den ein fremder Dritter bezahlen würde. Dafür müssen die Eigentümer Nachweise wie ein Gutachten oder vergleichbare Unterlagen vorlegen.

Kann ich auch Einspruch gegen einen korrigierten Bescheid einlegen?

Gamigliano: Ja, das ist möglich. Auch hier haben Sie einen Monat Zeit für den Einspruch.

Neben den Grundsteuermessbeträgen beeinflussen die Hebesätze die Höhe der Grundsteuer. Liegen diese schon flächendeckend vor?

Gamigliano: Einige Kommunen haben ihre Hebesätze für 2025 bereits veröffentlicht, viele jedoch noch nicht. Wie sich die Sätze entwickeln, ist aktuell schwer abzuschätzen. Es gibt kein Register oder ähnliches, aus dem sich erste Tendenzen herauslesen lassen.

Müssen die Hebesätze bis zum 1. Januar 2025 vorliegen?

Gamigliano: Nein, das ist das Problem. Grundsätzlich haben die Gemeinden dafür Zeit bis 30.6.2025 .Danach kann nur ein Hebesatz beschlossen werden, welcher niedriger als der letzte ist. In der Regel dürfte es aber nicht so lange dauern. Ich rechne damit, dass in den nächsten Wochen mehr Klarheit herrscht.

Wird es am Ende für alle teurer?

Gamigliano: Ich vermute, dass es für Landwirte im Schnitt um 5 bis 10 % teurer wird. Besonders das Betriebsleiterhaus spielt hierbei eine Rolle. Bislang fiel dafür die Grundsteuer A an, jetzt meist die teurere Grundsteuer B. Allerdings müssen Landwirte nicht mit den hohen Beträgen für ihre Häuser rechnen, wie sie in der Stadt üblich sind. Im Außenbereich sind die Wertansätze deutlich niedriger.

Für Forstwirte wird es deutlich teurer

Was ist mit Forstwirten?

Gamigliano: Für Forstwirte wird es vermutlich teurer, da ihr Vermögen bisher sehr niedrig bewertet wurde. Jetzt werden Werte herangezogen, die eher den tatsächlichen Verhältnissen entsprechen.

Kann ich selbst abschätzen, ob ich mehr zahlen muss, wenn mein Bescheid noch nicht vorliegt?

Gamigliano: Das ist schwierig. Sie benötigen die Grundsteuermessbeträge für alle Grundstücke und Gebäude sowie die entsprechenden Hebesätze. Diese Werte müssen Sie multiplizieren und aufsummieren, um Ihre Zahllast zu berechnen. Klarheit herrscht daher oft erst, wenn die Bescheide für alle wirtschaftliche Einheiten vorliegen.

Was mache ich, wenn der Grundsteuerbescheid deutlich höher ausfällt als bisher?

Gamigliano: Einspruch können Sie nur gegen den Grundlagenbescheid einlegen, also in der Regel den Grundsteuerwertbescheid. Man sollte den Grundsteuerwertbescheid aber genau prüfen und eventuelle Fehler korrigieren lassen. Allerdings wird die Korrektur dann erst im nächsten Jahr berücksichtigt.

Kippt die Reform?

Können Forstwirte die Grundsteuer senken lassen, wenn ihre Flächen beispielsweise durch Borkenkäfer oder Sturm geschädigt wurden?

Gamigliano: Ja, wenn der Reinertrag einer Fläche um mehr als 50 % sinkt, etwa durch Sturm oder Borkenkäfer, kann die Gemeinde 25 % der Grundsteuer erlassen. Der Reinertrag ist der Nettogewinn eines Unternehmens abzüglich Steuern und Zinsen. Der niedrigere Wert muss jedoch durch einen Gutachter nachgewiesen werden, was schnell teuer wird. Daher rate ich: Beraten Sie sich zunächst mit Ihrem Steuerberater, ob sich der Aufwand lohnt.

Ist es möglich, dass ein Gericht die Grundsteuerreform noch kippt? Es gibt schließlich einige offene Verfahren.

Gamigliano: Das halte ich für unwahrscheinlich. Es könnte an einigen Stellen Nachbesserungen geben, aber die Reform wird vermutlich nicht zurückgenommen. Und wenn, dann wird es Änderungen für die Grundsteuer B geben. Die für Landwirte viel wichtigere Grundsteuer A dürfte davon nicht betroffen sein, schätze ich.

Ist die Kritik an der Grundsteuerreform mit Blick auf die Grundsteuer B berechtigt?

Gamigliano: Grundsätzlich war eine Reform nötig. Allerdings sehen wir oft große Wertunterschiede bei vergleichbaren Gebäuden, die auf unterschiedliche Bodenwerte zurückzuführen sind. Diese spiegeln nicht immer die Realität wider, da sie teils auf veralteten Daten basieren.

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