Das Agrarrecht-Symposium in Rostock am 5. März 2025 befasste sich mit aktuellen Entwicklungen im Agrarrecht. Dabei ging es auch um die Frage, welche Lehren Landwirte aus der Baywa-Krise ziehen sollten.
Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht, Dr. Thomas Hänsch, erläuterte, was Landwirte beachten müssen, wenn ein Landhändler in die Krise gerät und die Insolvenz droht. Er betonte die Bedeutung der Vertragsgestaltung.
Von der Unsicherheitseinrede Gebrauch machen
Zunächst stellte er klar, dass ein Vertrag wirksam und zu erfüllen ist, auch wenn der Landhändler in einer Krise steckt. Eine Krise führe nicht dazu, dass der Vertrag angefochten oder aufgelöst werden könne.
Liegt jedoch ein gegenseitiger Vertrag vor und muss man als Landwirt in Vorleistung treten, indem man zunächst sein Getreide liefert und dann bezahlt wird, kann man sich ggf. auf die so genannte Unsicherheitseinrede berufen. Dies ist aber nur möglich, wenn sich nach Vertragsabschluss eine mangelnde Leistungsfähigkeit des Landhändlers herausstellt. Dann besteht die Möglichkeit, dass Sie nicht vorleistungspflichtig sind und vom Landhändler erwarten dürfen, zuerst die Zahlung zu erhalten und dann zu liefern.
Kommt der Landhändler dem nicht nach und hat Ihre gesetzte Frist nicht eingehalten, können Sie vom Vertrag zurücktreten - vorausgesetzt, dass die mangelnde Leistungsfähigkeit des Händlers erst nach Vertragsabschluss erkennbar ist.
Sachdarlehensvertrag oder Lagervertrag?
Entscheidend ist vor allem die Art des Vertrags. Bei Einlagerungsverträgen wird zwischen Sachdarlehensverträgen und echten Lagerverträgen unterschieden. Sachdarlehensverträge sind im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) geregelt. Hier ist geregelt, dass Sie von Ihrem Vertragspartner nicht die gleiche Sache, sondern eine Sache gleicher Art und Güte zurückerhalten.
Beispiel: Sie liefern 1.000 t Brotweizen an den Landhändler und haben Anspruch darauf, dass der Landhändler Ihnen 1.000 t Brotweizen zurückgibt. In dem Moment, in dem Sie den Brotweizen abliefern, verlieren Sie aber Ihr Eigentum. Zwar haben Sie Anspruch darauf, anderen Brotweizen zurückzuerhalten. Geht Ihr Landhändler aber in der Zwischenzeit in die Insolvenz, haben Sie nur Anspruch auf Schadenersatz.
Bei einem echten Lagervertrag im Sinne des Handelsgesetzbuches (HGB) ist der Landhändler verpflichtet, Ihr Getreide einzulagern und zu verwahren. In der Praxis ist die Sammellagerung üblich. Ihr Getreide wird zusammen mit anderem Getreide eingelagert. Sie verlieren zwar das Eigentum an Ihrem Getreide, erhalten aber gleichzeitig Miteigentum an dem anderen Getreide in Höhe der von Ihnen gelieferten Menge. Im Falle der Insolvenz des Landhändlers haben Sie ein Aussonderungsrecht. Das bedeutet: Der Händler muss Ihnen Ihren Anteil am Getreide ausliefern. Das ist zwar nicht genau Ihr Getreide, aber Sie erhalten die gelieferte Menge zurück.
Bei einem Sachdarlehensvertrag bekommen Sie möglicherweise nur einen Bruchteil irgendwann zurück. Bei einem echten Lagervertrag hingegen erhalten Sie die abgelieferte Menge an Getreide sofort zurück und können es an andere Landhändler verkaufen.
Die Empfehlungen des Anwalts
Fachanwalt Dr. Thomas Hänsch empfiehlt daher folgendes:
Arbeiten Sie mit mehreren Landhändlern zusammen.
Schließen Sie nicht nur Vorkontrakte ab, sondern diversifizieren Sie Ihre Vertragsbeziehungen.
Sehen Sie sich alle Angebote genau an und seien Sie kritisch.
Ziehen Sie ggf. Forderungsausfallversicherungen in Betracht.
Kommunizieren Sie rechtzeitig mit Ihrem Landhändler, wenn Sie Probleme haben, Ihre Verbindlichkeiten zurückzuführen. Andersherum dürfen Sie das von Ihrem Landhändler erwarten und einfordern.
Prüfen Sie die gesamten Vertragskonditionen und verhandeln Sie ggf. nach.
Vereinbaren Sie Sicherheiten.
Verwenden Sie eigene Allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB). Dadurch ist es möglich, die AGBs des Vertragspartners abzuwehren. Denn wenn sich zwei AGBs gegenseitig aufheben, greift wieder das Gesetz.