Ein geplatzter Deal kann für Landwirte und Agrarhändler schnell existenzbedrohend werden. Gerät einer der beiden in finanzielle Schieflage, droht dem anderen der Zahlungsausfall. Wie sich beide Seiten davor schützen können, war das zentrale Thema einer Tagung am Rande der DLG-Unternehmertage in Münster (19. Februar 2025).
EU-Verordnung sorgt für Unruhe
Gleich zu Beginn warb Inken Garbe, Anwältin des Verbands "Der Agrarhandel", um Verständnis für ihre Branche. "Unsere Mitglieder sehen sich häufig mit hohen Außenständen konfrontiert", sagte sie. Doch es könnte noch schlimmer kommen: Die EU plant eine sogenannte Late-Payment-Verordnung, die Unternehmen verpflichtet, Rechnungen innerhalb von 30 Tagen zu begleichen – auch im Handel zwischen Landwirten und Agrarhändlern. Die endgültige Verabschiedung der Verordnung steht zwar noch aus, wird aber für die aktuelle Legislaturperiode erwartet.
"Das greift tief in die Vertragsfreiheit ein und könnte etablierte Finanzierungssysteme wie den Kontokorrentkredit aushebeln", warnte Garbe. Besonders kritisch sieht sie eine Klausel, die Landwirten bei Verträgen mit Laufzeiten von mehr als sechs Monaten ein einseitiges Kündigungsrecht einräumen würde. "Das nehme dem Handel die Planungssicherheit." Die Händler könnten dieses Risiko künftig in ihre Preise einfließen lassen – oder sich verstärkt außerhalb der EU nach Ware umsehen, warnte sie vor den Folgen.
Garbe appellierte an eine faire Zusammenarbeit: "Durch den Strukturwandel werden sich beide Seiten künftig nicht mehr so viele Marktpartner aussuchen können. Eine partnerschaftliche Zusammenarbeit ist essenziell."
Konzentration im Agrarhandel birgt Risiken
Im Verlauf der Veranstaltung wurde auch ein weiteres Problem deutlich: Der Konzentrationsprozess im Agrarhandel. "Wenn ein großer Händler fällt, betrifft das viele Betriebe massiv", so Joachim Riedel, Unternehmensberater bei der BB Göttingen. Hinzu komme, dass Landwirt und Handel sich im Geschäftsleben oft nicht auf Augenhöhe begegnen. Er sprach in diesem Zusammenhang sogar von einer „Wissensasymentrie“. "Oft werden Verträge und Einheitsbedingungen kaum von den Landwirten hinterfragt – teilweise bis zur Naivität", so Riedel. Er riet Landwirten, sich intensiver mit den Einheitsbedingungen des Getreidehandels und den Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) der Händler auseinanderzusetzen. "Nur wer seine rechtlichen Möglichkeiten kennt, kann sich vor finanziellen Schäden schützen."
Häufig geben allerdings die Händler die Vertragsbedingungen vor. "In der Regel haben Landwirte kaum eine Chance, eigene Allgemeine Geschäftsbedingungen einzubringen", stellte Rechtsanwalt Goetz Gärtner fest. Noch problematischer sei die mangelnde Transparenz. Dass Landwirte die Einheitsbedingungen, die oft Vertragsbestandteil sind, nicht kostenlos einsehen können, sei eine Frechheit.
Insolvenzen: Schutz durch kluge Vertragsgestaltung
Muss ein Händler Insolvenz anmelden, erhalten dessen Gläubiger oft nur ein bis zehn Prozent ihrer ursprünglichen Forderung zurück – wenn überhaupt. Zwar gibt es den so genannten Eigentumsvorbehalt: Der Landwirt liefert zum Beispiel Getreide beim Händler ab, bleibt aber Eigentümer der Ware, bis der Händler den Kaufpreis voll bezahlt hat. Doch bei einer Insolvenz hilft dieses Recht oft wenig. „Das Geld ist meistens verloren“, sagte Gärtner.
Sein Rat: Kurze Zahlungsziele und Abschlagszahlungen bereits zu Beginn der Lieferung vereinbaren. Zudem könnten Landwirte sich durch eine vertraglich festgelegte Aufrechnung mit eigenen Einkäufen beim Händler – etwa für Dünger – ihre Forderungen im Insolvenzfall besser absichern. Ohne eine solche Klausel sei eine Verrechnung kaum noch möglich.
Rechtslage und Mahnwesen beachten
Einige Landwirte vereinbaren mit ihren Händlern auch von den Einheitsbedingungen abweichende Absprachen. "Bei einer Insolvenz muss der Landwirt dann seine Forderungen belegen können", erklärte Steffen Küchler vom Küchler Rechtsanwaltsbüro. Sein Tipp: Auch individuelle Abmachungen immer schriftlich festhalten. Das gilt auch für Mahnungen: „Sie müssen nachweisen, dass Sie elektronisch dem Händler eine Mahnung geschickt haben“, so Küchler.