Bei der Hofübergabe ist eine rechtzeitige Planung immens wichtig. Landwirte sollten die Verantwortung frühzeitig an die nachfolgende Generation abgeben, riet Rudolf Spellerberg, Unternehmensberater bei der LUB NRW GmbH, im Rahmen der DLG-Wintertagung in Münster. Nur so hätten Betriebsleiter genügend Zeit, um ihren Nachfolger in den Betrieb einzuarbeiten.
Wird die Hofübergabe zu lange verzögert, bleibt manchmal keine Zeit mehr für konstruktive Gespräche. Für die abgebende Generation ist es häufig schwierig, loszulassen. Denn die Verantwortung und Arbeit im Betrieb stellt für viele Altenteiler nahezu den kompletten Lebensinhalt dar. Deshalb vertagen viele Betriebsleiter das Thema Hofnachfolge, bestätigte auch Bertram von Czettritz, Berater für Generationswechsel, Organisation und Führung bei der entra. Aber er warnt: „Je länger man es verschiebt, desto schwieriger wird es!“
Je länger man die Hofübergabe verschiebt, desto schwieriger wird es!“
Hofnachfolge als Familienthema
Landwirt Heinrich Selhorst aus Ascheberg in Nordrhein-Westfalen hat selbst erlebt, wie wichtig es ist, die ganze Familie in das Thema Betriebsübergabe einzubeziehen. Als der 34-Jährige vergangenes Jahr den elterlichen Betrieb mit Schweinemast, Ackerbau und Pferdehaltung vollständig übernahm, gab es neben ihm noch mehrere Brüder als potentielle Nachfolger. Die Familie legte deshalb großen Wert auf einen transparenten und konfliktfreien Übergabeprozess. Dabei galt die Devise, stets alle beteiligten Familienmitglieder mit in die Diskussion einzubeziehen. „Teilweise saßen wir mit bis zu zwölf Personen zusammen“, berichtete Selhorst. Jeder Beteiligte durfte seine Vorstellungen zur Zukunft des Betriebes äußern. Auch Berater Rudolf Spellerberg empfiehlt, externe Berater wie Steuerexperten erst dann hinzuzuziehen, wenn die Familie ihre Wünsche und Vorstellungen geklärt hat.
Außerdem war es auf dem Betrieb Selhorst üblich, die Betriebsdaten gegenüber allen Familienmitgliedern offenzulegen. So konnten Selhorsts Brüder besser verstehen, wie es um die Wirtschaftlichkeit des Betriebes bestellt war. Zusätzlich gab es ihm die nötige Sicherheit für seine Entscheidung, den Betrieb weiterzuführen.
Es braucht Vertrauen von beiden Seiten
Des Weiteren betonte Heinrich Selhorst, dass sowohl die Einstellung der abgebenden, als auch die der übernehmenden Generation Einfluss auf die Hofübergabe hat. Die ältere Generation müsse darauf vertrauen, dass die Nachfolger den Betrieb erfolgreich weiterführen können, lautet seine Erfahrung. Fehle dieses Vertrauen, könne der Hofnachfolger das Gefühl bekommen, nichts richtig zu machen, oder nicht gut genug als Betriebsleiter zu sein, warnte auch Bertram von Czettritz.
Aber auch seitens der Hofnachfolger braucht es heutzutage viel Mut. Einen landwirtschaftlichen Betrieb zu übernehmen erfordert starke Entschlossenheit und mentale Stärke. „Anders kann man die heutigen Anforderungen an einen Betriebsleiter wohl kaum bewältigen“, weiß Selhorst.
Neue Rollen erfordern klare Vereinbarungen
„Die Rollenverteilung verändert sich, wenn plötzlich zwei [Generationen] da sind“ erklärt von Czettritz. Im Verlauf der Hofübergabe haben Heinrich Selhorst und seine Eltern deshalb eine klare Aufgabenverteilung festgelegt. „Jetzt ist mein Vater der Mitarbeiter und ich bin der Chef“ erklärte er.
Wenn der Dialog erfolgreich verläuft, kann die Familie an der Hofübergabe wachsen.“
Ebenso wichtig sind verbindliche Absprachen mit den Geschwistern und Partnern. Auch sie beeinflussen die Harmonie im Familiengefüge, betonte Rudolf Spellerberg. Sie brauchen Gewissheit darüber, wie ihr Leben beruflich und privat außerhalb oder innerhalb des Betriebes weitergehen kann. Ansonsten ist Streit innerhalb der Familie und Partnerschaft vorprogrammiert. „Wenn der Dialog erfolgreich verläuft, kann die Familie an der Hofübergabe wachsen“, bekräftigte Bertram von Czettritz.
Gemeinsam leben – mit festen Absprachen
So muss beispielsweise klar sein, wer wo auf dem Betrieb wohnt und wann private Zeit für jeden ist, unterstreicht Heinrich Selhorst. Er selbst wohnt mit vier Generationen auf dem Hof. Dabei ist beispielsweise geregelt, dass die ganze Familie zusammen zu Mittag isst. Frühstück und Abendessen nehmen die Senior- und Juniorfamilie allerdings getrennt ein, um private Familienzeit zu schaffen.