Die europäische Landwirtschaft ist überaltert. Wie groß die Herausforderungen mittlerweile sind, zeigt einmal mehr der neue Bericht der Europäischen Statistikbehörde (Eurostat) zum EU-Agrarzensus.
Gemäß dem alle zehn Jahre erstellten Report waren im Jahr 2020 nur 6 % der Betriebsleitungen in den EU-Mitgliedsstaaten jünger als 35. Der Frauenanteil bei den unter 35-jährigen Chefs lag gleichzeitig bei nur 26%, so niedrig wie in keiner anderen Alterskohorte.
Im Detail
In Bulgarien, Polen, der Slowakei und Österreich sind zwischen 2 und 4% aller Betriebsleitungen weiblich und jünger als 35. In allen anderen Mitgliedstaaten liegt der Prozentsatz der jungen Chefinnen noch darunter. Etwas besser sieht es beim männlichen Betriebsleiternachwuchs unter 35 aus. Hier weisen nur Portugal und Zypern Werte unter 2% auf. Die Slowakei, Luxemburg und Österreich liegen mit 8 bis 10% an der Spitze. In sechs Mitgliedstaaten, darunter Deutschland, Frankreich und Polen, kommen männliche Betriebsleiter unter 35 auf Anteile zwischen 6 und 8%.
In der Altersklasse der 35 bis 44 Jahre alten Betriebsleitungen liegt der Frauenanteil mit 29% nur unwesentlich höher als bei den unter 35-jährigen. Insgesamt finden sich 14% aller Betriebsleitungen in dieser Altersstufe.
Weitere 22% der Betriebsleitungen sind zwischen 45 bis 54 Jahre alt; davon wiederum sind 28% weiblich. In der Kohorte der 55 bis 64-jährigen sind es dann 24 %, darunter 30% Betriebsleiterinnen. Jede dritte Betriebsleitung in der EU-Landwirtschaft ist älter als 65. In dieser Alterskohorte wiederum ist der Anteil an Frauen mit 38% noch am höchsten.
Frauen in der deutschen Landwirtschaft
Auch der jünsgt erschienene Situationsbericht des DBV befasst sich mit dem Thema. So war 2023 jede dritte (35 %) in den landwirtschaftlichen Betrieben Deutschlands tätige Arbeitskraft eine Frau. Den niedrigsten Frauenanteil in den Flächenländern weist mit 29 % Mecklenburg–Vorpommern auf. Den höchsten Wert mit 39 % verzeichnet Nordrhein–Westfalen.
In den Einzelunternehmen liegt der Frauenanteil im Bundesdurchschnitt bei 35 %. Jedoch sind in den im Haupterwerb geführten Betrieben mit 38 % anteilmäßig mehr Frauen tätig als in den Nebenerwerbsbetrieben mit 31 %.
Während der Frauenanteil bei den Familienarbeitskräften und den ständig Beschäftigten mit jeweils 32 % unterdurchschnittlich ausfällt, liegt er mit 44 % bei den Saisonarbeitskräften wesentlich höher. Insgesamt standen 2023 566.000 männlichen Arbeitskräften 310.000 weibliche Arbeitskräfte gegenüber.
Anteil weiblicher Führungskräfte relativ gering – Tendenz aber steigend
Deutschlandweit werden nach Ergebnissen der Agrarstrukturerhebung 2023 knapp 89 % der 255.000 landwirtschaftlichen Betriebe von Männern geleitet. Von Frauen werden 28.700 Betriebe oder gut 11 % aller Betriebe geleitet. Im Vergleich zur Agrarstrukturerhebung 2013 hat sich der Anteil der leitenden Frauen um fast 3 Prozentpunkte erhöht.
In der Altersgruppe der unter 44–Jährigen liegt der Anteil weiblicher Betriebsleiterinnen bei gut 13 %, in den Nebenerwerbsbetrieben bei knapp 14 % und in den juristischen Personen bei über 16 %. Brandenburg hat mit 20 % den höchsten Frauenanteil an den Geschäftsführungen, gefolgt vom Saarland (18 %) und den Bundesländern Mecklenburg–Vorpommern, Thüringen und Sachsen (jeweils 17 %).
Den niedrigsten Betriebsleiterinnenanteil weist Bayern mit knapp 10 % aus. Insgesamt liegt der Anteil an weiblichen Betriebsleiterinnen in Ostdeutschland bei 17 %, im früheren Bundesgebiet bei 11 %.
Zum Vergleich: Der Frauenanteil unter den Führungskräften in der deutschen Wirtschaft lag 2023 bei 29 %. Zu den Führungspositionen zählen Vorstände und Geschäftsführerinnen und Geschäftsführer sowie Führungskräfte in Handel, Produktion und Dienstleistungen sowie leitende Positionen im Verwaltungsdienst. Der weibliche Anteil an allen sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungen lag 2023 bei 46 %.