Pauschalierende Landwirte mussten im vergangenen Jahr bereits eine Kürzung der Vorsteuerpauschale von 9 auf 8,4 % hinnehmen. Kaum drei Wochen später, am 1. Januar 2025, sank sie erneut – auf 7,8 %.
Diese doppelte Änderung sorgt für Kritik, nicht nur wegen des organisatorischen Mehraufwands. Viele Betriebe fragen sich: Lohnt sich die Pauschalierung überhaupt noch?
Dazu haben wir mit Arno Ruffer gesprochen, Rechtsanwalt und Steuerberater bei der „Gesellschaft für Buchführung und Hilfeleistung in Steuersachen für land- und forstwirtschaftliche Betriebe Westfalen-Lippe mbH“ in Münster.
Pauschalieren ist für viele Landwirte zum Verlustgeschäft geworden. Was erleben Sie derzeit in der Praxis? Wechseln nun deutlich mehr Betriebe in die Regelbesteuerung?
Ruffer: Nein, die Wechselquote bleibt überschaubar. Die Regierung hat die Vorgaben für die Pauschalierung bereits vor einiger Zeit verschärft. Seitdem dürfen nur noch Betriebe mit einem Nettoumsatz von maximal 600.000 €/Kalenderjahr pauschalieren. Daher sind bereits damals viele Landwirte in die Regelbesteuerung gewechselt.
Unter den Pauschalierern sind vor allem Nebenerwerbsbetriebe, aber auch einige Haupterwerbslandwirte, die ihre Betriebe aufgeteilt haben, um die Umsatzgrenze einzuhalten. Häufig befinden sich dann Teile des Betriebs in der Pauschalierung, während andere Betriebszweige optieren.
Wie hoch ist der Anteil der Pauschalierer?
Ruffer: Überraschend hoch: Rund jeder zweite Betrieb, den wir betreuen, pauschaliert. Allerdings sinkt dieser Anteil stetig.
Was raten Sie Betrieben, die an der Pauschalierung festhalten wollen?
Ruffer: Betrieben, deren Umsatz um die 600.000 Euro-Marke schwankt, rate ich: Wechselt in die Regelbesteuerung. Der Aufwand, die Umsätze gezielt zu steuern, um die Grenze nicht zu überschreiten, ist zu hoch. Betriebe mit deutlich geringerem Umsatz sollten bedenken, dass der finanzielle Vorteil durch die Pauschalierung mittlerweile sehr gering ist.
Wer pauschaliert, spart sich lediglich den zusätzlichen bürokratischen Aufwand der Regelbesteuerung, etwa das Erstellen von Umsatzsteuervoranmeldungen und der jährlichen Umsatzsteuererklärung. Hinzu kommen die Kosten für den Steuerberater, falls dieser hinzugezogen wird. Viele Buchstellen arbeiten mit einer Vergütungsvereinbarung und lassen sich die Kosten für die Umsatzsteuervoranmeldung zusätzlich zur Buchführungsgebühr vergüten. Die Gebühren für die Voranmeldung und Umsatzsteuererklärung sind sog. Rahmengebühren. Bei einem Jahresumsatz von 750.000 € sind schnell 423 € (netto) für die Jahreserklärung fällig (Ansatz einer 3/10-Gebühr).
Die Pauschalierung lohnt sich kaum noch. Gilt das für alle Betriebszweige gleichermaßen?
Ruffer: Für Landwirte mit Dauerkulturen kann sich das Steuermodell noch auszahlen. Bei Veredlern liegt der Vorteil durchschnittlich bei lediglich 250 Euro pro Jahr – das ist marginal. Für Milchviehbetriebe und Ackerbauern ist die Pauschalierung nicht mehr rentabel.
Einige Betriebe haben sich bewusst aufgeteilt, um die Umsatzsteuergrenze einzuhalten. Sollten diese nun ihre Teilung rückgängig machen?
Ruffer: Ja, denn aus steuerlicher Sicht lohnt sich eine Teilung kaum noch.
Erleichtert das einigen Landwirten den Schritt in die gewerbliche Tierhaltung?
Ruffer: Genau, für einige wird dieser Schritt nun leichter. Aber auch das sollte wohlüberlegt sein. Wer eine zuvor geteilte Betriebsstruktur vorschnell wieder zusammenführt und dabei die erforderliche Anzahl an Vieheinheiten unterschreitet, läuft Gefahr, dass die Tierhaltung steuerlich als gewerblich eingestuft wird. Kritisch wird es, wenn in einer Gesellschaft, zum Beispiel einer Vater-Sohn-GbR, die Einnahmen aus dieser gewerblichen Tätigkeit eine bestimmte Schwelle überschreiten. In diesem Fall kann das Finanzamt sämtliche Einkünfte des Betriebs – einschließlich der land- und forstwirtschaftlichen – als gewerblich betrachten. Die Konsequenzen sind erheblich: Verluste aus der Tierhaltung lassen sich steuerlich nicht mit anderen Einkünften wie Mieteinnahmen oder Gewinnen aus einem Windpark saldieren. Die Kfz-Steuerbefreiung für landwirtschaftliche Maschinen entfällt, ebenso die Agrardiesel-Beihilfe. Darüber hinaus geht das Privileg für landwirtschaftliches Bauvorhaben im Außenbereich verloren.
Ein weiterer Punkt: Für gewerbliche Ställe fällt die Grundsteuer B an. In ländlichen Regionen sind die Hebesätze ohnehin oft relativ hoch. Einige Gemeinden haben zudem im Zuge der Grundsteuerreform die Werte noch einmal angehoben. Allerdings lässt sich die Gewerbesteuer teilweise mit der Einkommensteuer verrechnen.
Das betrifft aber nicht Pächter von Ställen?
Ruffer: Richtig. Grundsteuerpflichtig sind die Eigentümer – also entweder die Bodeneigentümer oder die Eigentümer der Gebäude.
Wenn ich wechsle: Kann ich dann jederzeit zurück in die Pauschalierung?
Ruffer: Wer freiwillig in die Regelbesteuerung wechselt, ist für fünf Jahre an dieses Modell gebunden. Erst danach ist eine Rückkehr in die Pauschalierung möglich. Anders verhält es sich, wenn die Umsatzgrenze überschritten wird – dann erfolgt der Wechsel in die Regelbesteuerung automatisch, unter Umständen jährlich. Sobald man die Grenzen wieder einhält, kann man im Kalenderjahr darauf zurück in die Pauschalierung.