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Warum entscheiden sich junge Leute für die Landwirtschaft?

Was treibt junge Landwirte an? Warum haben sie sich für ein Leben in der Landwirtschaft entschieden? Wir haben mit drei Hofnachfolgern über ihre Ziele, Visionen, Beweggründe und Sorgen gesprochen.

Lesezeit: 6 Minuten

„Landwirtschaft ist die Schlüsselindustrie, um unser Klima, die Ökosysteme, die Biodiversität und auch unsere Gesellschaft mitzugestalten“, sagt Fenja Meiners. Die 29-Jährige hat 2021 den Betrieb ihrer Eltern in Bützow in Mecklenburg-Vorpommern übernommen. Ihr Vater hatte den Hof 1991 gegründet, ihre Mutter folgte ihm einige Jahre später.

Fenja Meiners führt den 800 ha großen Betrieb mit knapp 800 Milchkühen, einer Biogasanlage und insgesamt 25 Mitarbeitern gemeinsam mit ihrem Lebensgefährten und Landwirt Adrian Koch nun seit drei Jahren.

Plötzliche Übernahme: Hof statt Hörsaal

Die Betriebsübernahme kam relativ plötzlich. Fenja Meiners studierte damals noch Humanmedizin in Berlin. Als ihre Familie wegen der Trennung der Eltern vor der Entscheidung stand, den Hof zu verkaufen, entschied sie sich für den Weg in die Landwirtschaft und die Übernahme – auch weil ihre Brüder nicht in die praktische Landwirtschaft einsteigen wollten.

„Während meines Studiums hat es mich sehr gestört, dass ich als Verbraucher erst an der Ladentheke entscheiden kann, woher meine Lebensmittel kommen. Als Landwirtin kann ich diesen Prozess mitgestalten“, erzählt Fenja über ihre Beweggründe. Auch das Verantwortungsgefühl für die Mitarbeiter und deren Familien war ein ausschlaggebender Punkt, den Betrieb weiterzuführen.

Landwirtschaft ist die Schlüsselindustrie, um unser Klima, die Ökosysteme, die Biodiversität und auch unsere Gesellschaft mitzugestalten.“
Fenja Meiners

Nach anfänglichen Zweifeln ist Fenja heute froh, den Schritt gewagt zu haben. „Egal, wie kurz die Nacht war, die erste morgendliche Runde durch den Stall mit unserem Sohn (1 Jahr) auf dem Rücken, der Sonnenaufgang auf dem Feld hinter dem Hof und ein kurzer Schnack mit der Frühschicht motivieren mich jeden Tag aufs Neue, anzupacken und den Hof gemeinsam weiterzuentwickeln. Wir haben aktuell das Glück, in einem wahnsinnig motivierten Team zu arbeiten und die Vereinbarkeit von Familie und Beruf ist grandios. Unser Sohn ist einfach den ganzen Tag dabei“, fasst die junge Mutter ihre Begeisterung für das Leben als Betriebsleiterin zusammen.

Landwirtschaft als Lebenserfüllung

Für Fenjas Partner Adrian Koch stand hingegen schon als Kind fest, Landwirt zu werden. „Landwirtschaft war immer das, was mir Spaß gemacht hat, es ist meine Leidenschaft. Wichtig ist, dass man für das brennt, was man tut. Dann schaut man nicht auf die Uhr, denn es ist Hobby und Beruf zugleich. Landwirtschaft ist für mich eine Kompletterfüllung“, sagt Adrian Koch. 

Ob auf dem Feld, in der Werkstatt, im Stall, im Einkauf oder als Teammanager – der Beruf bietet die komplette Bandbreite – das ist einzigartig.“
Adrian Koch

Der gebürtige Süddeutsche wollte ursprünglich den Betrieb seines Onkels mit 50 Milchkühen im Ruhrgebiet in Nordrhein-Westfalen übernehmen. Doch dann verschlug ihn die Liebe nach Mecklenburg. „Für mich ist die Landwirtschaft der spannendste und vielseitigste Beruf, den man ausüben kann. Ob auf dem Feld, in der Werkstatt, im Stall, im Einkauf oder als Teammanager – der Beruf bietet die komplette Bandbreite – das ist einzigartig“, sagt der 30-jährige Landwirt. Außerdem schätzt er die Selbstständigkeit.

Starkes Team und gemeinsame Betriebsführung

Aufgrund der familiären Situation war das junge Paar sehr schnell allein verantwortlich für den Betrieb. Eine große Dankbarkeit sprechen sie hier ihren langjährigen Mitarbeitern aus: „Sie haben auch in der schwierigen Trennungsphase meiner Eltern zu uns gehalten und uns tagtäglich mit all ihrer Erfahrung unterstützt. Diese Zusammenarbeit ist etwas ganz Besonderes und das schätzen wir sehr“, sagt Fenja. Gleichzeitig haben die beiden jedoch auch viele neue Mitarbeiter eingestellt.

„Anfangs verlief das etwas holprig mit häufigen Personalwechseln. Mittlerweile sind aber viele mit einer langfristigen Perspektive dabei und es macht Spaß, sich im Team mit Fortbildungen und neuen Verantwortungsbereichen weiterzuentwickeln“, so Fenja weiter. Während Adrian sich operativ um den Futter- und Ackerbau sowie die Biogasanlage kümmert, ist Fenja für die Kühe und das Büro zuständig. Die strategische Betriebsführung gestaltet das Paar gemeinsam.    

Große Herausforderungen sieht das junge Betriebsleiterpaar vor allem in den volatilen Märkten und der unsicheren politischen Lage. Dies erschwert eine langfristige Planung. „Wir können nicht immer auf die Politik warten. Wir müssen Entscheidungen nach unserer eigenen fundierten Einschätzung und Vision für eine nachhaltige Lebensmittel- und Energieproduktion, Tierwohl und Regionalentwicklung treffen und hoffen, dass der Plan dann aufgeht“, bringt Adrian die Entschlossenheit der beiden auf den Punkt.

Erfüllung in der Biogasproduktion

„In der Landwirtschaft kann ich mir etwas Eigenes aufbauen und meine Kreativität ausleben – das schätze ich sehr“, sagt der 33-jährige Christoph Weseloh. Der Landwirt hat seine Erfüllung vor allem in der Biogasproduktion gefunden und sich schon früh für Technik und Entwicklung begeistert. Er hat 2022 den elterlichen Betrieb mit 170 ha Ackerbau und Biogas in der Lüneburger Heide übernommen.

„Wir sind ein klassischer Familienbetrieb. Ich wurde in die Landwirtschaft hineingeboren. Wenn ich aber nicht auf dem Hof aufgewachsen wäre, hätte ich heute wahrscheinlich einen anderen Beruf“, sagt Christoph. In seiner Kindheit war er oft mit seinem Vater und Großvater auf dem Hof unterwegs. Christophs Vater stieg bereits in den 90er Jahren in die Biogasproduktion ein. „Dadurch war unser Hof in meiner Kindheit eine ständige Baustelle und das hat mich damals sehr fasziniert“, sagt der Hofnachfolger.

Hofübernahme war Entwicklungsprozess

Dennoch war die Entscheidung, in die Landwirtschaft einzusteigen, für Christoph Weseloh ein Entwicklungsprozess. Dass er den Betrieb übernehmen würde, war nicht von Anfang an klar. „Während meiner Ausbildung habe ich oft gezweifelt, ob die praktische Landwirtschaft wirklich das Richtige ist. Die Zeit war hart und die Arbeit oft eintönig. In dieser Zeit habe ich das oft infrage gestellt“, gibt er zu. Trotzdem war ihm immer klar, dass er in der Branche arbeiten möchte. Aber er überlegte auch, in vor- oder nachgelagerte Bereiche zu wechseln.

In der Landwirtschaft kann ich mir etwas Eigenes aufbauen und meine Kreativität ausleben – das schätze ich sehr.“
Christoph Weseloh

Da Christophs Vater nach seiner Ausbildung noch relativ jung war, stand eine Hofübernahme ohnehin noch nicht im Raum. So absolvierte er nach der Fachschule ein Agrarstudium in Osnabrück, bevor die Pläne für die Hofnachfolge konkreter wurden. Da seine drei Geschwister damals kein großes Interesse an der Landwirtschaft zeigten, lag es nahe, dass Christoph in den Betrieb einsteigt. Nach dem Studium übernahm er vor allem die verwaltungstechnischen Aufgaben und baute den Betrieb gemeinsam mit seinen Eltern weiter aus. „So habe ich meinen Platz gefunden. Ich konnte mich im Betrieb verwirklichen und habe festgestellt, dass Biogas mein Steckenpferd ist. In der Biogasproduktion vereinen sich meine technischen und landwirtschaftlichen Interessen“, sagt er.  

Freiheit und Verantwortung

Christophs Eltern haben sich schon vor der Hofübergabe ein Eigenheim außerhalb des Hofes gebaut. Sie arbeiten aber nach wie vor jeden Tag im Betrieb mit. „So bin ich voll in die Verantwortung gekommen. Das war anfangs hart, weil ich mir über alles sehr viele Gedanken gemacht habe. Aber meine Eltern stehen mir mit Rat und Tat zur Seite und tragen meine Entscheidungen mit,“ so der junge Landwirt. Dass seine Eltern vom Hof gezogen sind, sei für alle die richtige Entscheidung gewesen. „Ich habe dadurch viele Freiheiten bekommen und meine Eltern konnten besser loslassen“, sagt er.  

Probleme bereiten ihm vor allem die wechselhafte Politik, die sich ständig ändernden Rahmenbedingungen, der bürokratische Aufwand und die daraus resultierende mentale Unsicherheit. „Das führt zu Unzufriedenheit, weil man nicht mehr langfristig planen kann. Da hatten es die Generationen vor uns wahrscheinlich einfacher. Trotzdem sehe ich viele Perspektiven in der Landwirtschaft. Aber man darf den mentalen Stress nicht unterschätzen. Dieser Stress ist häufig belastender als die anstrengende Arbeit“, gibt er zu bedenken.

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