In Münster (Westfalen) wird derzeit die erste Agri-Photovoltaik-Anlage der Stadt gebaut. Die Anlage mit einer geplanten Leistung von 4,86 MW entsteht in unmittelbarer Nähe der Fraunhofer-Einrichtung Forschungsfertigung Batteriezelle (Fraunhofer FFB) und soll 40 Prozent des Strombedarfs für den Betrieb des ersten Bauabschnitts der Fraunhofer FFB – der sogenannten „FFB PreFab“ – decken.
„Mit dem Abnahmevertrag mit den Stadtwerken Münster für Grünstrom stellen wir sicher, dass die gesamte Batterie-Lieferkette an unserem Standort nachhaltig und zukunftsorientiert aufgestellt ist“, sagt Professor Simon Lux, Mitglied der Institutsleitung der Fraunhofer FFB.
Energieintensive Produktion
Die Produktion von Batteriezellen ist energieintensiv. Mit dem heutigen Know-how und Stand der Produktionstechnologie verbraucht eine Batteriezellfabrik für die Produktion von 1 kWh Batteriezellkapazität 20 bis 40 kWh Energie. Der jährliche Strombedarf für die „FFB PreFab“ wird bei etwa 8 Gigawattstunden liegen. Zur Deckung dieses Bedarfs setzt die Fraunhofer FFB zukünftig bereits auf Eigenstromproduktion durch eine Dach-PV-Anlage und schon jetzt auf den Einsatz effizienter Trocknungstechnologien und einer Kombi-Wärmepumpe.
Anlage auf 13 Hektar mit Getreide, Raps, Ackerbohnen
Die Agri-PV-Anlage wird auf einer Fläche von insgesamt 13,2 ha errichtet. Zwischen den Solarmodulen erfolgt die landwirtschaftliche Nutzung, wobei die Anlage bodennah aufgeständert wird. Die Solarmodule werden mithilfe von Trackern zu jeder Tageszeit sensorisch optimal der Sonne ausgerichtet und versprechen so einen maximalen Sonnenertrag. Die Anlagenkonstruktion überbaut nur circa 7,5 % der landwirtschaftlichen Fläche, die für den weiteren Anbau von Getreide, Raps und Ackerbohnen genutzt werden kann.
Keine EEG-Vergütung
Der erzeugte Ökostrom wird über ein unter dem Dortmund-Ems-Kanal verlegtes Kabel direkt zur „FFB PreFab“ geleitet und dort vor Ort verbraucht. Die langfristige Abnahme der erzeugten Grünstrommenge sichert den wirtschaftlichen Betrieb der Agri-PV-Anlage und gewährleistet der Fraunhofer FFB stabile, kalkulierbare Energiekosten. Dadurch ist auch ein Verzicht auf die EEG-Einspeisevergütung für die Anlage möglich. Die Doppelnutzung der Ackerflächen stärkt zudem die Resilienz und den Klimaschutz in der Landwirtschaft und gewährleistet eine regionale und sichere Energieversorgung in einer landwirtschaftlich geprägten Region.
Modellcharakter des Projekts
Für die Fraunhofer-Gesellschaft hat der Abschluss des langfristigen Stromliefervertrags zwischen der Fraunhofer FFB und den Stadtwerken Münster Modellcharakter. Erstmals wurde ein Power Purchase Agreement (PPA) innerhalb der Fraunhofer-Gesellschaft abgeschlossen. „Durch die enge Zusammenarbeit mit den Stadtwerken Münster zeigen wir, wie gemeinsames Handeln von öffentlichen Forschungseinrichtungen und kommunalen Versorgungsunternehmen den Übergang zu einer klimafreundlichen Energieversorgung beschleunigen können“, sagt Jonas Finn Kutschmann, wissenschaftlicher Mitarbeiter in der Gruppe Energietechnik der Fraunhofer FFB. Das Pilotprojekt dient als Vorbild für andere Fraunhofer-Institute und weitere Einrichtungen im öffentlichen Sektor.
Auch die Stadtwerke Münster sehen Vorteile: „Die Kooperation ist ein gutes Beispiel dafür, wie Münster durch den Ausbau der erneuerbaren Energien gewinnt: Unternehmen beziehen nachhaltigen Strom zu stabilen Preisen, die Landwirtschaft kann Flächen noch effizienter nutzen, und Bürger profitieren von weniger Treibhausgasemissionen und mehr Arbeitsplätzen durch eine starke Wirtschaft“, betont Sebastian Jurczyk, Geschäftsführer der Stadtwerke Münster.