Am Mittwoch (15. Januar) gab es im Klima- und Energieausschuss des Deutschen Bundestages eine Anhörung zur Änderungen im Energiewirtschaftsrecht. „Aber ein aus unserer Sicht sehr wichtiger Aspekt wurde bisher nicht berücksichtigt“, moniert Agri-PV-Berater Axel Pustet vom Planungsbüro axess solar aus Sinzing (Bayern).
Seit Juli 2023 regelt der § 35 Abs. 1 Nr. 9 im Baugesetzbuch (BauGB), dass Landwirte die Möglichkeit haben, auf 2,5 ha im räumlich funktionalen Zusammenhang zu ihrer Hofstelle eine Agri-PV-Anlage baurechtlich privilegiert zu errichten. Das sind meist Anlagen mit einer Leistung unter 1 MW, weil Agri-PV, aufgrund der gleichzeitigen landwirtschaftlichen Bewirtschaftung, weniger dicht gebaut wird als klassische Freiflächen-PV-Anlagen.
Im Solarpaket 1 hat der Gesetzgeber auch die wirtschaftlichen Voraussetzungen für derartige Anlagen geschaffen, indem in § 48 Abs. 1b im Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) eine auskömmliche Vergütung auch für kleine Agri-PV-Anlagen festgelegt wurde.
Hindernis im EEG
Somit ist laut Pustet ein klarer Wille des Gesetzgebers erkennbar, Agri-PV und die damit verbundenen Vorteile der doppelt genutzten Flächen, dezentral in Deutschland voranzubringen. „In der Praxis stoßen wir aber auf ein großes Hindernis, welches unserer Meinung nach so nicht gewollt sein kann und einer Änderung bedarf“, sagt er und verweist auf den § 24 Abs. 2 EEG, in dem geregelt ist, dass Freiflächen-PV-Anlagen „zum Zweck der Ermittlung der Anlagengröße“ zusammengefasst werden, wenn sie innerhalb von 24 aufeinanderfolgenden Kalendermonaten in einem Abstand von bis zu 2 Kilometern Luftlinie in der gleichen Gemeinde in Betrieb genommen worden sind.
Dieser Absatz wurde eingeführt, um einen Gestaltungsmissbrauch bei der PV-Anlagen-Planung zu verhindern. Größere, eigentlich für die PV-Ausschreibung gedachte Projekte sollen nicht buchhalterisch in mehrere kleine aufgeteilt werden können, um dann die feste Marktprämie für Anlagen unter 1 MW ohne Ausschreibung zu bekommen. „In dem Zusammenhang ist das eine sinnvolle Regelung. Bezogen auf Agri-PV-Anlagen nach § 35 Abs. 1 Nr. 9 BauGB ist diese Art von Gestaltungsmissbrauch jedoch ohnehin nicht möglich, weil jeder landwirtschaftliche Betrieb nur eine Anlage direkt an seinem Hof auf maximal 2,5 ha bauen darf“, erklärt er.
Streit unter Nachbarn programmiert
Wenn sich nun ein Landwirt dafür entscheidet, eine hofnahe Agri-PV-Anlage unter Berufung auf diese Privilegierung zu bauen, führt das, aufgrund von § 24 EEG, dazu, dass in einem Radius von 2 km um den Anlagenstandort faktisch kein anderer Nachbar diese Möglichkeit in Anspruch nehmen kann. „Die feste Marktprämie bekäme nur derjenige, der als erstes in Betrieb geht. Die zweite Anlage müsste die Größe der ersten hinzurechnen und kann damit nur in die Ausschreibung gehen“, nennt Pustet die Folgen.
Eine Beteiligung an der Ausschreibung wäre aber voraussichtlich erfolglos, weil größere Agri-PV-Anlagen zu geringeren Kosten pro kWp gebaut werden können und daher günstigere Gebote abgeben werden. Um diesen ungewissen Ausgang zumindest auszuprobieren, müsste ein Landwirt aber schon eine fünfstellige Summe in die Hand nehmen, um eine Baugenehmigung zu erwirken, mit der er dann an der Ausschreibung teilnehmen kann. „Dies führt regelmäßig zu Konkurrenz und Missgunst unter Nachbarn, was weder förderlich für die Energiewende noch für ein positives Miteinander in der Gesellschaft ist“, weiß Pustet aus der Praxis. Im schlechtesten Fall wissen zwei Landwirte nichts vom Bauvorhaben des anderen und einer verliert seine sicher geglaubte Vergütung, nachdem er schon Verträge mit Banken und Errichter der Anlage eingegangen ist.
Auch sei der Austausch und das gegenseitige Mut machen, ein solches Projekt mit hohen Investitionskosten anzugehen, unter Freunden und Nachbarn einfacher, als wenn es im Umfeld niemanden geben darf, der dieses Thema angeht. „Somit würde ein erzwungener Abstand von 2 km unter den Projekten die lokal getragene Energiewende und den Ausbau der Agri-PV verlangsamen und einen Ausbau in Einheiten von größer 10 ha am Stück durch externe Investoren mit dem notwendigen finanziellen Hintergrund befördern, was häufig weniger Akzeptanz bei der lokalen Bevölkerung erfährt“, moniert er. Auch hier steige dann das Akzeptanzproblem für Energiewende. Die erheblichen Verzögerung im Gesetzgebungsprozess (Kabinettsbeschluss für das Solarpaket 1 mit der Förderung von Agri-PV im August 2023, Beschluss im Bundestag dieses Jahr im Frühsommer, jedoch fehlt immer noch die beihilferechtliche Zustimmung der EU) tun ihr übriges.
Einfache Lösung möglich
Da der Gestaltungsmissbrauch in Bezug auf das EEG durch die Regelungen in § 35 Abs. 1 Nr. 9 BauGB bei hofnahen Agri-PV-Anlagen ohnehin ausgeschlossen ist, könnte man eben diese von den Regelungen des § 24 Abs. 2 EEG ausnehmen. Eine mögliche Formulierung als Schlusssatz in § 24 Abs. 2 EEG könnte laut Pustet so lauten:
„Agri-PV-Anlagen, welche nach § 35 Abs. 1 Nr. 9 BauGB baurechtlich privilegiert genehmigt wurden, sind von den Regelungen des Absatz 2 ausgenommen.“
So müsste man nicht viel ändern, hätte keine Auswirkungen auf andere Anlagentypen und könnte die Ziele aus den Änderungen des BauGB und des Solarpakets 1 schnell umsetzen.
Rentabilität in Gefahr
„Eine schnelle gesetzliche Änderung ist insbesondere für sonnenärmere Regionen Deutschlands wichtig, weil voraussichtlich eine ausreichende Wirtschaftlichkeit nur noch bei Inbetriebnahme 2026 zu erwarten ist, und die Installationskapazitäten in dem neuen Markt Agri-PV mit Nachführsystemen begrenzt sind“ meint Marcel Richter von der Firma visioneere, der Bauanträge für Landwirte vor allem in Nordrhein Westfalen und Niedersachsen stellt.
Was Pustet erwartet: Die Ausschreibungsergebnisse im neu geschaffenen Segment der besonderen Solaranlagen werden wahrscheinlich von größeren Anlagen dominiert sein und dazu führen, dass ab 2027 der anzulegende Wert für Anlagen unter 1 MW so niedrig ist, dass sich die privilegierten, hofnahen Agri-PV-Anlagen für den Landwirt vermutlich auch in Bayern und Baden-Württemberg nicht mehr lohnen werden.