Hintergrund: Die Firma Münch Energie will mit einer Unterart der Agri-Photovoltaik, der Tierwohl-PV, Landwirten Mehrwert bieten. Münch hat sich dabei auf Beweidungskonzepte mit TierwohlPV spezialisiert. Wir sprachen mit Luca Unger, bei Münch Energie zuständig für den Bereich „Doppelnutzungskonzepte“, über die Hintergründe.
Wie sieht Ihr Konzept bezüglich Agri-PV aus, welche Varianten gibt es?
Unger: Unser Ansatz ist immer eine Doppelnutzung der Fläche. Dabei muss nicht nur der Ackerbau im Vordergrund stehen, sondern es kann auch die Tierhaltung unter den Modulen oder der Rebhuhnschutz für einen Jagdpächter sein. Wichtig ist, dass die Anlage einen Mehrwert für die jeweilige Region bzw. vor Ort liefert für die Landwirtschaft, die Kommune und die Bürger.
Welchen Mehrwert sehen Sie bei der Tierhaltung?
Unger: Es ist aus unserer Sicht wirtschaftlicher, das Gras unter einer Agri-PV-Anlage beweiden zu lassen als es maschinell zu mähen und dort Heu oder Silage zu bereiten. Gleichzeitig haben die Tiere einen Mehrwert, weil die Module Schatten spenden oder vor Regen bzw. Hagel schützen. Mit den Einnahmen aus der Photovoltaik kann man auch eine Freilandhaltung quersubventionieren. Wir haben einen Anguszüchter als Kunden, der seine Mutterkuhherde in dem Agri-PV-Park halten will mit Rundbogenhalle, Wasserversorgung und Wolfszaun. Andere nutzen die Anlage zum Auslauf von Schweinen. Wir reden beispielsweise von einer Größenordnung von ca. 30 ha. Die Anlage lässt sich dann so gestalten, dass wir möglichst viele der Ziele des Landwirts umsetzen.
30 ha bedeutet ja einen Park mit ca. 30 MW und mehreren Millionen € Investitionskosten. Kann das ein einzelner Landwirt stemmen?
Unger: Nein, in der Regel nicht. Darum ist Münch Kraftwerk der Betreiber. Wir zahlen dem Landwirt eine Pacht für die Fläche und bieten ihm einen Bewirtschaftungspauschale für die Beweidung und die Grünpflege von bis zu 1000 € im Jahr an. Falls sich ein Landwirt oder die Gemeinde vor Ort ebenfalls mit an der Betreibergesellschaft beteiligen möchten, sind wir dazu gerne bereit.
Wie sind Ihre Anlagen aufgebaut, welche Besonderheiten gibt es?
Unger: Wir haben fest aufgeständerte Module, die wir nach Süden ausrichten. Die Höhe variiert je nach Nutzung und Tierart von 1 bis 2,10 m Modulunterkante, die weite zwischen den Modulreihen liegt zwischen 2,5 und 4 m, je nach Art der Bewirtschaftung.
Gerade bei Agri-PV-Anlagen ist ein Trend aktuell der Bau von beweglichen Modultischen, sogenannte Tracker. Daneben sind auch vertikal aufgeständerte, bifaciale Module in der Praxis. Was halten Sie davon?
Unger: Bifaciale Module verwenden wir standardmäßig. Bewegliche Modultische sind interessant, aber bislang sehen wir den Bedarf nicht, der Mehrwert ist nicht da. Denn wir bauen an jedem der Parks wir ein eigenes Umspannwerk und auch Batteriespeicher. Damit können wir den Park auch netzdienlich betreiben und Überschüsse speichern. Darum sehen wir nicht den Bedarf, die Module immer am Stand der Sonne auszurichten. Ein anderer Vorteil der Tracker ist, dass man sie zur Bewirtschaftung wegdrehen kann. Wir streben aber keine Bewirtschaftung mit Maschinen an, das übernehmen die Tiere. Da muss man höchstens mal am Zaun mähen. Bei vertikaler Aufständerung geht viel Effizienz verloren.
Warum, können Sie das begründen?
Unger: Das hängt mit der installierten Leistung je Hektar ab. Bei einer klassischen Freiflächenanlage lassen sich bis zu 1,5 MW/ha installieren. Bei der Tierwohl-Agri-PV-Anlage sind es 1,0 bis 1,2 MW. Mit vertikalen Anlagen erreiche ich höchstens 0,4 MW/ha.
Lässt sich die überdachte Fläche – außer zur Weidenutzung – noch anders nutzen?
Unger: Ja, es gibt die Möglichkeit der Ganzjahresweide. Oder man lagert im Winter unter den Modulen Futter wie Heu oder Stroh. Das muss dann aber die Baugenehmigung hergeben.
Nach der DIN SPEC sind bestimmte Bewirtschaftungskonzepte für die Anerkennung einer Agri-PV-Anlage definiert. Wie garantieren Sie dem Landwirt, dass es sich bei Ihren Anlagen um Agri-PV nach DIN SPEC handelt?
Unger: Tatsächlich kann ich das nicht immer. Und es ist auch nicht immer nötig. Ein Teil der Anlagen beliefert unseren eigenen Stromanbieter „grüüün“. Damit sind wir unabhängig vom EEG und daher nicht auf die Definition der DIN SPEC angewiesen. Aber wenn ich eine Vergütung nach EEG haben möchte, ist es Pflicht, die Module mit Unterkannte von mindestens 2,1m zu bauen. Hierbei halten wir uns dann an die Anforderungen der DIN SPEC und erfüllen das landwirtschaftliche Nutzungskonzept im Anhang A der DIN. Freilich sind die Kosten dafür höher und wir müssen den passenden Stromerlös generieren. Wenn es über das EEG nicht geht, muss es ein PPA in entsprechenden Höhe richten. Wenn das auch nicht geht, muss das Anlagendesign nochmals angepasst werden.
Für welche Landwirte kommt eine Agri-PV-Anlage (Tierwohl-PV) infrage?
Unger: Das kann im Prinzip jeder Halter von Nutztieren sein. Besonders geeignet sind Hühner, Schafe, Rinder oder Schweine. Es gibt immer Einschränkungen je nach Tierart wie bei behornten Rindern oder Gehegewild, da müssen die Anlagen entsprechend hoch sein. Auch für Nebenerwerbslandwirte ist das Modell eine Lösung, meinen wir. Wir sorgen nicht nur für zusätzliche Pachteinnahmen und Mehrwert in der Tierhaltung, sondern helfen auch bei der Vermarktung der tierischen Produkte.
Wie funktioniert das?
Unger: Hierzu haben wir das Label „Regiostolz“ aufgelegt. Der Grundgedanke ist, das Produkt mit möglichst kurzen Wegen zu vermarkten, wie es der Name schon vermuten lässt. Wenn der Angushalter einen Hofladen eröffnen und Fleisch selbst vor Ort vermarkten möchte, können wir auch beim Umbau oder bei der Anschaffung von nötigem Material helfen. Genauso helfen wir bei der Vermarktung, vermitteln Einkäufer usw. Dabei setzen wir auf unsere Marke „PV-Rind“ oder „PV-Honig“.