Die Kombination von Freiflächen-Photovoltaikanlagen und Legehennenhaltung gilt in der Praxis als ideal: Die Hühner finden unter den Modulen Schutz vor Sonne, Regen und Greifvögeln, während die Solaranlage Strom für den Betrieb liefert bzw. – bei Einspeisung ins öffentliche Netz – für einen Zusatzerlös sorgt.
Aus der Sicht der Legehennenhalter wäre es ideal, wenn diese Art der Kombination als Agri-Photovoltaik gilt. Denn Anlagen bis 2,5 ha sind baurechtlich privilegiert und für den Strom gibt es eine höhere Förderung nach dem Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG): Anlagen bis 1 MW erhalten 9,5 ct/kWh – wenn die EU-Kommission diese Regelung behilferechtlich genehmigt.
EEG, BNetzA und DIN SPEC
Während die Kombination technisch problemlos machbar ist, bestehen allerdings förderrechtlich Probleme: Maßgeblich sind das EEG und zudem die Festlegungen der Bundesnetzagentur (BNetzA). Die BNetzA ihrerseits verweist zum Stand der Technik von Agri-PV-Anlagen auf die 2021 veröffentlichte Vornorm DIN SPEC 91434. Nur, wenn die dort genannten Voraussetzungen vorliegen, kann eine Anlage die baurechtliche Privilegierung oder eine höhere EEG-Vergütung erhalten.
Komplizierte Definition
Nach dem EEG handelt es sich im Fall von Grünland dann um „Agri-PV“, wenn es „gleichzeitig“ – neben der Stromerzeugung – landwirtschaftlich als Dauergrünland genutzt wird. Der Flächenaufwuchs muss folglich genutzt werden. In ihren Festlegungen vom Oktober 2021 und Juli 2023 bestimmt die BNetzA, dass die landwirtschaftliche Nutzung auf Dauergrünland in Form der Schnittnutzung oder Beweidung erfolgen kann.
Die Grünlandbewirtschaftung darf dabei in ihrer Intensität, Art, Dauer oder Zeitpunkt nicht durch den Betrieb der Solaranlagen deutlich eingeschränkt sein. Die BNetzA verweist dabei auf die DIN SPEC 91434. Unter Weidenutzung ist dort die Dauer- oder Portionsweide mit beispielsweise Rindern, Geflügel, Schafen, Schweinen oder Ziegen aufgeführt. Konkrete Anforderungen an die Tierhaltung sind aber ausdrücklich ausgenommen. Letztlich kommt es auf die fachliche Beurteilung an, ob im konkreten Fall eine Beweidung vorliegt. „Das ist bei Rauhfutterfressern der Fall, aber auch z.B. bei der Weidemast von Gänsen“, sagte Silke Foget, Rechtsanwältin beim Landvolk Niedersachsen, kürzlich auf einer Agri-PV-Tagung in Verden.
Legehennen laut EEG keine Weidetiere
Ob die Anforderungen nach der DIN SPEC und damit der Stand der Technik, wie ihn die Bundesnetzagentur fordert, eingehalten werden, muss alle drei Jahre ein Gutachter bescheinigen. „Das ist jetzt genau das Problem: Wenn das Gutachten negativ ausfällt, kann der Betreiber der Anlage die Vergütung verlieren“, erklärt sie. Denn Legehennen sind keine Weidetiere. „Die Hühner scharren und zerstören die Grasnarbe. Das ist mit der Definition des Dauerweidelands nicht vereinbar“, sagt sie.
Aus juristischer Sicht sei es daher nicht zu empfehlen, eine Agri-PV-Anlage mit Legehennen zu errichten. Das Thema soll zwar mit der DIN SPEC 91492 (Anforderungen an die Tierhaltung) geklärt werden. Doch die BNetzA hat diese in ihrer Festlegung noch nicht aufgeführt, weshalb sie keinerlei rechtliche Bedeutung habe, so Foget. „Wenn der Gutachter bescheinigt, dass die Bewirtschaftung nicht im Widerspruch zum Stand der Technik steht, wähnt sich der Legehennenhalter in Sicherheit, obwohl ihm der Verlust der höheren Förderung und – noch schlimmer – die Entprivilegierung der Anlage droht“, warnt sie.
Dem unbefriedigenden Zustand müsse dringend durch eine Klarstellung im EEG abgeholfen werden. Die Auslaufflächen von Legehennen sollten einer landwirtschaftlich genutzten Fläche gleichgestellt werden. Dafür will sich der Landvolkverband einsetzen.