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topplus Warnung vor EU-Maßnahme

Appell an EU-Kommission: Biokraftstoffdatenbank noch nicht praxisreif

Elf Verbände aus dem Bereich Landwirtschaft, Agrarhandel und Energie wollen einen verfrühten Start einer neuen Datenbank zur Registrierung von Biokraftstoffen verhindern.

Lesezeit: 4 Minuten

Mit einem gemeinsamen Appell an EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen unterstützt ein breites Verbändebündnis der Biokraftstoffwirtschaft einen kürzlich veröffentlichten Brandbrief von 16 EU-Mitgliedstaaten. Mit dem Schreiben wurde die EU-Kommission eindringlich aufgefordert, den Umsetzungsprozess der Durchführungsverordnung und damit auch den verbindlichen Termin für die Anwendung der Union Data Base (UDB) zu stoppen.

Die Verbände kritisieren ebenso wie die Mitgliedstaaten, dass entscheidende Rechtsgrundlagen für die Umsetzung fehlen. Zudem seien noch viele technische Umsetzungsprobleme sowie haftungs- und datenschutzrechtliche Fragen ungeklärt, obwohl die Verbände in den letzten Monaten die zuständigen Stellen wiederholt darauf hingewiesen hätten.

Darum geht es

Die UDB soll ein EU-weites Rückverfolgbarkeitssystem für nachhaltige erneuerbare Kraftstoffe werden und seit über 1,5 Jahren im Gespräch. Sein Hauptzweck ist die Rückverfolgbarkeit von erneuerbaren Kraftstoffen, erneuerbaren flüssigen und gasförmigen Kraftstoffen nicht-biogenen Ursprungs und recycelten kohlenstoffhaltigen Kraftstoffen. Es dokumentiert den gesamten Lebenszyklus der Kraftstoffe und ist verpflichtend für Kraftstoffhersteller, Händler, Importeure und Lieferanten aus der EU, aber auch aus dem außereuropäischen Ausland.

Die UDB soll für Transparenz auf dem Markt für erneuerbare Kraftstoffe sorgen, Betrug wie den kürzlich festgestellten Import von falsch deklarierten Biodiesel aus Palmöl verhindern, die Nachhaltigkeit fördern und das Erreichen der EU-Klimaziele fördern. Damit wäre die UDB ein zentrales Instrument zur Umsetzung der EU-Richtlinie Erneuerbare Energien II (RED II) im Kraftstoffsektor. Perspektivisch soll sie auch auf andere erneuerbare Sektoren wie z.B. den Biomethanmarkt ausgeweitet werden.

Die Kritik der Verbände

„Auch wenn die UDB zusätzliche Bürokratie bedeutet, wird sie von den meisten Unternehmen der Biokraftstoffwirtschaft begrüßt“, sagt Johann Meierhöfer, Leiter des Fachbereichs Pflanzliche Produktion & Energie beim Deutschen Bauernverband, einem der Unterzeichner des Appells. Denn die UDB könnte dafür sorgen, dass die Anrechnung von falsch deklarierten Biokraftstoffen aus Übersee beispielsweise auf die deutsche Treibhausgasminderungsquote (THG-Quote) stark erschwert und damit für kriminelle Machenschaften unattraktiv wird.

Doch es gibt vor allem technische Herausforderungen mit der noch nicht ausgereiften Datenbank. Unter anderem gibt es aus Sicht der Verbände noch folgende Schwachstellen:

  • Das Schaffen von Schnittstellen zu den Warenwirtschaftssystemen ist zeitaufwendig und dauert noch an.

  • Es gibt keine Anbindung der UDB an bereits bestehende nationalen Datenbanken wie z. B NABISY.

  • Erfasser können keine Anfangsbestände eingeben.

  • Eine nachträgliche Korrektur fehlerhafter Eingaben ist nicht möglich.

Aufgrund der vielen ungeklärten Fragen besteht ein erhebliches Risiko, dass selbst ordnungsgemäß nachhaltig produzierte Rohstoffe falsch eingestuft und nicht zur Anrechnung auf die Biokraftstoffziele bzw. die THG-Quote verwendet werden dürfen.

Ersterfasser werden abgeschreckt

„Ersterfasser riskieren juristische Probleme und werden sich daher hüten, Ware in das System einzugeben“, sagt Meierhöfer. Dazu nennt er ein fiktives Beispiel:

Eine Warengenossenschaft nimmt Raps an und gibt die Menge als nachhaltig produzierte Ware gemäß BiokraftstoffnachhaltigkeitsVO in das System ein. Ein Biokraftstoffhersteller kauft den Raps und produziert daraus 100 t Biodiesel. Wird später festgestellt, dass davon 70 t als Folge der technischen Unzulänglichkeiten der UDB „falsch“ deklariert sind und dadurch den Status der Nachhaltigkeit verlieren, kann der Biokraftstoffhersteller für diese Menge auch eine THG-Quote geltend machen. Das wirkt sich wieder auf den Mineralölhändler aus, der diesen Biodiesel beigemischt und verkauft hat. „Am Ende wird irgendeiner in der Lieferkette ein Bußgeld bzw. eine Strafe zahlen müssen. Das Risiko ist zu groß, weshalb Ersterfasser wie unsere Warengenossenschaft im Beispiel möglicherweise erst gar nicht an dem System teilnehmen werden“, erklärt Meierhöfer.

Das öffnet dann außereuropäischen Anbietern von Agrarrohstoffen bzw. landwirtschaftlichen Abfall- und Reststoffen oder Biokraftstoffen Tür und Tor, die darauf spekulieren,  dass die Rückverfolgbarkeit aus Ländern wie z.B. China nur schwer möglich ist. „Das bedeutet nicht, dass wir die UDB generell für unfähig halten, betrügerische Importe zu verhindern. Nur im Moment ist sie noch nicht entsprechend ausgereift“, sagt er.

„Dies kann nicht im Sinne der EU-Klimaziele sein und wäre auch im Hinblick auf die angestrebte Souveränität in der Energieversorgung kontraproduktiv“, warnen die Verbände. Noch sind laut Meierhöfer Korrekturen möglich. „Wir fordern eine saubere Überprüfung und hoffen darauf, dass die zuständige Direktion jetzt auf die vielen Eingaben der letzten 1,5 Jahre reagiert und die Kritik ernst nimmt.“

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