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Biogasbranche fordert schnelle Unterstützung aus dem politischen Berlin

Die Biogasbranche wartet weiter auf positive Signale aus Berlin. Ansonsten drohe nicht nur die Stilllegung von Biogasanlagen, sondern auch von Wärmenetzen, warnt der Fachverband Biogas.

Lesezeit: 4 Minuten

Nach wie vor zeigt sich die Biogasbranche verunsichert. Denn es ist weiterhin zu befürchten, dass bereits ab dem nächsten Jahr 10 % der Betreiber ihre Biogasanlagen stilllegen müssen.

„Heute liefert die Branche 34 TWh Strom und 17 TWh Wärme. Wenn 10 % der Wärme weggeht, sind das 1,7 TWh. Das ist schon eine beachtliche Summe“, sagte Horst Seide, Präsident des Fachverband Biogas im Rahmen einer Pressekonferenz. Zu dieser hatte der Fachverband eine Woche nach der Leitmesse EnergyDecentral sowie im Vorfeld der Biogas Convention, die in der nächsten Woche in Kassel stattfindet, eingeladen.

„Fällt die Lieferung von Wärme in bereits bestehenden Wärmenetzen weg, trifft das die Bürger hart. Die Menschen haben unvermittelt keine Heizung mehr. Das führt in Dörfern ganz schnell zu heißen Diskussionen und ist gerade im Vorfeld der kommunalen Wärmeplanung auch nur sehr schwer zu vermitteln“, sagte Seide.

„Noch besteht eine kleine Chance“

Die Branche fordert schnelle Unterstützung aus dem politischen Berlin. Zwar sei klar, dass das lange angekündigte Biomassepaket nun vor dem Hintergrund des Aus der Ampelkoalition nicht mehr zu erwarten sei. „Doch es besteht noch eine kleine Chance, dass in den bis zur Neuwahl verbleibenden Sitzungswochen kleine Änderungen vorgenommen werden können“, gab Seide seine Hoffnung Ausdruck.

Um den Anlagen, deren 20jährige EEG-Förderung endet und die im Ausschreibungsverfahren keine Anschlussförderung erhalten konnten, eine Zukunft zu ermöglichen, fordert der Fachverband insbesondere zwei Dinge:

  • eine kurzfristige Anhebung des jährlichen Ausschreibungsvolumens auf 1.800 MW und

  • die Erhöhung des Flex-Zuschlags von heute 65 auf 120 € je installiertem kW und Jahr.

Mit diesen Anpassungen im EEG könne die Biogasbranche 12 GW sichere und flexible Leistung bis 2030 bereitstellen. Dies, so Seide, entspräche der Leistung, die die Bundesregierung als Bedarf festgestellt hat und mit dem Bau neuer Gaskraftwerke sichern will.

Der Vorteil von Biogas sei dabei, dass die Leistung nicht nur schneller bereitgestellt werden könnte, sondern auch kostengünstiger. „Wir kommen mit 120 € Flex-Zuschlag je kW aus. Die Betreiber fossiler Kraftwerke fordern 150 €. Unsere Anlagen erzeugen sofort erneuerbaren Strom, die fossilen Kraftwerke müssen erst noch auf grünen Wasserstoff umgestellt werden“, erklärte der Präsident.

Fehlende Backup-Leistung ist teuer

Wie teuer fehlende Backup-Leistung in den sogenannten Dunkelflauten sein kann, wurde laut Fachverband Anfang November deutlich, als der Börsen-Strompreis teilweise auf 80 ct/kWh gestiegen ist. In den ersten 18 Tagen im November war Biogas nach der Windenergie mit 1.769 GWh eingespeistem Strom die mit Abstand leistungsstärkste erneuerbare Energiequelle.

Neben der tageszeitlich flexiblen Stromeinspeisung laufen immer mehr Biogasanlagen angepasst an die Jahreszeit: sie produzieren in den Wintermonaten mehr Strom als im Sommer und sorgen dabei auch für die dringend benötigte erneuerbare Wärme.

Noch eine Option: Biomethan

Eine weitere wichtige Nutzungsoption sei die direkte Einspeisung von zu Biomethan aufbereitetem Biogas ins Gasnetz. Dies schaffe maximale Flexibilität bei der Nutzung des Energieträgers – in externen Blockheizkraftwerken zur Strom- und Wärmeerzeugung, als Kraftstoff oder auch in der Therme.

Immer mehr Betreiber denken und gehen in diese Richtung, teilweise auch in Kombination aus Vor-Ort-Verstromung und Gaseinspeisung. „Diese Entwicklung darf nicht durch unklare Regelungen beim Netzanschluss behindert werden“, forderte Seide. „Dafür ist der Erhalt der bestehenden Gasinfrastruktur als wertvoller Energiespeicher und optimales Verteilnetz unbedingt erforderlich.“

Für energiewirtschaftliche Unabhängigkeit

Auch aus industriepolitischer Sicht sei die Verfügbarkeit von Strom, Wärme und grünem Gas aus heimischen Quellen essenziell, ergänzte der Vizepräsident des Fachverbandes, Christoph Spurk. „Wie wichtig energiewirtschaftliche Unabhängigkeit ist, haben wir nicht zuletzt mit dem Ausbruch des Ukraine-Krieges erleben müssen.“

Er mahnte zudem, dass mit der Biogasbranche auch die letzte Erneuerbare-Energien-Sparte wegzubrechen drohe, wenn nicht sehr zügig klare Entscheidungen getroffen werden. „Wir waren in Deutschland bei der Windenergie führend – und haben den Markt hergeschenkt; wir waren bei der Solarenergie Pioniere– und kaufen nun Module aus Asien. Noch sind wir Weltmarktführer beim Biogas, wir beschäftigen 50.000 Menschen mit einem Umsatz von 13 Mrd. € pro Jahr – das dürfen wir nicht auch noch aufgeben.“ Um diese Position zu halten, brauche es einen funktionierenden Heimatmarkt.

„Wir dürfen nichts abbauen, bevor etwas Neues aufgebaut ist“, resümierte Seide – und wiederholte seine dringende Forderung an alle Parteien, den bestehenden Biogasanlagen-Park als wertvollen Teil des Energieversorgungssystems weiterzuentwickeln. „Die Weichen werden jetzt gestellt. In ein paar Jahren könnte es zu spät sein. Denn wenn die Anlagen erst abgeschaltet sind, werden sie nicht mehr hochgefahren – und dann brauchen wir noch mehr fossile Gaskraftwerke.“

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