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topplus Zusammen Biomethan erzeugen

Biogascluster: Der Standort der Aufbereitung ist entscheidend

Die Planungen in zwei Beispielregionen zeigen: Nicht jeder Zusammenschluss von Biogasanlagen für eine gemeinschaftliche Biomethanerzeugung ist sinnvoll.

Lesezeit: 7 Minuten

Neben der weiteren Flexibilisierung im Strommarkt ist für einige Biogasanlagenbetreiber der Umstieg in die Biomethanerzeugung eine Zukunftsoption. „Dabei gibt es drei Möglichkeiten“, sagt Biogasberater Michael Kralemann vom Kompetenzzentrum Niedersachsen Netzwerk Nachwachsende Rohstoffe (3N):

  • Aufbereitung des Rohbiogases zu Biomethan und Nutzung als Kraftstoff wie komprimiertes Gas (CNG) oder verflüssigtes Gas (LNG). Bei dieser Variante würde das Gas über Gashändler, Tankstellenbetreiber oder Hoftankstellen genutzt werden. Zudem ist eine Umstellung des Substrats auf Wirtschaftsdünger erstrebenswert, weil damit eine Treibhausgasminderungsquote (THG-Quote) möglich ist und damit höhere Erlöse verspricht.

  • Aufbereitung zu Biomethan und Lieferung an Haushaltskunden als Erdgasersatz. Mit dieser Variante können die Abnehmer ihrer Pflicht nach dem Gebäudeenergiegesetz nachkommen, wonach sie einen Anteil von mindestens 65 % erneuerbare Energien bei der Wärmeerzeugung einhalten müssen.

  • Lieferung von Rohbiogas an Großabnehmern: Diese könnten das Gas im BHKW zur Wärme- und Stromerzeugung nutzen oder mit dem Gas ausschließlich heizen. Es würde den Unternehmen helfen, Nachhaltigkeitsziele einzuhalten.

Zwei Regionen

Bei der Realisierung kann der Zusammenschluss von mehreren Anlagen helfen, die teilweise hohen Investitionskosten für die Gasaufbereitung zu senken. Wie sich so ein Biogascluster rechnet, hat das 3N-Kompetenzzentrum in Zusammenarbeit mit dem Ingenieurbüro Berg aus Aachen am Beispiel von zwei möglichen Zusammenschlüssen in den beiden niedersächsischen Biogas-Landkreisen Rotenburg-Wümme und Emsland untersucht.

Das untersuchte Gebiet in Rotenburg-Wümme umfasst 21 Biogasanlagen mit 27 Standorten, darunter auch Satelliten-BHKW. Die Anlagen haben zusammen 21 MW installierter elektrischer Leistung und produzieren zusammen 100 Mio. kWh Strom.

Weitere Bedingungen:

  • Das EEG-Ende liegt zwischen 2021 und 2033.

  • 40 % der erzeugten Wärme werden für Netze und andere Heizzwecke benötigt, sind also unentbehrlich.

  • Der Wirtschaftsdüngereinsatz bewegt sich zwischen 0 und 63 %.

Die Anlagen könnten zusammen im Jahr ca. 4000 m3 Rohgas erzeugen. „Nach Auslaufen der EEG-Vergütung ist es etwas weniger, weil die Anlagen dann den Maiseinsatz reduzieren und dafür mit Wirtschaftsdünger einsetzen wollen“, erklärt Michael Kralemann. Hintergrund ist die europäische Energiedirektive RED II, die Biogas aus Wirtschaftsdünger eine höhere Treibhausminderung attestiert und damit den Wert des erzeugten Biomethans erhöht.

Drei mögliche Standorte

Ein Zusammenschluss wäre bei 18 Anlagen denkbar. Würden alle Anlagen miteinander verbunden, würde sich ein Gasnetz von 73 km Länge ergeben. Es gibt verschiedene Varianten:

  1. In einem Gewerbegebiet einer größeren Kommune steht eine zentrale Aufbereitung.

  2. Die Aufbereitung wird in der Mitte des Gasnetzes errichtet.

  3. Das Netz wird in zwei Abschnitte mit zwei Aufbereitungsanlagen aufgeteilt.

„Bei der zentralen Aufbereitung müsste der nötige Druck im Gasnetz über 1 bar liegen, um die große Entfernung überwinden zu können. Das erhöht die Kosten für die Gasverdichter“, sagt Kralemann.

Bei dieser Variante würden die Ingenieure zwei parallele Leitungen vorschlagen. Denn bei Leitungen über 1 bar sind höhere Anforderungen der Fernleitungsverordnung zu erfüllen. Das könnte man mit zwei Leitungen mit weniger Druck vermeiden. „Das macht die Investition teurer“, sagt Kralemann.

Die Kosten

Was die Investition im Einzelnen kostet, zeigt Übersicht 1. Die Kosten für die Gasleitung schlagen mit 14 Mio. € zu Buche, die Gasaufbereitung würde nur 5,7 Mio. € kosten. Einschließlich Konditionierung des Rohbiogases auf den Anlagen, Übergabestationen sowie Gutachten- und Planungskosten würde diese Variante insgesamt 28 Mio. € kosten. „Wenn wir eine 30-prozentige Preissteigerung auf alle Positionen einkalkulieren, könnten es sogar 34 Mio. € werden“, rechnet Kralemann vor.

Pro kWh Biomethan würden die Leitungskosten 1,2 ct betragen, die Aufbereitung 0,8 ct/kWh. Damit würden die Kosten bei 2 ct/kWh liegen (mit 30 % Preissteigerung bei 2,5 ct/kWh). Im Vergleich dazu würde die Variante mit dem kürzeren Netz zwischen 1,8 und 2,0 ct/kWh liegen (Übersicht 2).

Die Bewertung

Zu den drei Varianten gibt es unterschiedliche Vor- und Nachteile:

  1. Standort am Ende des Gasnetzes:

  • Die Investitionskosten sind am höchsten, die Trassenführung sehr aufwendig, eine zusätzliche Druckerhöhung nötig und die Lage zum Gasnetz schlecht (rund 1 km Länge der Anbindungsleitung).

  • Es gibt nur einen Abnehmer des Gases, was einige Anlagenbetreiber als Risiko bewerten.

  1. Standort in der Mitte des Netzes:

  • Der Standort ist zentraler, womit eine Trasse mit kleinerem Durchmesser und ohne Druckerhöhung möglich ist.

  • Das reduziert die Investitionskosten.

  • Zudem ist die nötige Anbindungsleitung mit unter 1 km kürzer.

  • Es gibt an dem Standort bessere Entwicklungschancen, z.B. für die Einbindung eines Solarparks zur Stromerzeugung für die Aufbereitung. Zudem ist Fläche für eine zusätzliche CO₂-Verflüssigung vorhanden.

  1. Zwei Biogasaufbereitungsanlagen:

  • Die Investitionskosten sind hier am geringsten, weil die Trassenlänge und der nötige Leitungsdurchmesser kleiner sind.

  • Die Transportkosten liegen gleichauf mit Variante 2.

  • Die Zuordnung der Biogasanlagen zu den Aufbereitungsanlagen ist besser.

„Die beteiligten Biogasanlagenbetreiber haben in verschiedene Richtungen diskutiert und sich am Ende gegen die ganz große Lösung entschieden“, sagt Kralemann. Allein Genehmigungs- und Lieferzeit für die Komponenten würden gut drei Jahre in Anspruch nehmen, bis das erste Gas verkauft werden könnte. Das wäre für einige Anlagen, die das Ende der EEG-Vergütung erreichen, zu lang.

Region Emsland

Auch in einer anderen Region gab es Planungen: Im Emsland überlegen Biogasanlagen mit insgesamt elf Standorten einen Zusammenschluss. Sie kämen auf zusammen 7 MW installierte Leistung, 27 km Gasleitungslänge und 13 Mio. € Investitionssumme. Als am kostengünstigsten hat sich eine Variante erwiesen, bei der die Aufbereitungsanlage auf dem Standort einer Biogasanlage steht. „Allerdings gibt es keinen genauen Netzanschlusspunkt, was ein gewisses Kostenrisiko darstellt“, sagt Kralemann.

Unsicherer Erlös

Was die Planung in beiden Regionen unsicher gemacht hat, ist der zwischenzeitliche Preisverfall für die Treibhausgasminderungsquote (THG-Quote), der wichtigsten Erlöskomponente für Biomethan als Kraftstoff. „Es ist den Landwirten nicht zu verdenken, dass sie unter diesen Umständen das Gasnetz nicht unbedingt selbst errichten wollen. Gasaufkäufer wollen sich meistens nicht an den Investitionskosten beteiligen“, sagt Kralemann.

Positiv könnte sich dagegen die Verflüssigung von CO₂ auswirken, eine relativ neue Entwicklung. Zwar sind auch hier die Investitionskosten nicht zu unterschätzen. „Aber die CO₂-Nutzung reduziert den CO₂-Fußabdruck der gesamten Kette weiter und macht das Gas wertvoller“, sagt Kralemann.

Unterm Strich lässt sich festhalten: Für ein erfolgreiches Biogascluster müssen verschiedene Faktoren günstig sein. Dazu gehört vor allem der richtige Standort der Gasaufbereitung (siehe Kasten).

Der richtige Standort

Was sich in beiden Untersuchungen herausgeschält hat, sind Erfolgsfaktoren für den richtigen Standort der gemeinsamen Gasaufbereitung:

  • Planungsrecht: Es sollte ein Bebauungsplan bzw. Flächennutzungsplan vorliegen bzw. möglich sein.

  • Es sollte genügend Platz für die geplante Gasaufbereitungsanlage vorhanden sein sowie Reserve für Erweiterung wie z.B. eine Verflüssigungs- und Abfüllanlage für das CO₂.

  • Die Lage zu den anzubindenden Biogasanlagen sollte optimal sein.

  • Es sollte eine möglichst kurze Anbindungsleitung zum Gasnetz möglich sein.

  • Zur Erzeugung von Strom für die Gasaufbereitung sollten erneuerbare Energien eingebunden werden können: Das reduziert den CO₂-Fußabdruck und erhöht den Wert des erzeugten Biomethans.

Weitere Infos zu Biogas-Clustern

  • Im Januar 2025 ist der Abschlussbericht zum Forschungsprojekt „Entwicklung von innovativen Konzepten zur Clusterung von Bestandsbiogasanlagen für die Bereitstellung von Biomethan“ erschienen. Im Rahmen dieses Projekts wurden kurz- und mittelfristig umsetzbare Maßnahmen für die Clusterung von Bestandsbiogasanlagen zur Bereitstellung von Biomethan identifiziert und Handlungsempfehlungen für Anlagenbetreiber entwickelt. Dazu wurden Kapital- und Betriebskosten detailliert ermittelt sowie rechtliche, regulatorische und organisatorische Fragestellungen analysiert. Um eine Detailanalyse anhand von Praxisdaten vorzunehmen, wurden im Projektverlauf drei geeignete Standorte für die Clusterung von Biogasanlagen ausgewählt und näher betrachtet. Die Ergebnisse wurden anschließend in einem Leitfaden zur Clusterung von Biogasanlagen zusammengefasst. Dieser soll politischen Entscheidungsträgern, Unternehmen und Biogasanlagenbetreibern als Entscheidungshilfe für die technische und wirtschaftliche Bewertung von Biogasanlagen-Clustern dienen. Den Abschlussbericht finden Sie unter https://biogas.fnr.de/projekte/projektuebersicht

  • Über die Themen „Wirtschaftlichkeit der Umstellung von Vor-Ort-Verstromung auf Biomethanproduktion“ und „Planung und Bau von Rohbiogasleitungen mit Beispielen“ informieren Experten beim „Biomethantag 2025“ am 17. Juni in Weimar (www.biogas-thueringen.de/biomethantag-2025)

 

 

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