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Cluster von Biogasanlagen: „Skaleneffekte bieten Chancen“

Biogasexperte Carsten Bahlburg erklärt, für welche Biogasanlagen ein Zusammenschluss zur gemeinsamen Produktion von Biomethan interessant ist und welche Planungsschritte zu gehen sind.

Lesezeit: 6 Minuten

Viele Biogasanlagenbetreiber mit Ü20-Anlagen suchen nach einer Alternative zur Stromproduktion – auch wegen der mangelhaften Perspektive bei der Ausschreibung zur zehnjährigen Verlängerung. Hier bietet sich der Biomethanmarkt an. Für die klassische 500 kW-Anlage ist eine eigene Gasaufbereitung aber meist zu teuer. Inwieweit ein Zusammenschluss mit anderen Anlagen helfen könnte und was bei der Planung zu beachten ist, erklärt Carsten Bahlburg von der Bahlburg Energie GmbH aus Klein Meckelsen.

Bahlburg ist selbst Landwirt und betreibt mit seinen Partnern zwei Biogasanlagen, von denen eine sich aktuell auch in der Planung für die Umstellung auf die Biomethan-Produktion befindet. Sein Unternehmen begleitet Biogasanlagen bei der Konzepterstellung und Projektierung.

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Für welche Anlagen kommt eine Clusterung infrage?

Bahlburg: Es gibt eine große Unsicherheit bei vielen Anlagenbetreibern, weil das Ausschreibungsvolumen für die EEG-Folgevergütung zu gering ist. Wer heute bei nur geringer Restlaufzeit noch nicht flexibilisiert hat und gleichzeitig die Wärme nicht lukrativ vermarktet, besitzt kaum Perspektiven für die Stromvermarktung. So ein Anlagenbetreiber könnte über die Biomethanproduktion nachdenken.

Da viele 500 kW-Anlagen zu klein für eine eigene Aufbereitung sind, bietet sich für sie der Zusammenschluss mit mehreren Anlagen zu einem Biogascluster an. Genauso denkbar ist das für eine Güllekleinanlage, die vielleicht mehr Gülle und Mist zur Verfügung hat, als für ihre Leistung nötig ist. Auch sie könnte erweitern und mehr Gas produzieren. Entscheidend ist nur, dass eine räumliche Nähe zur zentralen Aufbereitung besteht.

Wie viele Anlagen sind für ein Cluster sinnvoll und wie weit sollten sie auseinander liegen?

Bahlburg: Die Zahl ist theoretisch nach oben offen. Aber ein Cluster sollte so eine Größe haben, dass es unter gleichwertigen Partnern auch zeitnah zu einer Einigung über bestimmte Abläufe kommt. Das ist mit vier bis fünf Anlagen sicher einfacher als mit 17. Zudem sollten die Anlagen nicht zu weit auseinander liegen, da ansonsten die Kosten für die Rohgasleitung die Skaleneffekte einer größeren Aufbereitungsanlage wieder auffressen. Wir rechnen mit 100 bis 150 € pro laufenden Meter Rohgasleitung – je nach räumlichen Gegebenheiten.

 

Welche Mindestgröße sollte eine Aufbereitung haben?

Bahlburg: Ich halte 500 m3 Rohgas je Stunde für eine wirtschaftlich sinnvolle Mindestgröße. Das entspricht einer Biomethanproduktion von ca. 250 m3/Stunde. Das ist ungefähr die Gasmenge, die eine Biogasanlage mit 1 MW elektrischer Leistung produziert.

 

Das heißt, theoretisch würden zwei 500 kW-Anlagen schon ausreichen.

Bahlburg: Rein rechnerisch ja. Sofern die Rahmenparameter hinsichtlich Entfernung und Input passen. Aber in der Praxis würde es kaum vorkommen, dass jemand sein ganzes Gas zur Biomethanproduktion abgibt. Denn er muss ja auch noch Wärme für die Fermenter produzieren. Hackschnitzelheizungen oder andere Wärmequellen schneiden häufig deutlich schlechter ab als ein BHKW, das im Flex-Betrieb läuft.

Daher rate ich dazu, das alte 500 kW-BHKW stehen zu lassen und vielleicht auf 100 kW zu drosseln. Wegen dieser starken Überbauung könnte der Betreiber damit an der Ausschreibung teilnehmen und sich nochmal zehn Jahre Vergütung sichern. Gleichzeitig erzielt er am Strommarkt interessante Einnahmen. Wenn er 250 m3 Rohgas produziert, könnte er 50 m3 für das BHKW nutzen und seine eigene Wärme produzieren, 200 m3 zur Biomethanproduktion verkaufen. Damit hätte er zwei Standbeine und eine gewisse Risikostreuung.

 

Was raten Sie zur Abschreibungsdauer?

Bahlburg: Hier muss man sich umstellen: Während früher bei 20 Jahren EEG-Laufzeit 15 Jahre Usus waren, sollte die Investition in die Gasaufbereitung und das Rohgasnetz in 7 bis 10 Jahren abgeschrieben sein. Denn viele Biomethanverträge laufen aktuell nur 6 bis 7 Jahre. Darüber hinaus sind die Prognosen schwierig. Die Insolvenz von bmp greengas Ende 2023 und die aktuellen Schwierigkeiten von Landwärme zeigen, dass auch der Gashandel volatil ist.

 

Was beeinflusst die Wirtschaftlichkeit noch?

Bahlburg: Das sind vor allem die Ausgangsstoffe. Wer Gülle und Mist vergärt, produziert ein Biomethan, das wegen der hohen Treibhausgasminderung im Kraftstoffmarkt gefragt ist. Dafür zahlen Händler einen höheren Preis, weil es beim Verkauf an der Tankstelle auch einen Erlös über die THG-Quote gibt. Diese wird im Biomethanpreis eingepreist.

Reine Maisanlagen dagegen haben es in der Vermarktung schwer. Ganz abschreiben sollte man Energiepflanzen aber nicht. Denn das daraus hergestellte, günstigere „Nawaro“-Biomethan könnte künftig im Wärmemarkt gefragt sein. Hausbesitzer können damit den Pflichtanteil nach dem Gebäude-Energie-Gesetz erfüllen.

 

Ist es sinnvoll, bei der Vermarktung alles auf eine Karte zu setzen oder das Risiko lieber streuen?

Bahlburg: Sinnvoll ist es, nicht bei einem einzigen Händler einen längerfristigen Liefervertrag unterschreiben, sondern besser, mehrere Eisen im Feuer zu haben. Ein anderes Modell könnte sein, nicht mit einem Händler zu verhandeln, sondern das Gas aus mehreren Anlagen mithilfe eines Dienstleisters erstmal zu bündeln und dann eine größere Gasmenge am Markt anzubieten. Hier sind gegebenenfalls andere Preise möglich.

Ein dritter Weg wäre, sich einen Abnehmer wie z.B. eine Molkerei oder ein anderes Unternehmen zu suchen, das direkt mit Biomethan beliefert wird, wobei dann auch die Bilanzierung geklärt sein muss. Das Gute an einer Kooperation von mehreren Betrieben ist, dass eine Arbeitsteilung möglich ist, bei der sich einer der Partner schwerpunktmäßig um die Vermarktung kümmern und die Märkte im Blick haben kann.  

 

Clusterprojekte schießen zwar gerade wie Pilze aus dem Boden. Gleichzeitig gibt es aber mehrere Großanlagen in Veredelungsregionen, die überregional Gülle und Mist einkaufen und Biomethan produzieren wollen. Machen die so einem Cluster nicht Konkurrenz?

Bahlburg: Sicher können größere Anlagen günstiger und mit mehr Personal und Technik vielleicht auch professioneller Biomethan erzeugen. Allerdings gilt auch hier, dass ein Teil der Skaleneffekte durch weite Transportwege wieder aufgefressen wird. Zudem dürften Tierhalter, die Gülle und Mist an Großanlagen abgeben, feststellen, dass die Preise stark schwanken können. Denn auch die Transportunternehmen wollen mitverdienen. Eine Direktbeziehung zwischen einem Tierhalter und einer benachbarten Biogasanlage ist mit Sicherheit der bessere Weg – vor allem, wenn der Wirtschaftsdüngerlieferant finanziell am Erfolg der Anlage beteiligt wird.

 

Was sind die ersten Schritte zur Kooperation?

Bahlburg: Wenn sich einige benachbarte Anlagenbetreiber mit einer Rohgasleitung zusammenschließen wollen, ist es schon eine enge Bindung, die sich nicht einfach lösen lässt. Daher sollten die Betreiber auf alle Fälle menschlich zueinander passen. Dann sollten sie prüfen, ob sie zusammen genügend Rohgas haben, um damit eine Aufbereitung zu betreiben. Zudem ist die Entfernung von unter 1 km zu einem Gasnetz Grundvoraussetzung.

Wenn alles passt, können sie sich Gedanken machen, wo die Aufbereitungsanlage am besten stehen soll und ob für den Standort ein Bebauungsplan nötig ist. Falls ja, sollten sie möglichst früh Kontakt mit der Baubehörde aufnehmen und die Pläne vorstellen. Denn das Genehmigungsverfahren ist neben dem Netzanschluss das größte Nadelöhr und kann bis zu zwei Jahre in Anspruch nehmen.

Außerdem wird man auf diese Weise herausfinden, ob auch andere Projekte in der Region geplant sind. So könnte es sinnvoll sein, die Aufbereitung mit der CO₂-Abtrennung in der Nähe eines Elektrolyseurs aufzustellen. Der damit produzierte Wasserstoff könnte mittelfristig verwendet werden, um mit dem CO₂ Methan oder synthetische Kraftstoffe zu produzieren.

Was auch zu klären ist, sind Gesellschaftsform und Gewinnaufteilung. Dazu gehört die Frage, wer die Rohgasleitung finanziert, wie die gelieferten Gasmengen bilanziert werden sollen und wie der damit erzielte Erlös auf die einzelnen Anlagen verteilt wird.

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