Die Bundesanstalt für Materialforschung und -prüfung (BAM) entwickelt ein digitales Tool, das Betreiber von Windparks bei der Entscheidung unterstützt, ob ältere Windenergieanlagen weiterbetrieben oder ausgetauscht werden sollen. Ziel ist es, die Effizienz und Nachhaltigkeit der Windenergienutzung in Deutschland zu steigern.
Letztes Jahr 555 Windräder stillgelegt
Jedes Jahr erreichen hunderte ältere Windenergieanlagen das Ende ihrer vorgesehenen Nutzungsdauer. 2024 wurden allein an Land 555 Anlagen stillgelegt, während 635 neue Onshore-Einheiten ans Netz gingen. Ingenieurtechnische Untersuchungen zeigen jedoch, dass viele ältere Anlagen sicher und standfest genug sind, um noch einige Jahre länger genutzt zu werden.
Komplexe Entscheidungsfindung
Für Betreiber von Windparks stellt sich die Frage: Rechnet sich ein Weiterbetrieb? Sind die Tragstrukturen noch belastbar genug? Lohnt es sich, die Anlagen zu ertüchtigen oder ist ein vollständiger Rückbau und die Investition in eine neue Anlage wirtschaftlicher?
Besonders im Offshore-Bereich, wo moderne Windtürme bis zu 20 Megawatt und damit das Drei- bis Vierfache älterer Strukturen erzeugen, ist diese Entscheidung komplex.
„Bislang werden Unternehmen, die Windparks betreiben, mit dieser Entscheidung allein gelassen“, erklärt Ronald Schneider vom Kompetenzzentrum Wind@BAM. „Jede Demontage bindet gleichzeitig knappe Ressourcen bei der Herstellung und bei Installationsfirmen sowie bei den Schiffen, die Offshore-Anlagen transportieren. Diese Kapazitäten werden in Deutschland für einen beschleunigten Windausbau benötigt.“
Entwicklung eines digitalen Entscheidungstool
Zusammen mit der Jörss-Blunck-Ordemann GmbH und der RWE Renewables GmbH entwickelt ein BAM-Team ein digitales Entscheidungstool, das alle relevanten Gesichtspunkte berücksichtigt. „Wir wollen Interessierten ein einfaches Baukastensystem zur Verfügung stellen, damit sie in wenigen Schritten die optimale Entscheidung treffen können“, so Schneider. „Der Bedarf für solch ein Tool ist in der Branche sehr groß.“
Das Tool wird an einen digitalen Zwilling der Anlage gekoppelt, in den über Sensoren und Monitoringsysteme alle aktuellen Daten zum Erhaltungszustand einfließen können. Zeigt das Tool Schwachstellen auf, bietet das Kompetenzzentrum Wind@BAM gleichzeitig konkrete Lösungen zur Ertüchtigung der Tragstrukturen an. Das digitale Entscheidungstool wird an einem Offshore-Windpark in der Nordsee auf seine Praxistauglichkeit geprüft.