Die bayerische Firma Spanner Re2 bietet seit fast 20 Jahren Holzvergasungsanlagen zur Verarbeitung von Hackschnitzeln an. Das Gas wird üblicherweise im BHKW zu Wärme und Strom veredelt. Jetzt gibt es neue Entwicklungen: Mit der Verwendung von Pellets erweitert sich die Rohstoffbasis bis hin zu Kunststoff. Und das Gas lässt sich als „Syngas“ auch direkt als Erdgasersetz in Unternehmen verwerten. Die genauen Hintergründe schilderte uns Geschäftsführer Thomas Bleul.
Mit Ihren Anlagen lässt sich aus Holzhackschnitzeln Holzgas herstellen und im BHKW zu Strom und Wärme veredeln. Jetzt sind Sie auch im Bereich Reststoffvergasung tätig. Welche Stoffe kommen zum Einsatz?
Bleul: Wir haben inzwischen Holzpellets der Güteklasse A1 erfolgreich getestet. Aktuell laufen Versuchen mit Industriepellets aus minderwertigerem Holz, die mehr Asche und einen niedrigeren Asche-Erweichungspunkt haben. Die Technik hat zudem das Potenzial, auch pelletierte Reststoffe aus der Landwirtschaft zu verwerten.
Welche sind das?
Bleul: Geeignet sind alle Stoffe, die stickstoffarm sind. Mist, Gülle oder Mistrückstände, vor allem Hühnermist, Pferdemist und Gärreste, sind zu stickstoffreich und werden dauerhaft für die Vergasung nicht infrage kommen. Potenzial sehen wir hingegen bei Stroh, Spelzen und weiteren pflanzlichen Reststoffen, die pelletiert voraussichtlich gut durch die Anlagen laufen werden. Auch Rapsstroh könnte eine interessante Option sein. Es gibt so gut wie keine funktionierende Strohpelletheizung. Darum wäre die Vergasung eine ideale Verwertung dafür. Stroh hat zwar einen höheren Chlorgehalt und einen niedrigen Ascheschmelzpunkt, aber mit der Beimischung von Branntkalk kann man die Probleme vermeiden. Diese Materialien müssen jedoch noch ausgiebig getestet werden, um ihre Praxistauglichkeit in der Vergasung sicherzustellen.
Pellets sind ja deutlich teurer, die Pelletierung kostet schnell über 100 €/t. Welche Vorteile bietet das Verfahren?
Bleul: Bei landwirtschaftlichen Anlagen, wie wir sie früher hauptsächlich verkauft haben, sind Hackschnitzel nach wie vor der wichtigste Rohstoff. Landwirte haben Platz und können den Brennstoff mithilfe von Frontladern bzw. Radladern bewegen. Aber ein Hotel in der Stadt auf engem Raum ist auf eine automatische Förderung des Brennstoffs angewiesen. Da haben Pellets eindeutig Vorteile. Wenn die Wärme gut verwertet wird, spielt der Brennstoffpreis eine untergeordnete Rolle. Bei einem Pelletpreis von 250 €/t ergibt sich ein Strompreis von etwa 11 Cent/kWh und ein Wärmepreis von ca. 5 Cent/kWh, wenn der Betreiber eine Förderung nach dem KWK-Gesetz nutzt. Beim steigenden Gaspreis wird das schnell eine attraktive Option. Mit dem Holzgas-BHKW kann so ein Betrieb neben der Wärme auch seinen Strom selbst produzieren, weshalb ein BHKW Vorteile gegenüber einer reinen Pelletheizung hat.
Sind noch weitere Reststoffe denkbar?
Bleul: Wir haben die letzten drei Jahre intensiv mit einem Unternehmen zusammengearbeitet, das Kunststoffabfälle verarbeitet hat. Dabei haben wir viele Erfahrungen gesammelt, die sich auch auf landwirtschaftliche Reststoffe anwenden lassen und zeigen, was künftig an Brennstoffen möglich sein wird.
Kunststoffabfall: Das hört sich kompliziert an. Waren Umrüstungen an Ihren Holzvergasern nötig?
Bleul: Nein, die Verarbeitung von Kunststoff ist im Gegenteil viel einfacher als Holz. Es ist zwar genehmigungstechnisch eine andere Herausforderung, weil dafür die 17. Bundes-Immissionsschutzverordnung (17. BImSchV) zuständig ist. Sie regelt u.a. Müllverarbeitungsanlagen. Aber das Gas ist sehr sauber und mit klassischem Holzgas zu vergleichen. Unsere Ingenieure bezeichnen Kunststoff als „gefrorenes Öl“. Da sind keine Schwermetalle oder andere Problemstoffe enthalten. Selbst die Weichmacher, die enthalten sind, werden im Vergasungsprozess mit 1200 °C bei der Pyrolyse zerlegt.
Um welche Kunststoffe geht es?
Bleul: Wir haben verschiedene Stoffe verarbeitet, darunter die üblichen Kunststoffe wie PET, PEP usw. Also z.B. auch Stoffe, die man z.B. von landwirtschaftlichen Folien kennt. Das hat alles gut funktioniert.
Bedeutet das, dass Landwirte demnächst ihre Silofolien zu Wärme und Strom verarbeiten können?
Bleul: Theoretisch ja. Aber eine Einzelanlage dürfte sich erst ab 200 bis 300 kW rechnen. Hierfür muss ein gutes Wärmekonzept und möglichst auch eine Eigenstromverwendung vorliegen, damit es sich rechnet. Daher glaube ich, dass das eher ein Thema für Genossenschaften oder andere Zusammenschlüsse sein wird, vor allem aber für Unternehmen, die ihre eigenen Abfälle verarbeiten wollen. Sie könnten das anfallende Gas auch als Erdgasersatz verwenden und direkt nutzen, anstatt es im BHKW zu verbrennen. Andere Unternehmen überlegen, dieses „Syngas“ als Rohstoff für die Produktion von synthetischem Diesel zu verwenden.
Wie sieht die Verarbeitung praktisch aus?
Bleul: Wir können die Kunststoffpartikel mit Holzhackschnitzeln mischen, die als Trägerstoff fungieren. Hierzu hat sich eine Mischung mit 50 % Hackschnitzeln (bezogen auf den Energieinhalt) als praxistauglich erwiesen. Bei Bedarf könnte man die Partikel auch pelletieren. Das würde die Verarbeitung einfacher machen. Auch bei Anlagen, die mit einer Mischung aus Holz und Kunststoffabfällen betrieben werden, ist eine Nachverglühung vorgesehen – konkret in einem Nachreformer. Dabei bleibt als Reststoff nur Asche übrig, die auf Deponien entsorgt werden muss.
Muss man bezüglich Filtertechnik besondere Maßnahmen ergreifen?
Bleul: Nein, bis auf die Verwertung von PVC, wo es relativ viel Chlor im Abgas gibt. In dem Fall arbeiten wir mit einem Aktivkohlefilter, ähnlich wie bei Biogasanlagen.
Wie ist Ihr allgemeiner Ausblick zur Holzvergasung?
Bleul: Insgesamt wird die Reststoffverwertung über Biomasseanlagen wie die Holzvergasertechnik künftig mehr Gewicht bekommen, da sie eine ideale Möglichkeit sind, um Herausforderungen wie die Dunkelflaute zu umgehen. Dörfer können sich mit Solarstromanlagen, einer Großbatterie und einer Holzgasanlage komplett energieunabhängig machen. Das Holz kann auch aus Agroforstsystemen oder von Hecken stammen.