Die Kombination von Freiland-Legehennen und die Solarstromproduktion gilt als ideal, weil die Tiere unter den Modulen Schutz finden.
In dem Forschungsprojekt „Kombination Photovoltaik und Freilandhaltung Legehennen“ im Verbundprojekt „Modellregion AgriPV Baden-Württemberg“ untersucht die Hochschule für Wirtschaft und Umwelt Nürtingen-Geislingen (HfWU) seit Dezember 2022 die Wechselwirkungen zwischen den PV-Modulen und der Tierhaltung und will daraus Empfehlungen für zukünftige Praxisanlagen ableiten. Welche erste Erkenntnisse sich daraus ergeben, erläutert im top agrar-Interview Sarah Kimmich, die das Projekt bearbeitet.
Wo sehen Sie die Vorteile in der Kombination von Agri-PV und Legehennen?
Kimmich: Der größte Effekt für den Landwirt ist die Doppelnutzung der Auslauffläche, die er zusätzlich zur Stromproduktion verwenden kann. Dann gibt es weitere Aspekte. So nutzen Freiland-Legehennen meist nicht die gesamte Auslauffläche, sondern bewegen sich meist im engen Radius um das Stallgebäude. Das schädigt die Grasnarbe und führt zur Nährstoffanreicherung auf dieser Fläche. Bei einer Agri-Photovoltaikanlage dagegen können die Hühner unter den Modulen Schutz finden und sich trauen, weiter weg vom Stall zu wandern. Damit sollten sie sich gleichmäßiger über die Fläche verteilen.
Wie sieht eine ideale Agri-PV-Anlage für die Legehennenhaltung aus?
Kimmich: Noch können wir keine abschließende Empfehlung geben, da das Projekt noch bis Ende des Jahres läuft. Was wir bei unseren zwei Pilotanlagen feststellen konnten, die nach Süden ausgerichtet und ca. 1,30 bis 1,50 m hoch aufgeständert sind: Diese Aufständerung ist noch kein idealer Schutz gegen Beutegreifer wie den Habicht, zeigen die Erfahrungen der Praktiker. Hier ist weiterer Forschungsbedarf nötig, ob z.B. eine Ost-West-Ausrichtung der Module Abhilfe schafft, bei der die Module dachförmig angeordnet sind. Zudem sollte die Modulfläche nicht zu große sein. Zwei Module quer übereinander pro Seite sehe ich als Maximum an. Auch zeigen Erfahrungen aus der Praxis, dass eine Modulhöhe von 70 cm besseren Schutz vor dem Habicht gewährt. Weniger Tierverluste bedeuten mehr Eier und damit einen höheren Ertrag für den Landwirt. Aber die Solaranlage kann auch zu Nachteilen führen, die noch zu lösen sind.
Welche meinen Sie?
Kimmich: Die niedrig aufgeständerten Module sorgen für weniger Licht, was die Grasnarbe schädigen kann. Hier ist zu prüfen, inwiefern transparente Module Abhilfe schaffen können. Ein weiteres Problem ist die schlechte Wasserverteilung: Während es unter den Modulen sehr trocken ist, was das Graswachstum hemmt, kommt es an der Abtropfkante der Module zur Pfützenbildung durch Regenwasser. Da die Tiere aus den Pfützen trinken, erhöht sich der Keimdruck und damit die Gefahr von Krankheiten.
Bei Sonderkulturen gibt es inzwischen Lösungen mit Dachrinnen, Wassersammelbecken und Tröpfchenbewässerung. Wäre das auch in diesem Fall eine Lösung?
Kimmich: Auf jeden Fall. Allerdings kommt das auch auf die Kosten an.
Gibt es eine Faustzahl für eine ideale Flächengröße?
Kimmich: Das lässt sich nicht pauschal beantworten und hängt von verschiedenen Faktoren ab. Wir wissen, dass Tiere in größeren Herden weniger gut über die Auslauffläche verteilen.
Gibt es weitere Zwischenergebnisse oder Erkenntnisse zur landwirtschaftlichen Nutzung aus Ihrem Projekt ?
Kimmich: Was wir feststellen konnten, ist, dass sich der Auslaufradius der Tiere erhöht hat, seit die Agri-PV-Anlagen installiert sind. Da allerdings mehr Tiere in den Auslauf gehen als vorher, ist auch die Grasnarbe auf der stallnahen Fläche stärker geschädigt. Die Verteilung der Tiere im hinteren Bereich der Fläche ist nicht so, wie wir uns das erhofft haben. Hier müsste untersucht werden, ob Netze oder andere Maßnahmen helfen könnten, das Schutzgefühl der Tiere zu erhöhen.