Der Bundestag entscheidet am Freitag, 31. Januar 2025, nach rund 40-minütiger Debatte über die Gesetzentwürfe von SPD und Bündnis 90/Die Grünen „zur Änderung des Energiewirtschaftsrechts zur Vermeidung von temporären Erzeugungsüberschüssen“ (20/14235) und „zur Änderung des Erneuerbare-Energien-Gesetzes zur Flexibilisierung von Biogasanlagen und Sicherung der Anschlussförderung“ (20/14246) sowie über den Gesetzentwurf der Bundesregierung „zur Anpassung des Treibhausgas-Emissionshandelsgesetzes an die Änderung der Richtlinie 20023 / 87 / EG“ (TEHG-Europarechtsanpassungsgestz 2024, 20/13585, 20/13962).
Abschließend beraten werden sollen zudem zwei Gesetzentwürfe der Unionsfraktion „zur Änderung des Kraft-Wärme-Kopplungsgesetzes“ (20/13615) und „für mehr Steuerung und Akzeptanz beim Windenergieausbau und zur Beschleunigung des Wohnungsbaus“ (20/14234). Zu den Abstimmungen werden Beschlussempfehlungen des Ausschusses für Klimaschutz und Energie erwartet. Erstmals auf der Tagesordnung steht zudem ein Gesetzentwurf der FDP-Fraktion „zur Integration von Photovoltaik- und anderen Erneuerbare-Energien-Anlagen in den Strommarkt und zur Vermeidung solarstrombedingter Netznotfallmaßnahmen“, der nach der Debatte zur weiteren Beratung in den Ausschuss für Klimaschutz und Energie überwiesen werden soll.
Flexibilisierung des Stromsystems
Um den Herausforderungen temporärer Überschüsse bei der Stromerzeugung zu begegnen, hat die Bundesregierung einen Gesetzentwurf (20/14235) zur Änderung des Energiewirtschaftsrecht mit einer Vielzahl von Regelungen vorgelegt, die die Flexibilität im Stromsystem erhöhen sollen. Vor allem soll im Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) die Direktvermarktung ausgeweitet und entbürokratisiert und Regelungen zur Vergütung von EE-Anlagen in Zeiten negativer Preise angepasst sowie die Vermarktung kleinerer Anlagen durch die Übertragungsnetzbetreiber reformiert werden.
Weiter heißt es im Entwurf, durch eine Ausweitung der Steuerbarkeitsanforderungen solle gewährleistet werden, dass erneuerbare Energien zunehmend mehr Funktionen für die Systemsicherheit übernehmen. Durch ein intelligenteres Stromsystem mittels mehr Digitalisierung solle der Weg freigemacht werden, das Ziel eines Anteils von 80 Prozent erneuerbaren Energien am Bruttostromverbrauch im Jahr 2030 sicher und bezahlbar erreichen zu können.
Zur Umsetzung der Richtlinie (EU) 2024 / 1711 (novellierte Strombinnenmarktrichtlinie) sollen Regelungen im Bereich des Netzanschlusses in das Energiewirtschaftsgesetz (EnWG) aufgenommen werden. Außerdem wird die für das Jahr 2025 vorgesehene Umstellung der an den Strombörsen in den vortägigen Auktionen am Day-Ahead-Markt gehandelten und für die einheitliche Day-Ahead-Marktkopplung maßgeblichen Stromprodukte nachvollzogen, die anstatt von Stundenkontrakten zukünftig Viertelstundenkontrakte vorsehen.
Zukunft von Biogasanlagen
Mit ihrem Gesetzentwurf zur Änderung des Erneuerbare-Energien-Gesetzes zur Flexibilisierung von Biogasanlagen und Sicherung der Anschlussförderung (20/14246) wollen SPD und Bündnis 90/Die Grünen die Förderung für eine bestimmte Anzahl an Betriebsstunden zahlen, um die flexible Fahrweise der Anlagen anzureizen. Bisher wird die Förderung auf einen Anteil der jährlichen Bemessungsleistung gezahlt. Außerdem soll der Flexibilitätszuschlag von 65 Euro pro Kilowattstunde (kWh) auf 100 Euro pro Kilowattstunde installierter Leistung angehoben werden.
Zudem soll die Förderung künftig bereits bei schwach positiven Preisen entfallen. Um die Planungssicherheit für Biogasbestandsanlagen zu erhöhen, wird bis Ende 2027 ein Zuschlagsverfahren angewendet, in dem solche Anlagen bevorzugt einen Zuschlag erhalten, die an eine Wärmeversorgungseinrichtung angeschlossen sind. Gleichzeitig soll die Südquote endgültig aufgehoben werden.
Darüber hinaus wollen die Fraktionen die Ausschreibungsmengen moderat anheben, bei deutlicher Anhebung der Mengen in den kommenden zwei Jahren. Dabei soll ein Schwerpunkt auf die Ausschreibungen in den Jahren 2025 und 2026 gelegt werden, sodass eine schnelle Anschlussperspektive besteht. Außerdem wird die Anschlussförderung für die Anlagen von bisher zehn auf zwölf Jahre verlängert.
Anpassung im Emissionshandel
Das europäische Emissionshandelssystem ist ein zentrales Instrument der europäischen und nationalen Klimaschutzpolitik, heißt es in dem Gesetzentwurf (20/13585) der Bundesregierung eines „Gesetzes zur Anpassung des Treibhausgas-Emissionshandelsgesetzes an die Änderung der Richtlinie 2003 / 87 / EG (TEHG-Europarechtsanpassungsgesetz 2024)“.
Die europäische Rechtsgrundlage für den Emissionshandel bilde die Richtlinie 2003 / 87 / EG (EU-Emissionshandelsrichtlinie). Die Umsetzung des europäischen Regelungsrahmens in nationales Recht erfolge in Deutschland seit 2011 durch das Treibhausgas-Emissionshandelsgesetz (TEHG).
Änderung zur Kraft-Wärme-Kopplung
Das aktuelle Kraft-Wärme-Kopplungsgesetz (KWKG) enthält nach Angaben der Unionsfraktion alte Befristungen für die Förderung von Kraft-Wärme-Kopplungsanlagen (KWK), von Wärmenetzen und -speichern wie auch von E-Heizern. In der Regel würden die genannten Anlagen gefördert, wenn sie bis zum 31. Dezember 2026 in Dauerbetrieb genommen worden sind, heißt es in dem Entwurf (20/13615). Im Regelfall liege die Planungs-, Genehmigungs- und Errichtungsdauer insbesondere bei größeren städtischen Anlagen bei mehr als zwei Jahren. Eine Verlängerung sei daher notwendig, um den Projekten Planungssicherheit zu geben.
Mit der Änderung des KWK-Gesetzes soll die Geltungsdauer bis zum 31. Dezember 2030 verlängert werden. Die Verlängerung sei dringend geboten, schreibt die Fraktion. Die KWK werde zur Verringerung und für den Abbau von Treibhausgasemissionen sowie zur Förderung der Energieeffizienz benötigt. Zudem sei sie für das auf erneuerbaren Energien basierende Stromsystem der Zukunft als wichtige Säule für eine gesicherte Strom- und Wärmeerzeugung notwendig.
Steuerung der Windenergie
Die Unionsfraktion sorgt sich um die Akzeptanz der Energiewende. Der Windenergieausbau zum Beispiel gelinge nur mit ambitionierten Zielen und der Schaffung von Akzeptanz vor Ort. Hierzu sei ein abgestimmtes Vorgehen von Bund, Ländern und Kommunen unerlässlich, heißt es im Entwurf der Fraktion für ein Gesetz für mehr Steuerung und Akzeptanz beim Windenergieausbau und zur Beschleunigung des Wohnungsbaus (20/14234). Für das Gelingen der Energiewende und eines beschleunigten Ausbaus von erneuerbaren Energien sei dabei von entscheidender Bedeutung, dass die Flächenplanungen vor Ort durch klar ausgewiesene Windenergiegebiete gesteuert werden können, heißt es im Entwurf. Nur so entstehe eine breite Akzeptanz vor Ort.
Dafür brauche es eine bundesrechtliche Lösung. Spätestens seit der Wohnungsbaukrise der letzten drei Jahre sei offensichtlich, dass das Bauplanungsrecht reformiert werden müsse - Bauen in Deutschland dauere zu lange und sei zu teuer. Der Wohnungsmarkt sei nach wie vor angespannt, es fehlten hunderttausende Wohnungen. Mit einer befristeten Sonderregelung will die Unionsfraktion die Neubautätigkeit bundesweit ankurbeln. Um das zu erreichen, schlägt sie eine Änderung des Windflächenenergiebedarfsgesetzes (WindBG) vor, derart, dass klar gestellt werde, dass das WindBG das überragende öffentliche Interesse im Sinne des Paragrafen 2 EEG im Hinblick auf die erforderlichen Flächen für Windenergie an Land für die nahezu treibhausgasneutrale Stromerzeugung im Bundesgebiet ausgestaltet.
Zudem soll unter anderem dem Entwurf zufolge das Baugesetzbuch um eine befristete Sonderregelung für den Wohnungsbau ergänzt werden. Dazu heißt es: „Bis zum Ablauf des 31. Dezember 2029 kann mit Zustimmung der Gemeinde von den Vorschriften dieses Gesetzbuchs oder den aufgrund dieses Gesetzbuchs erlassenen Vorschriften in erforderlichem Umfang abgewichen werden, wenn die Abweichung unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist und einem der nachfolgend genannten Vorhaben dient: 1. der Errichtung eines Wohnzwecken dienenden Gebäudes, 2. der Erweiterung, Änderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten, Wohnzwecken dienenden Gebäudes, wenn hierdurch neue Wohnungen geschaffen oder vorhandener Wohnraum wieder nutzbar wird, oder 3. der Nutzungsänderung einer zulässigerweise errichteten baulichen Anlage für Wohnzwecke, einschließlich einer erforderlichen Änderung oder Erneuerung.“
Live im Parlamentsfernsehen
Die Debatte können Sie am Freitag, 31. Januar, ab 9.45 Uhr live im Parlamentsfernsehen mitverfolgen.