Unsere Autorin: Nathalie Stöhr, TH Bingen
Seit der Zulassung als Futtermittel für Schweine und Geflügel [VO (EU) 2021/1372] gewinnt der Einsatz von Insekten als alternative Proteinquelle zunehmend an Bedeutung. Insekten sind ein natürliches Futtermittel für Geflügel. In der Natur verbringen Hühner einen Großteil ihrer aktiven Zeit mit Scharren und Picken am Boden auf der Suche nach Futter, wobei auch Insekten ganz oben auf ihrer Speisekarte stehen.
Larven: Hohe Proteingehalte
Eine der vielversprechendsten Insektenart sind die Larven der Schwarzen Soldatenfliege (Hermetia illucens L., BSFL). Diese können nachhaltig auf regional anfallenden Nebenströmen der Agrarund Lebensmittelproduktion produziert werden.
Die Zusammensetzung der BSFL variiert, je nachdem womit sie gefüttert wurden. Mit einem Anteil von zum Beispiel 47 % an der Trockenmasse (TM) sind sie reich an Protein und ihr Aminosäuremuster ist vergleichbar mit den Gehalten in herkömmlich eingesetzten Proteinquellen.
Auch bestehen diese Larven zu einem erheblichen Anteil aus Fett (etwa 23 % in der TM). Die vorherrschende Fettsäure ist Laurinsäure (C12:0). Diese hat in der Tierernährung als mittelkettige Fettsäure einen positiven Einfluss auf die Darmgesundheit. Dies macht die BSFL zu einem idealen Futtermittel für die Geflügelernährung.
Im Rahmen des Projektes „INSECT4WEL“ prüften Mitarbeiter der Technischen Hochschule Bingen (TH) den Einsatz lebender Larven als alternative Protein- und Energiequelle für Legehennen. Diese wurden vom Unternehmen FarmInsect bereitgestellt.
Auf der Wiese verstreut
Die praxisnahe Studie fand auf dem Lehr- und Demonstrationsbetrieb der TH Bingen, St. Wendelinhof, mit 144 Legehennen der Rasse Lohmann Braun statt. Im Alter von 18 Wochen erfolgte die Einstallung in vier Kerkstroer-Mobilställe.
Nach kurzer Eingewöhnung wurden die Tiere auf die Fütterungsvarianten Kontrolle (CON) und Versuch (LAR) aufgeteilt (8 Gruppen mit jeweils 18 Tieren). Den Hennen der Versuchsgruppe wurden daraufhin über 30 Wochen hinweg zweimal täglich lebende BSF-Larven angeboten.
Beim Legemehl erfolgte eine entsprechende Reduzierung der Menge an Protein und Energie, sodass die beiden Fütterungsgruppen den gleichen Energie- und Proteingehalt im Futter erhielten. Technik kam beim Füttern der Larven nicht zum Einsatz.
Zu Beginn der Studie wurden die Larven über mehrere Wochen in einem Langtrog (Fressplatzverhältnis 1 : 1) angeboten. So konnte exakt kontrolliert werden, ob alle Larven von allen Hennen gefressen werden. Nachdem die Akzeptanz der Larven auf diese Weise sichergestellt war, wurden die Larven anschließend auf der Wiese händisch ausgestreut. Die frischen Larven sind innerhalb kurzer Zeit vollständig aufgefressen worden.
Larven ersetzen Sojaschrot
In der ersten Phase, bis zur 36. Lebenswoche der Legehennen, wurden 15 % lebende Larven gefüttert. In der zweiten Phase erfolgte mit dem Absenken des Protein- und Energiegehaltes im Futter eine Reduzierung auf 10 % lebende Larven. Somit ersetzten die frischen Larven 100 % des eingesetzten Sojaextraktionsschrotes sowie einen Teil der eingesetzten Fette.
Die mit Larven gefütterten Hennen hatten über den gesamten Versuchszeitraum von 30 Wochen mit 101 g/Tier/Tag eine signifikant geringere Gesamt-Trockenmasseaufnahme (Legemehl plus Larven) im Vergleich zur Kontrollgruppe (105 g/Tier/Tag).
Die Legehennen der Larvengruppe erreichten mit einer Legeleistung von 93 % in Lebenswoche 22 signifikant früher ihre Legespitze. Die Kontrollgruppe wies zur gleichen Zeit eine Legeleistung von 80 % auf. Über den gesamten Versuchszeitraum unterschied sich die durchschnittliche Legeleistung mit 88 % bei der Kontroll- und 89 % bei der Larvengruppe jedoch nicht zwischen den beiden Fütterungsvarianten.
Zu beobachten war allerdings, dass die Eier der Larvengruppe durchschnittlich 1 g/Ei schwerer waren. (CON: 60 g/Ei; LAR: 61 g/ Ei). Die geringere Futteraufnahme in Verbindung mit der höheren Eimasse führte schließlich über die acht Legemonate zu einem tendenziell verbesserten Futteraufwand von 2,3 kg Futter/kg Eimasse bei der Larvengruppe. Der Futteraufwand der Kontrollgruppe dagegen betrug 2,5 kg Futter/kg Eimasse.
Die Analysen der inneren und äußeren Eiqualitätsparameter des gesamten Geleges eines Tages aus Lebenswoche 36 (Ende Phase 1) und Lebenswoche 50 (Ende Phase 2) zeigen eine dünnere Schale in Verbindung mit der Larvenfütterung. Dies hatte jedoch keinen Einfluss auf die Bruchfestigkeit (>40N) oder Haugh Einheiten (>83). Die weiteren Eiqualitätsparameter wie Dotterfarbe, Dotterindex, Prozentanteile Dotter und Eiklar sowie der pH-Wert im Ei wurden nicht durch die Larvenfütterung beeinflusst.
Es konnte aber eine Veränderung in der Fettsäurezusammensetzung im Dotter beobachtet werden. Insbesondere die Fettsäuren C12:0, C14:0 und C16:0 wurden durch die Larvenfütterung erhöht. Dies hatte einen Anstieg der gesättigten Fettsäuren bei gleichzeitiger Verringerung der Anteile an ungesättigten Fettsäuren im Ei zur Folge.
Bei der Erhebung der allgemeinen Tierschutzindikatoren wie die Bonitur des Federkleides und der Fußballengesundheit zeigten sich keine Unterschiede zwischen den beiden Gruppen.
Beitrag zur Nachhaltigkeit
Festgehalten werden kann, dass Insektenlarven als natürliches Futtermittel mit idealer Nährstoffzusammensetzung einen Beitrag leisten können zu mehr Nachhaltigkeit und Tierwohl in der Geflügelernährung. Der Marktpreis für gemästete Larven liegt aktuell bei etwa 620 €/t. Die Kosten einer eigenen Erzeugung betragen etwa 500 €/t, je nach Betriebsstruktur.
Das Projekt INSECT4WEL war ein Kooperationsprojekt der THBingen und dem Dienstleistungszentrum Ländlicher Raum Eifel. Es wurde finanziert vom Ministerium für Wirtschaft, Verkehr, Landwirtschaft und Weinbau.