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topplus Verheerendes Experiment

USA wollen bewusste Ausbreitung der Geflügelpest

Aussagen des US-Gesundheitsministers alarmieren die Wissenschaft weltweit. Er schlägt vor, die Ausbreitung des Geflügelpestvirus zuzulassen, um so immunisierte Vögel zu identifizieren.

Lesezeit: 5 Minuten

Robert F. Kennedy Jr., Gesundheitsminister unter Donald Trump, empfiehlt zur Bekämpfung der Vogelgrippe, das Virus einfach sich selbst zu überlassen und einer weiteren Ausbreitung schlicht zuzuschauen.

Anstatt Vögel zu töten, sobald die Infektion entdeckt wird, sollten Landwirte „die Möglichkeit in Betracht ziehen, das Virus in der Herde laufen zu lassen, um die immunen Vögel zu identifizieren und zu erhalten“, sagte Kennedy kürzlich auf Fox News. Laut New York Times wiederholte er diese Idee auch in anderen Interviews auf dem Sender.

Zwar ist Kennedy nicht für die Landwirtschaft zuständig, allerdings soll sich auch Agrarministerin Brooke Rollins für diese Idee ausgesprochen haben, so die Zeitung. „Es gibt einige Landwirte, die bereit sind, dies in einem Pilotprojekt zu testen“, sagte Rollins. Um die Höfe müsste dann ein Sicherheitsbereich errichtet werden. Dann könne man ergründen, ob es einen Weg zur Immunität gibt.

Fachwelt entsetzt

Mit strikter Ablehnung reagieren Veterinärwissenschaftler auf die Idee. Sie halten es für unverantwortlich und gefährlich, das Virus unkontrolliert in Geflügelbeständen wüten zu lassen. Das hätte enorme wirtschaftliche Folgen. Von einer aus vielen Gründen „wirklich schrecklicher Idee“ spricht beispielsweise Dr. Gail Hansen, ehemalige Staatstierärztin für Kansas.

Seit Januar 2022 habe es in jedem Bundesstaat über 1.600 Ausbrüche auf Farmen und in Hinterhofhaltungen gegeben. Mehr als 166 Mio. Stück Geflügel seien betroffen. Jede Infektion sei dabei eine weitere Gelegenheit für das Virus H5N1, sich zu einer virulenteren Form zu entwickeln.

Genetiker verfolgen die bisherigen Mutationen genau. Noch hat das Virus nicht die Fähigkeit entwickelt, sich unter Menschen zu verbreiten. Wenn sich H5N1 jedoch ungehindert unter 5 Mio. Vögeln ausbreiten dürfte, „besteht für das Virus buchstäblich eine Chance von 5 Mio., sich zu replizieren oder zu mutieren“, sagt Dr. Hansen.

Das Rezept für eine Katastrophe

Eine große Anzahl infizierter Vögel könnte das Virus massiv übertragen und so Mitarbeiter und andere Tiere einem hohen Risiko aussetzen. „Sie setzen sich also dem Risiko aus, dass Schlimmes passiert“, sagt Hansen. „Das ist ein Rezept für eine Katastrophe.“

Würden die Landwirte das Virus auf ihren Höfen verbreiten lassen, „würden diese Infektionen bei fast 100 % der Hühner und Puten einen sehr schmerzhaften Tod verursachen“, stellt auch Dr. David Swayne klar. Der Geflügeltierarzt war fast 30 Jahre lang für das US-Landwirtschaftsministerium tätig.

Das Ergebnis wäre „unmenschlich und würde zu einer inakzeptablen Tierschutzkrise führen“, fügte er hinzu.

Landwirte, die infizierte Herden keulen, müssen zudem die Räumlichkeiten reinigen und Audits bestehen, bevor sie ihre Bestände wieder aufstocken können. Sie sind oft bestrebt, die Krise schnell zu lösen. Ein einfacher Rückzieher hätte schwerwiegende finanzielle Folgen.

Quarantäne, hohe Kosten und Verluste

Die Strategie „bedeutet längere Quarantäne, mehr Ausfallzeiten, höhere Einnahmeverluste und höhere Kosten“, warnt derweil ein Wissenschaftler des US-Landwirtschaftsministeriums, der aus nachvollziehbaren Gründen anonym bleiben will.

Die Vorstellung Kennedys, dass eine bestimmte Geflügelart von Natur aus immun gegen die Vogelgrippe sein könnte, sei falsch. Hühnern und Puten würden die Gene fehlen, die für eine Resistenz gegen das Virus erforderlich sind, so Experten.

„Bei der heutigen Geflügelzucht gibt es kaum genetische Variabilität“, sagt Hansen. „Im Grunde sind sie alle gleich.“

Handelsembargos wären weitere Folge

Die Gesundheitsvorschriften würden den Verkauf der wenigen Vögel, die eine Infektion überleben könnten, verbieten. In jedem Fall wären diese Vögel möglicherweise nur gegen die aktuelle Version von H5N1 geschützt, nicht gegen andere, die im Zuge der Weiterentwicklung des Virus entstehen.

„So funktionieren Biologie und Immunologie nicht“, sagt Dr. Keith Poulsen, Direktor des Wisconsin Veterinary Diagnostic Laboratory, gegenüber der New York Times.

Eine ungehinderte Ausbreitung des Virus würde wahrscheinlich auch zu Handelsembargos gegen Geflügel aus den USA führen, fügte er hinzu: „Das würde sofort einen enormen wirtschaftlichen Verlust bedeuten.“ In einem Interview mit Fox News meinte Kennedy außerdem, dass das Virus „Wildvögeln offenbar nicht schadet – sie verfügen über eine Art Immunität“.

Tatsächlich hat H5N1 bislang hunderttausende Greif- und Wasservögel in der freien Natur getötet.

Leserstimmen

"Wenn die beiden Superpolitiker (plus ihrem Chef) dann direkt auf der Farm neben den infiierten Huehner leben, dann waere ich sofort bereit dieses Pilotprojekt zu starten. Hier kann man mal sehen mit welcher Intelligenz die USA regiert werden. Als Antwort auf diese Idee kann eigentlich nur ein klares "Nein"auf die Eieranfragen aus den Staaten erfolgen." (Stefan Lehr)

"Das ist doch eine sehr rückschrittliche Strategie. Die frei lebenden Vögel bekommen ja jedes Jahr Geflügelpest. Früher das Hausgeflügel auch. Aber mit dem Impfstoff wurde das Problem behoben. Die Herstellung läuft ja genauso wie beim menschlichen Grippeimpfstoff. Ein Fläschchen abgeschwächtes Virus ins Tränkewasser und das Problem ist behoben, ohne das die Tiere leiden. Eier exportieren brauchen die USA nicht. Die sind dankbar für jedes Huhn das legt." (Reinhard Luhr)

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