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Von der Kommune bis in den Bundestag: Diese vier Landwirte machen Politik

Politik und Landwirtschaft sind eng miteinander verbunden. Viele Landwirte und Landwirtinnen wollen Sprachrohr für die Menschen im länd­lichen Raum sein und bei komplexen ­Agrarthemen mitentscheiden.

Lesezeit: 7 Minuten

Was motiviert eigentlich dazu, sich politisch zu engagieren? Wie kommt man zu einer Partei? Was bedeutet es, sich einzubringen? Schließlich ist ein politisches Amt zeitintensiv. Diese Fragen haben sieben Politiker mit landwirtschaftlichen Wurzeln gestellt. Sie alle eint der Wunsch, zu vermitteln und gesellschaftliche Themen zu beackern. Dies ist Teil zwei unseres Beitrags über Landwirte in der Politik. Die ersten drei Statements finden Sie hier.

Grüner im NRW-Landtag: Norwich Rüße will mit seiner Politik vermitteln

Ich habe 2010 genau überlegt, ob ich in den Landtag gehen soll. Denn es ist nicht leicht, die Familie, den Hof und das davon 150 km entfernte Parlament unter einen Hut zu bringen. In den Jahren davor, als ich im Gemeinderat und im Kreistag war, konnte ich die Hofarbeit noch mithilfe meines Vaters bewältigen. Für den Landtag bin ich mindestens zwei Tage in der Woche in Düsseldorf, oft länger. Aber mir war es wichtig, für die Grünen Agrarpolitik zu machen, um die kleinen Betriebe und die Umwelt in den Mittelpunkt zu stellen.

Jungen Menschen, die sich für Politik interessieren, empfehle ich oft, vorher viel Berufserfahrung zu sammeln – auch bei Verbänden, die weiter von den Themen der Grünen entfernt sind. Für Parlamente wünsche ich mir Menschen, die eine Biografie haben. Das ist wichtig, um die Themen einordnen zu können.

In den 14 Jahren, die ich im Landtag bin, habe ich ein gutes Verhältnis zu den Landwirtschaftsverbänden und anderen Interessenvertretern aufgebaut. Ich diskutiere gerne mit Bauern, weil sie wissen, wovon sie reden. Das sind fordernde Debatten, die Spaß machen. Vor allem, weil dabei gerne mal 50 Leute kommen. Das würde ich mir ebenso in anderen Bereichen wünschen. Jedoch stimmt mich nachdenklich, dass immer weniger Bauern in den Parlamenten sitzen. Das gilt auch für uns.

Dabei sind gerade in der Agrarpolitik Fachkenntnisse von Vorteil, denn die Materie ist sehr komplex. Es geht darum, unsere Landwirtschaft und die Herausforderungen im Umwelt-, Tier- und Klimaschutz unter einen Hut zu bringen und zwischen den unterschiedlichen Akteuren zu vermitteln. Unsere Aufgabe als Politikerinnen und Politiker ist es, immer die gesamte Gesellschaft in den Blick zu nehmen. Wie das zusammen gehen kann, zeigt für mich Cem Özdemir. Er schafft es, die Landwirtschaft dort zu thematisieren, wo sie hingehört: In der Mitte der Gesellschaft.

FDP im Bundestag: Carina Konrad kämpft für langfristige Ziele

Man muss sich einbringen und etwas bewegen wollen. Dabei sollte die Sache selbst und nicht die eigene Person im Mittelpunkt stehen. Meine Erfahrung ist: Wer aus Überzeugung für etwas kämpft, wird am Ende erfolgreich sein.

Nachdem ich Landwirtin gelernt und Agrarwissenschaften studiert hatte, übernahmen mein Mann und ich 2005 unseren landwirtschaftlichen Familienbetrieb. Ich wollte aber auch außerhalb des Hofes etwas bewegen. Mit dem Vorsitz im Verein landwirtschaftlicher Fachbildung Simmern-Birkenfeld, den ich bis heute innehabe, ist mir klar geworden: Anzupacken und sich zu engagieren, macht Spaß!

Eine der Stärken von Landwirten? Viele Bälle zeitgleich in der Luft zu halten.“
Carina Konrad

Ich bin mit 33 Jahren in die FDP eingetreten. An dieser Partei hat mich der Ansatz überzeugt, Freiheit und Verantwortung unter einen Hut bringen zu wollen. Seit 2017 bin ich Bundestagsabgeordnete, mittlerweile stellvertretende Fraktionsvorsitzende und gleichzeitig im Kreistag und im Verbandsgemeinderat kommunalpolitisch aktiv. Mich begeistert die Möglichkeit, die Anliegen meines Wahlkreises und meiner Region aktiv politisch in Berlin zu vertreten. Daher bin ich in Wahlkreiswochen so viel unterwegs, will alles aufsaugen und dann in bundespolitisches Handeln umwandeln. Zu Hause auf dem Hof bin ich wegen meines hohen Pensums keine verlässliche Arbeitskraft mehr, aber als Familienbetrieb können wir das sehr gut auffangen.

Natürlich ist es nicht einfach, alle zwei Wochen in Berlin zu sein, aber jedes Familienmitglied hat andere Kanäle, um Kontakt zu halten: Mein Mann te­lefoniert am liebsten; meine älteste Tochter schreibt WhatsApp-Nachrichten und die jüngste will „facetimen“.

Ob ich im Amt schon einmal Anfeindungen erlebt habe? Ja. Ich denke, die erleben heute viele Politiker. Vor allem in den sozialen Medien schreiben Menschen Dinge, die sie anderen vermutlich niemals ins Gesicht sagen würden. Dieser Ton hält wiederum andere Kommentatoren davon ab, sich zu beteiligen. Zwar ist es legitim, seine Meinung zu äußern und sich auch mal Frust von der Seele zu reden.

Gleichzeitig sollte man bedenken, dass Politik ein ständiger Prozess der Meinungsbildung ist und ein politischer Kompromiss zwischen drei unterschiedlichen Koalitionspartnern am Ende einen Wert hat. Denn der Kompromiss ist Demokratie. Und Demokratie ist die Möglichkeit, dass sich jeder politisch beteiligen kann. Als landwirtschaftliche Unternehmerin muss ich mich aber noch daran gewöhnen, dass die Wege in der Politik von der Benennung eines Problems bis zu seiner Lösung manchmal länger sein können.

Wählergruppe: Michael Probst ist ohne Partei im Kreistag

In den großen Parteien habe ich meine Interessen nie stark genug vertreten gesehen, um mich für eine zu entscheiden. Mein Vater hat mir dann von der „Wählergruppe Bauernverband Mansfeld-Südharz“ erzählt. Die Idee, selbst parteilos Politik zu machen, gefiel mir. Als ich mich dann vor fünf Jahren zum ersten Mal für den Gemeinderat in Benndorf zur Wahl aufgestellt habe, war ich 27 Jahre alt. Mithilfe einer Freundin habe ich Plakate aufgehängt und Wahlkampf gemacht. Dass ich dann auch gewählt wurde, hat mich selbst etwas überrascht. Doch inzwischen bin ich sogar Mitglied im Kreistag.

Dadurch, dass ich keiner Partei angehöre, kann ich dort so diskutieren und Entscheidungen treffen, wie es nach meinem Gewissen richtig ist. Besonders dankbar war ich in meiner ersten Legislatur für Wolfgang Minning, der auch zur Wählergruppe gehört und einige Jahre Erfahrung mitbringt. Ohne seine Ratschläge hätte ich mich wahrscheinlich mit Ausschüssen übernommen.

Jetzt habe ich neben der Arbeit im Gemeinderat noch acht Termine für die Ausschüsse im Jahr. Das ist zusätzlich zum Ackerbaubetrieb, den ich mit meinem Vater als GbR führe, und dem kleinen Lohnunternehmen, das mein Bruder und ich betreiben, gut umsetzbar.

Meine Freundin würde wahrscheinlich über mich sagen, dass ich mich gut auf der politischen Bühne schlage, weil ich nicht gerne streite, sondern lieber nach Lösungen suche. Ich glaube, diese innere Einstellung trifft auf viele Landwirte zu. Wir sind Problemlöser, auf die man sich verlassen kann. Ob es die Hilfe für das Ahrtal ist oder eine Veranstaltung im Dorf, die Unterstützung braucht: Die Landwirte sind meistens als erstes zur Stelle und helfen mit.

Deshalb würde ich mir auch wünschen, dass sich mehr Bauern in die Politik wagen. Im Gemeinde- oder Stadtrat sind die Aufgaben auch noch überschaubar. Meinen Bruder konnte ich zum Beispiel schon überzeugen: Er lässt sich in diesem Jahr zum ersten Mal als Kandidat aufstellen.

Landtag in Brandenburg: Johannes Funke ging mit 49 Jahren zur SPD

In der DDR war ich Landwirt und Schäfer. Nachdem die Mauer gefallen war, habe ich erst studiert und dann einige Jahre beim Deutschen Bauernverband in Berlin gearbeitet. Als ich dann vor fünf Jahren zurück ins Havelland ging, wollte ich mich auch in der Politik engagieren.

Meine beiden Kinder waren aus dem Haus und selbstständig. Politisch hatte ich das Bedürfnis, aus der Deckung zu kommen und das Feld nicht nur den anderen zu überlassen. Auf der Liste der brandenburgischen SPD bin ich dann 2019 parteilos in den Landtag gewählt worden. Weil ich dort aber auch im Kern mitreden wollte, habe ich mich schließlich mit 49 Jahren dazu entschieden, Parteimitglied zu werden. Mein Amt im Landtag fordert mich heute an sieben Tagen in der Woche.

Ich will Politik machen, die zu Land und Leuten passt.“
Johannes Funke

Zugegeben, die SPD in Brandenburg ist etwas konservativer als z. B. in Berlin oder Düsseldorf. Ich konnte mich aber gut mit ihrer Arbeitsweise anfreunden. Über die Grünen in Brandenburg denke ich heute: Erstmal Tempo rausnehmen und Sachlichkeit in die Diskussionen bringen. Die kann man nämlich nur gut erreichen, wenn man zur richtigen Zeit die richtigen Leute einbindet.

Mir ist es wichtig, eine Politik zu machen, die zu Land und Leuten passt. Das Wichtigste, das ich deshalb in meiner bisherigen Amtszeit gelernt habe, ist immer wieder nachzufragen, zu diskutieren. Danach muss man dann aber auch den Mut aufbringen, Entscheidungen zu treffen. Was mich besonders erfreut, ist das Vertrauen, das mir nicht nur aus der Gesellschaft, sondern auch von den Parteikollegen entgegengebracht wird. Wenn sie Fragen zur Landwirtschaft haben, sprechen sie mich oft direkt an.

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