Die bevorstehende Bundestagswahl beherrscht die agrarpolitischen Diskussionen zu Beginn der Grünen Woche in Berlin. Das Agrarbündnis, dass jedes Jahr den kritischen Agrarbericht heraus gibt, äußerte sich frustriert und enttäuscht, dass wesentliche agrarpolitische Stellschrauben zur Düngung, zur Tierhaltung und zu den Agrarzahlungen seit Jahren nicht voran gehen und auch von der Ampel nicht gelöst wurden.
Tierschützer drohen mit weiteren Klagen
„Da es keine Tierschutzpolitik von der Ampel gibt, kann ich auch keine Bilanz ziehen“, sagte Thomas Schröder, Präsident des Deutschen Tierschutzbundes. Mit dem Ampel-Aus sind auch die Verhandlungen für das Tierschutzgesetz gescheitert. „Sollte auch die neue Regierung untätig bleiben, bleibt nur der Weg über Gerichte, um klarzustellen, was erlaubt sein darf – und was eben nicht“, drohte Schröder.
Fehlende Planungssicherheit für Milchbauern und Weidetierhalter
Fehlende Planungssicherheit, die sich immer wieder fortsetze monierte Xenia Brand, Geschäftsführerin der Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft (AbL). Sie machte das an den jüngsten Überlegungen fest, die von der Ampel geplanten Öko-Regelungen für die Weidetierhaltung und den Artenschutz zu streichen, bevor sie 2026 erstmalig angeboten werden. „Die Milchbauern sind bisher in der GAP hinten runter gefallen. Die Weideprämie ist längst überfällig. Was wir nicht brauchen können, ist, dass mühsame Kompromisse jetzt wieder abgeschafft werden“, sagte sie. Das sei das Gegenteil von Planungssicherheit.
Neue Impulse in der Marktpolitik durch EU-Agrarkommissar Hansen
Bewegung erhofft sich das Agrarbündnis noch in der Marktpolitik und setzt dort auf die Impulse des neuen EU-Agrarkommissars Christophe Hansen. Er hatte Mitte Dezember vorgeschlagen, die Gemeinsame Marktordnung (GMO) in der EU zu reformieren. Die EU-Mitgliedstaaten könnten dazu verpflichtet werden, den umstrittenen Artikel 148 umzusetzen, der Unternehmen und Genossenschaften vorschreibt, mit ihren Lieferanten verbindliche Verträge mit Preisen und Mengen zu vereinbaren.
„Ein faires Einkommen für die Lebensmittelproduktion muss stärker durch die Gestaltung der Agrarmärkte erfolgen, beispielsweise über verbindliche Lieferverträge mit konkreten Angaben über Preis, Menge, Qualität und Laufzeit des Vertrages“, sagte Frieder Thomas, Geschäftsführer des Bündnisses.
Setzt sich die Wirtschaft oder die Politik durch?
Gerald Wehde, Geschäftsleiter der Abteilung Agrarpolitik bei Bioland, hatte die Bundestagswahl im Februar 2025 im Blick: "Egal wie die künftige Bundesregierung zusammengesetzt sein wird: An den Herausforderungen, die sie zu bewältigen hat, ändert sich wenig“, sagte er. Er glaube nicht, dass es ein Zurück in alte Zeiten mit wenigen Umweltauflagen geben wird. „Die Träume in alte Zeiten von weniger Umweltauflagen werden zu Lasten der Wirtschaft selbst gehen“, sagte er. Erfolgreich werde nur sein, wer echt Antworten auf die Herausforderungen beim Klima-, Tier- und Wasserschutz habe. „Ich setze mehr auf die Wirtschaft als auf die Politik“, sagte er.
Klimakrise und Artensterben gehen nicht von alleine weg
Die Umweltverbände wollen sich nicht aus der Agrarpolitik zurück ziehen. „Klimakrise und Artensterben lassen sich nicht von Wahlentscheidungen beeinflussen“, sagte Olaf Bandt, Vorsitzender des Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND). Mit den Papieren der Zukunftskommission Landwirtschaft (ZKL) sei ganz viel da, woran die nächste Bundesregierung anknüpfen müsse. „Nehmt die gesellschaftlichen Hinweise ernst“, forderte Bandt.
Das AgrarBündnis bietet mit seinem jährlich erscheinenden Kritischen Agrarbericht eine Informations- und Diskussionsplattform für die gesellschaftliche Auseinandersetzung um eine nachhaltige Transformation von Landwirtschaft und Ernährung – in Deutschland, in Europa, aber auch weltweit. Die Autor:innen der Jahresrückblicke (»Entwicklungen & Trends«) für die zehn Themenschwerpunkte, die regelmäßig im Kritischen Agrarbericht behandelt werden, haben auch für dieses Jahr jeweils fünf zentrale politische Forderungen zusammengestellt. Diese 10 x 5 Kernforderungen richten sich vor allem an die neue Bundesregierung, aber auch an andere politische Entscheidungsträger:innen sowie Akteur:innen der Zivilgesellschaft. Die Kernforderungen sind als eigenständiges Dokument erhältlich unter
https://kritischer-agrarbericht.de/fileadmin/Daten-KAB/Kernforderungen/KAB_2025_Kernforderungen.pdf