Das EU-Parlament hat am Donnerstag dafür gestimmt, den Stichtag der EU-Verordnung über Entwaldungsfreie Lieferketten (EUDR) um ein Jahr zu verschieben. In Brüssel stimmten 371 Abgeordnete für die Verschiebung, 240 dagegen und 30 enthielten sich.
Neuer Stichtag: 30. Dezember 2025
Große Unternehmen und Händler müssten die EUDR-Verpflichtungen ab dem 30. Dezember 2025 erfüllen, während Kleinst- und Kleinunternehmen bis zum 30. Juni 2026 Zeit hätten. Damit die Regelung in Kraft tritt, müssen sich die Parlamentarier nun mit den EU-Mitgliedstaaten einigen.
Die EU-Kommission hatte Anfang Oktober vorgeschlagen, das Startdatum der EUDR um ein Jahr zu verschieben. Damit reagierte die oberste EU-Behörde auf breite Kritik aus Wirtschaft, Industrie, Landwirtschaft und Handel.
EUDR als Bürokratiemonster?
Die EUDR hat bisher viel Kritik auf sich gezogen: Beklagt wird nicht nur ein neues Bürokratiemonster, das beispielsweise Importfuttermittel deutlich verteuere, sondern auch die von Vielen als ungerecht empfundenen neuen Pflichten für deutsche Lieferketten-Teilnehmer, obwohl der Wald in Deutschland seit Jahren wächst. Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir hatte nachdrücklich eine Verschiebung der zudem als unausgereift geltenden Richtlinie um sechs Monate gefordert.
Die EUDR umfasst eine ganze Reihe von Produkten: Soja, Ölpalme, Rinder, Kaffee, Kakao, Kautschuk und Holz sowie daraus hergestellte Erzeugnisse. Sie regelt, dass die Produkte nur dann in den EU-Binnenmarkt ein- oder ausgeführt oder darauf bereitgestellt werden dürfen, wenn diese nicht mit Entwaldung und Waldschädigung in Verbindung stehen.
Risikoklassen sollen überarbeitet werden
Im Rahmen der EUDR wird die EU Produktionsländer in verschiedene Klassen einstufen – nach dem jeweiligen „Entwaldungsrisiko“. Der Grundsatz: Je höher das Entwaldungsrisiko eines Landes, desto mehr Nachweispflichten müssen Erzeuger und Händler erfüllen.
Auf Antrag der christlich-konservativen Europäische Volkspartei (EVP) hat sich das Parlament für die Einführung einer neuen Kategorie des Entwaldungsrisikos ausgesprochen. Geht es nach den Plänen der Parlamentarier, wird eine Kategorie für Länder eingeführt, in denen kein Risiko für Entwaldung besteht.
Als Länder oder Landesteile, in denen ‚kein Risiko‘ besteht, würden Länder oder Landesteile gelten, die die folgenden Bewertungskriterien erfüllen:
Die Entwicklung von Waldgebieten ist stabil geblieben oder im Vergleich zu 1990 gestiegen,
die Länder oder Landesteile haben das Übereinkommen von Paris und internationale Übereinkommen über die Menschenrechte und die Verhinderung der Entwaldung unterzeichnet und
die Vorschriften zur Verhinderung der Entwaldung und zur Erhaltung der Wälder, die auf nationaler Ebene bestehen, werden streng und transparent um- und durchgesetzt sowie überwacht.
Konservative wollten mehr
Die EVP hatte ursprünglich gefordert, den Start der EUDR für alle Unternehmen um zwei Jahre zu verschieben. Dafür zeichnete sich jedoch keine Mehrheit ab und die EVP-Fraktion zog den Vorschlag kurz vor der Abstimmung am Donnerstagnachmittag zurück.
Kritik von den Grünen
Thomas Waitz ist der agrarpolitische Sprecher der EU-Grünen. Er warnte bereits am Montag davor, die „Entwaldungsverordnung aufweichen“.
„Wir haben keine Zeit den Lobbyist*innen der Holzindustrie blind zu folgen, während die Klimakrise mit Unwettern und Dürren unsere Ernährungssicherheit bedroht und unsere Dörfer wegschwemmt. Die nun geforderten Abschwächungen sind eine de facto Aushöhlung zu Gunsten der österreichischen und europäischen Holzindustrie, die sich aus der Verantwortung stehlen will“, stellte Waitz klar.
Von der Leyen soll EUDR zurückziehen
Die Grünen im EU-Parlament halten die EUDR nach der Abstimmung im EU-Parlament für zu stark verwässert. Sie forderten die Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen auf, die gesamte Verordnung zurückzuziehen.
EVP beschwichtigt
„Wir wollen dieses Gesetz verbessern und praktikabel machen, nicht abschaffen," wies Christine Schneider (CDU) Waitz‘ Kritik zurück. Schneider betreut die Entwaldungsverordnung für die EVP-Fraktion im EU-Parlament.
"Wir wollen die illegale weltweite Abholzung stoppen, ohne jedoch die europäischen Unternehmen, die Forst- und Landwirtschaft mit Nachweispflichten zu überfordern“, sagte Schneider. Die EU-Kommission hätte ihr mit Nachdruck versichert, dass sie auch daran arbeite „überflüssige Anforderungen zu streichen, Doppelregelungen mit anderen Gesetzen zu beseitigen und Berichtspflichten auf das Nötigste zu reduzieren, ohne die Ziele des Gesetzes zu gefährden“, so Schneider nach der Abstaimmung am Donnerstag.