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Beben in Agrarsektor

Britische Farmer drohen mit Streik wegen Erbschaftssteuer auf Landbesitz

Dass die britische Regierung ihre Pläne für die Einführung einer Erbschaftsteuer auf Land durchzieht, hat viele Grundbesitzer schockiert. Die Bauern drohen nun mit heftigen Streiks.

Lesezeit: 4 Minuten

„Ich hätte nicht gedacht, dass sie das tun würden. Das ist groß. Es ist gewaltig.“ So reagiert ein Ackerbauer aus Leicestershire auf die Pläne der Regierung, eine Erbschaftsteuer auf Landbesitz in Großbritannien einzuführen. Schatzkanzlerin Rachel Reeves hatte letzten Mittwoch angekündigt, dass landwirtschaftliche Betriebe ab April 2026 der Erbschaftssteuer unterliegen werden, berichtet der Guardian.

Erben müssten dann 20 % Steuer auf den Wert von landwirtschaftlichen Grundstücken zahlen. Allerdings betrifft das nur Besitzer mit Werten über 1 Mio. £. Bis 2030 will der Staat so insgesamt 1,8 Mrd. £ einnehmen und in den öffentlichen Haushalt umschichten.

Bislang werden landwirtschaftliche Grundstücke steuerfrei an Erben weitergegeben. Entsprechend wütend reagieren die Farmer auf die Ankündigung. In weiten Teilen des Agrarsektors sorgte sie für Aufruhr. Auch die Oppositionsparteien gehen die Regierung hart an.

Petition und Streikandrohung

Die Bauern rufen nun zum Streik auf, berichtet das Magazin Farmers Weekly. U.a. wollen sie keinen öffentlichen Klärschlamm mehr annehmen. Dies kann letztendlich zu großen Entsorgungsproblemen führen, mit denen sich die Regierung auseinandersetzen muss, hofft ein Grundeigentümer. Andere drohen damit, die Lebensmittelversorgung zu unterbrechen.

Über 130.000 Personen haben darüber hinaus eine Petition unterzeichnet, in der sie die Regierung auffordern, ihre Entscheidung rückgängig zu machen. Mit jedem Tag, der seit dem Haushaltsentwurf vergeht, nimmt die Dynamik zu, merkt die Zeitschrift an.

Die National Farmers’ Union (NFU) plant jetzt für den 19. November eine friedliche Demo in Westminster, an der Landwirte aus England, Wales und Schottland teilnehmen werden. Mit tausenden Traktoren soll zudem der Londoner Verkehr lahmgelegt werden.

Über allem schwebt aber die Angst, dass die Regierung das „Police, Crime, Sentencing and Courts Act (PCSCA)“ gegen die Demonstranten anwenden könnte, was eine Gewaltspirale auslösen würde. 

Bauern fühlen sich verraten

Die National Farmers’ Union beklagt, Labour habe das Versprechen gebrochen, die Steuererleichterung für landwirtschaftliche Grundstücke (APR) nicht anzutasten. Victoria Vyvyan, Präsidentin der Country Land and Business Association, bezeichnete dies laut Guardian als „Verrat“.

„Wenn diese Regierung auf Wachstum und Investitionen setzt, dann hat sie die ländliche Wirtschaft im Stich gelassen“, sagt sie und warnt, dass dies die Investitionen in die Landwirtschaft und auf den Höfen massiv abwürgt.

Das sehen auch die Farmer so. Die Steuer werde zusätzliche Kosten für die Landwirte bedeuten. Wenn die Betriebe dieses Geld aufbringen müssen, „müssen die Lebensmittelpreise ganz sicher steigen“, sagt einer. Die Landwirte in Großbritannien erleben ohnehin gerade schwere Zeiten, die neue Belastung sei für viele Unternehmen nicht tragbar. Landwirte befürchten, dass viele Felder verkaufen müssen, um die Erbschaftssteuer zu bezahlen. Es dauere dann nicht lange, bis nur noch wenige Höfe da sind.

George Dunn, der Geschäftsführer der Tenant Farmers’ Association, warnt, dass einige seiner Mitglieder auch indirekt betroffen sein könnten, wenn große Ländereien verkauft würden, um die Erbschaftssteuer zu bezahlen. „Wir befürchten, dass die Landgüter eine Art Reflexreaktion erleben werden“, sagte er. „Pächter könnten von ihren Höfen verdrängt werden.“

Es soll nur die Großen treffen

Steuerexperten und Befürworter argumentieren hingegen, dass die überwiegende Mehrheit der Familienfarmen auch in Zukunft keine Steuer zahlen werde. Das neue Gesetz soll nur auf einige der reichsten Personen in Großbritannien abzielen.

So sei zu bezweifeln, ob der typische „Familienhof“ wirklich betroffen sein wird. Eine Analyse des Centre for the Analysis of Taxation (CenTax) vor Haushaltsbeginn ergab, dass zwischen 2018 und 2020 nur 200 von 1.300 Landgütern jährlich mehr als 1 Mio. Pfund an Steuererleichterungen in Anspruch nahmen. Diese 200 Landgüter – die per Definition zu den reichsten in Großbritannien gehören – erhielten 64 % der gesamten landwirtschaftlichen Steuererleichterungen, heißt es.

Kommt es nun zu Betriebsteilungen?

Vermutlich beginnt nun das große Umstrukturieren. Ein Ehepaar, das einen Hof gemeinsam besitzt, kann ihn etwa in zwei Teile aufteilen und so von den nach wie vor vorhandenen Steuererleichterungen profitieren. So könne es sein, dass ein Betrieb im Wert von 3 Mio. £ möglicherweise keine Erbschaftssteuer zahlen muss, rechnet Arun Advani, außerordentlicher Professor für Wirtschaftswissenschaften an der University of Warwick in der Zeitung vor.

Sogar Höfe im Wert von 5 Mio. £ zahlen in der Praxis möglicherweise nur weniger als 1 % Erbschaftssteuer pro Jahr, weil sie die Kosten auf 10 Jahre verteilen dürfen, sagt der Experte.

Advani betont, es seien „nicht die klassischen arbeitenden Landwirte“, die die Hauptlast der Änderungen tragen würden. Vielmehr könne die Änderung zu einer Abkühlung des ländlichen Immobilienmarktes beitragen, weil weniger Menschen aufgrund von Erbschaftssteuervermeidung ein Feld kaufen würden.

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