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Minister Hauk: „Ich bin Fan der Basisprämie“

Der AMK-Vorsitzende Peter Hauk verteidigt die Basisprämie. Kappung und Degression seien weiterhin nicht notwendig, wenn die Förderung der ersten Hektare ausgebaut wird.

Lesezeit: 10 Minuten

Der baden-württembergische Landwirtschaftsminister Peter Hauk über die Zukunft der Gemeinsamen Agrarpolitik, den Handlungsdruck in der Düngepolitik und die mangelnde Harmonie mit seinem Landsmann Cem Özdemir.

"Durchregieren" geht nicht

AgE: Herr Minister Hauk, eine Agrarministerkonferenz beinahe zeitgleich mit Koalitionsverhandlungen im Bund. Kann es besser für einen AMK-Vorsitzenden laufen? 

Hauk: Selbstverständlich freut es mich, wenn Länderpositionen Eingang in die Regierungspolitik des Bundes finden. Ob das der Fall sein wird, werden wir sehen. Ich würde es mir wünschen.

In der Agrarministerkonferenz dominiert Schwarz, CDU und CSU stellen neun Ressortchefs, hinzu kommen drei Minister von der SPD. Wird jetzt durchregiert? 

Hauk: Das ist in der Agrarpolitik nie passiert. Die Länder bringen erfahrungsgemäß eigene Interessen ein, spätestens im Bundesrat. Auch untereinander ist die Interessenlage der Länder bekanntermaßen sehr heterogen. Mit Durchregieren wird das also auch wohl weiterhin nichts. 

Ziel sind einstimmige Beschlüsse

Die AMK fasst satzungsgemäß nur einstimmige Beschlüsse. Ist das noch zeitgemäß? 

Hauk: Ja. Dieses Grundprinzip ist ein Wert an sich. Politiker demokratischer Parteien müssen über inhaltliche Unterschiede hinweg in der Lage sein, gemeinschaftlich Beschlüsse zu fassen. In der Landwirtschaftspolitik ist das in der Vergangenheit fast immer gelungen. Das werden wir auch dieses Jahr unter meinem Vorsitz schaffen.

Sie haben zu Jahresbeginn das Ziel genannt, unter Ihrem Vorsitz eine einheitliche Position der Länder zur EU-Agrarpolitik nach 2027 hinzubekommen. Wie weit sind Sie? 

Hauk: Der Anfang ist gemacht. Die Unionsländer und die Ost-Länder haben jeweils ein Papier vorgelegt. Darüber werden wir auf der Frühjahrskonferenz in Baden-Baden sprechen. Ich denke, bis zu unserem Treffen im Herbst sollten wir eine Grundlinie haben, die alle Länderministerinnen und -minister mittragen können. Das ist jedenfalls mein Ziel, weil Deutschland in den Verhandlungen mit einer Stimme sprechen sollte. Je stärker die ist, umso besser.

AMK entscheidet im Länderinteresse - nicht parteipolitisch

Sie sind ein alter Hase im Politikgeschäft und wissen, auch bei den Ländern geht es am Ende vor allem ums Geld. Warum wird das diesmal noch anders sein? 

Hauk: Weil jeder und jede die Interessen seine und ihres Landes vertritt, in dem er oder sie gewählt ist und dessen Belange sie oder er zu vertreten hat. Das ist auch vollkommen legitim. Dennoch ist es uns noch jedes Mal gelungen, uns auf einen Kompromiss zur Zukunft der Gemeinsamen Agrarpolitik zu verständigen. Dabei wurde nicht parteipolitisch entschieden, sondern aus Länderinteressen heraus.

Das heißt, Kappung und Degression der Direktzahlungen bleiben weiter ausgeklammert, auch wenn dies den Interessen insbesondere den Südländer Baden-Württemberg und Bayern zuwiderläuft? 

Hauk: Einer klein- und mittelbäuerlich strukturierten Landwirtschaft würde eine Deckelung der Direktzahlungen entgegenkommen. Das sage ich ganz klar! Wir wissen aber auch, wie schwierig diese Frage für unsere Kollegen in Ostdeutschland ist. Ich sehe auch die Notwendigkeit, dass wir in ganz Deutschland am Ende verlässliche Agrarstrukturen brauchen.

Mit der Förderung der ersten Hektare haben wir in der Vergangenheit einen Modus Vivendi gefunden, mit dem alle leben können. Ich halte ihn auch zukünftig für tragfähig, wenn er ausgebaut würde.

Verlässlichkeit trotz leerer Kassen wichtig

Die Sicherheitslage in der Welt und für Europa ändert sich gerade fundamental, mit massiven Auswirkungen auf die finanzpolitischen Spielräume in der Europäischen Union. Wie beurteilen Sie die Aussichten, den EU-Agrarhaushalt stabil zu halten? 

Hauk: Die finanziellen Ressourcen werden knapper werden in Europa, das ist vollkommen klar. Dass die Ausgaben für Verteidigung steigen müssen und dieser Bereich in naher Zukunft teilweise vergemeinschaftet werden muss, steht für mich außer Frage. Dennoch brauchen wir in der Landwirtschaftspolitik ein Stück weit Verlässlichkeit. Dafür müssen und werden wird streiten, wohlwissend, dass wir das Agrarbudget möglicherweise nicht in voller Höhe werden aufrechterhalten können. Wenn das so kommen sollte, muss die Europäische Union die Betriebe bei Auflagen und Vorschriften entlasten. Mehr Freiheitsgrade für die Landwirte gegen weniger Geld könnte ein Weg sein. 

Der Bauernverband ist offen für ein Auslaufen der Direktzahlungen, wenn im Gegenzug die Konditionalität abgebaut wird. Gehen Sie mit? 

Hauk: Ich bin ein Fan der Basisprämie, weil sie gewährleistet, dass Flächen bewirtschaftet, Nahrungsmittel erzeugt und die Ernährung der Bevölkerung gesichert ist. Damit leistet die Basisprämie per se einen Beitrag zum Klimaschutz und zur Wettbewerbsfähigkeit. 

Basisprämie muss Bauern wettbewerbsfähig halten

Sie haben auf die erheblichen zusätzlichen Ausgaben hingewiesen, die auf die EU zukommen. Eine Folge wird sein, dass die Agrarpolitik noch stärker unter Rechtfertigungsdruck kommen wird. Müsste es deswegen nicht umso dringlicher sein, die Zahlungen an konkrete Leistungen zu binden, also dem Prinzip „öffentliches Geld für öffentliche Leistungen“ konsequent Rechnung zu tragen? 

Hauk: Aus meiner Sicht sind die Bewirtschaftung von Flächen und die Erzeugung von Nahrungsmitteln und biogenen Rohstoffen sowie die Erhaltung der Kulturlandschaft öffentliche Leistungen, die bezahlt werden müssen. Zudem brauchen wir die Basisprämie, damit unsere Landwirte im Wettbewerb mit anderen Weltregionen mithalten können. Ich glaube daher, die Direktzahlungen sind auch weiterhin unabdingbar.

Umweltleistungen über 2. Säule fördern

Die ostdeutschen Agrarminister haben vorgeschlagen, die Förderung von Umweltleistungen komplett in die Zweite Säule zu verlagern. Was halten Sie davon?

Hauk: Ich halte das für einen guten Vorschlag, den ich unterstütze. Die bisherige Erfahrung mit den Öko-Regelungen zeigt eines: Einheitliche Vorgaben über das gesamte Bundesgebiet hinweg werden den unterschiedlichen Anforderungen in den Regionen und den abweichenden agrarstrukturellen Voraussetzungen nicht gerecht. Wir brauchen eine stärkere Regionalisierung der Öko-Regelungen. Deswegen gehören die in die Obhut der Länder und damit in die Zweite Säule.

Ohne Kofinanzierung der Länder, nehme ich an. 

Hauk: Ja, in Ergänzung der regional kofinanzierten Leistungen.

EU-Kommission erwartet bei Düngeregeln Antworten von Deutschland

Noch mehr als bei der GAP drängt die Zeit beim Düngegesetz. Man war Ende letzten Jahres fast am Ziel, ein Kompromiss zum Greifen nah. Bereuen Sie es, den Knoten nicht durchgeschlagen zu haben? 

Hauk: Aus meiner Sicht hat sich eine für uns akzeptable Lösung nicht abgezeichnet. Der Bundesminister hat am Ende zwar angekündigt, dass er die Stoffstrombilanzverordnung außer Kraft setzen würde. Aber wir hätten das erkaufen müssen mit einer Ermächtigung im Gesetz, dass an ihre Stelle eine Nährstoffbilanzverordnung tritt. Das wäre dasselbe in grün gewesen und kam für uns nicht infrage. 

Ohne Nährstoffbilanz und Monitoringverordnung steht Deutschland blank da gegenüber der EU-Kommission. Befürchten Sie kein Ungemach aus Brüssel? 

Hauk: Wir waren und sind uns als Länder einig darüber, dass wir eine Monitoringverordnung brauchen, also eine Verordnung über das Beobachten der Grundwasserkörper. Das ist das, was die Europäische Kommission von uns erwartet. Das müssen und das werden wir machen. Ich bin überzeugt, dass wir uns darauf schnell verständigen werden. 

Eine Stoffstrombilanz bringt uns gar nichts und den Betrieben nur unnützen Aufwand."

Was heißt das? 

Hauk: Ich gehe davon aus, dass wir bei der Agrarministerkonferenz einen ersten Vorschlag dazu haben werden. Wir müssen dann zügig weiterarbeiten. Bis zur Sommerpause sollten wir Nägel mit Köpfen machen. Ich werde alles daransetzen. Wir dürfen die Geduld der Kommission nicht überstrapazieren. 

Bund und Länder haben wiederholt das Ziel ausgegeben, das Düngerecht verursachergerecht auszugestalten. Ist dafür nicht Grundlage eine Hoftorbilanz, um Unterschiede zwischen gut und weniger gut wirtschaftenden Betrieben sichtbar zu machen?

Hauk: Eine Stoffstrombilanz bringt uns gar nichts und den Betrieben nur unnützen Aufwand. Die muss weg, ersatzlos. Viel wichtiger ist aus meiner Sicht die Abgrenzung der Roten Gebiete. Hier müssen wir schon noch mal genauer hinschauen, was die Messpunkte und die Einstufung angeht. Für Betriebe, die innerhalb der Roten Gebiete nachweislich gewässerschonend wirtschaften, muss es Ausnahmen geben. Die kann man ja an bestimmte Maßnahmen knüpfen. Derzeit fehlt mir der betriebliche Bezug vieler Maßnahmen, die wir uns staatlicherseits ausdenken. Das muss von den Betrieben umgesetzt werden, und die müssen das am Ende auch wirtschaftlich stemmen können. Da bleibt noch einiges zu tun. 

Weitere Dauerbaustelle Umbau der Tierhaltung

Neben der Stoffstrombilanz wird immer wieder das Tierhaltungskennzeichnungsgesetz genannt, wenn es um den Abbau von Bürokratie geht. Soll das Gesetz aufgehoben werden, wie es im Wahlprogramm von CDU und CSU stand? 

Hauk: Wir brauchen einen neuen Anlauf. Das beschossene Gesetz ist nicht umsetzbar und gehört grundlegend überarbeitet. Maßgebliche Forderungen der Praxis sind ignoriert worden. Nur ein Bruchteil der Bundesratsforderungen haben Eingang ins Gesetz gefunden. Das Ganze muss wieder vom Kopf auf die Füße gestellt werden. 

Halten Sie an einem verpflichtenden staatlichen Haltungskennzeichen fest? 

Hauk: Ich kann mir vorstellen, dass man ein verpflichtendes staatliches Kennzeichen macht. Aber ein solches Zeichen muss in den Rahmen passen, den die Initiative Tierwohl gesetzt hat. Die Kriterien müssen aufeinander abgestimmt sein, zwei Systeme nebeneinander mit unterschiedlichen Anforderungen machen keinen Sinn.

200 Vorschläge zum Bürokratieabbau

Die Landwirtschaft stöhnt über die überbordende Bürokratie. Die Erwartungen sind hoch, dass da was passiert, auch jenseits von Düngung und Haltungskennzeichnung. Werden Bund und Länder dem gerecht? 

Hauk: Sie müssen. Die Länder haben annähernd 200 Vorschläge vorgelegt. Der Bundesminister hat gesagt, davon fallen nur 60 bis 80 in seine Zuständigkeit. Damit kommt man aber nicht weiter.

Der Landwirtschaftsminister hat die Aufgabe, alles zu bewerten, was auf dem Kabinettstisch landet und Auswirkungen auf die landwirtschaftlichen Betriebe hat. Das gilt für das Emissionsrecht genauso wie für das Wasserrecht, um nur zwei Beispiele zu nennen. Ausreden darf es keine mehr geben. Wir müssen Paragrafen und Dokumentationspflichten durchforsten und entschlacken. Das erwarten die Menschen von uns, und dem müssen wir gerecht werden. 

Bund muss bei Förderung Länder mehr einbinden

Die Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes“ (GAK) ist national das zentrale Förderinstrument für Landwirtschaft und ländliche Räume. Gleichzeitig nimmt seit einigen Jahr die Zahl der Bundesprogramme zu, die der Bund allein, ohne die Länder, auflegt. Wie bewerten Sie das? 

Hauk: Ausgesprochen kritisch. Die Länder gewähren dem Bund in der GAK Mitspracherechte und erwarten dafür eine stabile Finanzierung. Das war in der vergangenen Periode nicht gewährleistet und darf sich nicht wiederholen. Umso inakzeptabler ist es, wenn der Bund zur Abwicklung seiner Programme eigene Förderstrukturen parallel zur eingespielten Bund-Länder-Förderung aufbaut.

Damit muss Schluss sein. Das ist keine parteipolitische, sondern eine grundsätzliche Frage. Es darf nicht sein, dass der Bund die Mittel für die Gemeinschaftsaufgabe willkürlich kürzt und dafür Bundesprogramme an deren Stelle auflegt.

Agrarreform schwebt über der gesamten AMK

In Baden-Baden stehen 40 Tagesordnungspunkte auf der Liste, darunter wie immer auch viel Kleinkram. Welche Botschaft soll von der Frühjahrs-AMK ausgehen? 

Hauk: Ich habe die wichtigen Punkte genannt. Im Mittelpunkt steht die Zukunft der Gemeinsamen Agrarpolitik. Wenn wir bis zum Herbst zusammenkommen wollen, müssen wir jetzt die Weichen stellen. Entscheidend wird sein, dass von der Agrarministerkonferenz ein Signal der Vernunft ausgeht, auch für die Landwirtschaft in Deutschland. Der Wille muss deutlich werden, dass die Agrarminister der demokratischen Parteien an einem Strang ziehen, um der heimischen Landwirtschaft Perspektiven zu geben. Nach dieser Bundestagswahl ist das umso wichtiger. 

Sie werden in Baden-Baden aller Voraussicht nach das letzte Mal mit Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir in dessen jetziger Funktion zusammentreffen. Sie sind Landsleute, gehören zwei Parteien an, die seit zehn Jahren zusammen in Baden-Württemberg regieren. Warum hat es zwischen Ihnen beiden in den vergangenen drei Jahren so wenig harmoniert? 

Hauk: In der Politik geht es nicht um Harmonie, es geht darum, gemeinsame Lösungen und politische Kompromisse zu finden. In Stuttgart gelingt das meines Erachtens ganz gut, in Berlin nicht immer. Wie es in den Wald hineinruft, so schallt es zurück. Das gilt wahrscheinlich umgekehrt genauso. Ich hatte in den letzten Jahren nicht den Eindruck, dass der Bundeslandwirtschaftsminister besonders viel Wert auf die Expertise des baden württembergischen Landwirtschaftsministers gelegt hat. Der Bundesminister ist nicht dadurch aufgefallen, dass er sich gern in die Tiefen der Agrarpolitik eingearbeitet hat. Ich glaube, das war sein größtes Handicap im Amt. Das hat auch unsere Zusammenarbeit nicht gerade befördert. 

Vielen Dank für das Gespräch. 

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