EU-Agrarkommissar Christophe Hansen hat am Mittwoch die Vision der EU-Kommission für Landwirtschaft und Ernährung vorgestellt. In der Mitteilung, die Hansen gemeinsam mit dem Vizepräsidenten der EU-Kommission Raffaele Fitto präsentierte, hat die EU-Kommission ihre agrarpolitischen Leitlinien für die kommenden fünf Jahre festgelegt.
„Der Agrarsektor ist strategisch wichtig und ein kritischer Grundpfeiler der EU“, bekannten sich Hansen und Fitto zur Nahrungsmittelproduktion in Europa.
Vier Prioritäten für die Landwirtschaft
Die EU-Kommission hat der Vision vier Ziele zugrunde gelegt:
Planungssicherheit und Bürokratie: Die Agrarsektor muss „attraktiv und planbar“ für die Landwirte sein und ihnen ein Auskommen ermöglichen, das „zukünftige Generationen anzieht und in dem die unternehmerischen Möglichkeiten genutzt werden“.
Internationaler Wettbewerb: Der Agrarsektor muss „wettbewerbsfähig und widerstandsfähig“ sein. Angesichts geopolitischer Krisen und des steigenden globalen Wettbewerbs will die EU-Kommission „neue Exportmöglichkeiten schaffen und kritische Abhängigkeiten reduzieren“.
Klima und Umwelt: Der Agrarsektor soll „zukunftssicher“ werden. Das geht laut der EU-Kommission nur dann, wenn er „innerhalb der planetaren Grenzen funktioniert und gemeinsam zu den Klimazielen der EU beiträgt, gesunde Böden, sauberes Wasser und saubere Luft erhält sowie die biologische Vielfalt Europas schützt und wiederherstellt“.
Ländliche Räume: Die EU-Kommission will die Wertschätzung von Lebensmitteln fördern, faire Arbeits- und Lebensbedingungen sowie lebendige und gut vernetzte ländliche Räume sicherstellen.
Neue Ideen für die Gemeinsame Agrarpolitik
Um die vier Oberziele zu erreichen, schlägt die EU-Kommission eine ganze Reihe von Maßnahmen vor. Zentral wird dabei die Gemeinsame Agrarpolitik (GAP) bleiben.
Hansen gesteht in seiner Vision ein, dass das Image der GAP zuletzt gelitten hat. Die Bauern in Europa hätten die Verteilung der Gelder als „nicht fair“ empfunden. Das will Hansen ändern.
Künftig sollten die GAP-Gelder „zu den Landwirten gehen“, die „sie am meisten benötigen“. Das Konzept der „Bedürftigkeit“ als Grundlage für die EU-Agrarförderung hatten schon die Interessengruppen im strategischen Agrardialog der EU gefordert. Im Nachgang war der Vorschlag jedoch umstritten.
Im Papier betont die EU-Kommission die hohe Bedeutung der GAP-Direktzahlungen für die landwirtschaftlichen Einkommen. Im Schnitt würden die EU-Gelder 23 % ausmachen. Bereits im Interview mit top agrar kurz nach Amtsantritt, versicherte Hansen den Landwirten auch nach 2027 noch Direktzahlungen.
Gleichzeitig möchte er die Agrarförderung laut seiner Vision einfacher und zielgerichteter machen. Demnach soll die GAP-Unterstützung nach 2027 stärker auf Landwirte ausgerichtet werden, die „aktiv zur Ernährungssicherheit, zur wirtschaftlichen Lebensfähigkeit der Betriebe und zum Erhalt unserer Umwelt beitragen“.
Was will die Kommission für die Landwirtschaft tun?
Die vorgeschlagenen Maßnahmen in der EU-Vision für Landwirtschaft und Ernährung gehen jedoch über die GAP hinaus. Unter anderem schlägt die EU-Kommission vor:
Bürokratie: „Landwirte sollen Unternehmer und Versorger sein und nicht unnötige Bürokratie schultern müssen“, heißt es in der Kommissionsmitteilung. Die Kommission wolle „nie da gewesenen Bürokratieabbau“ auch für die Landwirte vorantreiben. Ein konkretes Konzept liegt in der Vision jedoch noch nicht vor.
Produktionsstandards: Hansen fordert einen Importstopp von Agrargütern, die im Produktionsland unter Umständen mit Pflanzenschutzmitteln behandelt wurden, die in der EU verboten sind.
Bodenmarkt: Die EU-Kommission will eine Beobachtungsstelle für landwirtschaftliche Flächen schaffen, um „Transparenz und Kooperation“ auf dem europäischen Bodenmarkt zu schaffen.
Wie geht es nach der agrarpolitischen Vision weiter?
Die Vision für Landwirtschaft und Ernährung ist eine sogenannte „Mitteilung der EU-Kommission“ und hat keinen bindenden Charakter. Sie dient vielmehr als agrarpolitische Aufgabenliste, die die EU-Kommission in den kommenden fünf Jahren abarbeiten will. Dazu kann sie zum Beispiel neue Gesetze vorschlagen, bestehende Rechtstexte ändern oder überholte zurückziehen.
Ohne Geld keine GAP: EU-Haushalt muss stehen
Ob sie ihre Ziele erreichen und agrarpolitischen Projekte umsetzen kann, dürfte zuallererst vom mehrjährigen EU-Haushalt und den darin enthaltenen Gelder für die Landwirtschaft abhängen. Genau darum wird Hansen in den kommenden Monaten kämpfen müssen.